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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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geistigen Kanäle.
    Nichts würde hindurchfließen, bis sie vollständig geheilt waren, und nichts konnte diesen Prozess beschleunigen.
    Es gab eine Geschichte über einen Bewahrer, der unter einem so mächtigen Bann das Bewusstsein verloren hatte. Seine Verbrennungen waren nie geheilt, der Mann war fortan ein Gemeiner gewesen. Bailic erstarrte in seinem Sessel und fragte sich, ob auch er dieses Schicksal erleiden würde. Er atmete bewusst ein und wappnete sich für einen Versuch, seine Pfade zu gebrauchen, um festzustellen, ob er sie zu einem unbrauchbaren Gewirr aus nichts verbrannt hatte.
    Vorsichtig ließ er einen feinen Gedankenfaden entstehen und verband seine Quelle mit seinen verbrannten Pfaden. Glühende Pein rollte durch seinen Kopf, als sich die hereinströmende Energie ansammelte, weil sie nicht durch ihre gewohnten Kanäle fließen konnte. Er schnappte nach Luft, schloss die Augen und streckte die Hand nach der Armlehne aus. »Bein und Asche«, keuchte er und wartete ergeben ab, bis der Schmerz nachließ. Er hatte gewusst, dass es wehtun würde, aber diese Qual war kaum zu ertragen.
    Seine Glieder begannen zu zittern, als er die kleine Öffnung seiner Quelle verschloss und der Zustrom von Energie verebbte. Er atmete langsam ein und aus, um sich zu beruhigen, und beobachtete aufmerksam, wie die Pfütze, zu der sich seine Energie gesammelt hatte, allmählich in seine Pfade eindrang und versickerte. Bailic sank erleichtert zusammen. Sie waren noch zu gebrauchen oder würden es in absehbarer Zeit wieder sein. Er hatte seine Pfade nicht unwiderruflich beschädigt.
    »Narr«, brummte er, als seine Furcht in Selbstvorwürfe umschlug. »Große Fähigkeiten nützen dir nicht viel, wenn du sie nicht gebrauchen kannst.« Was sollte er jetzt tun? Er hatte sich die Spuren noch nie so stark verbrannt. Er wusste nicht, ob es Tage oder Wochen dauern würde, bis die Kanäle wieder frei waren und er seine Fähigkeiten wieder einsetzen konnte. Seine katastrophale, vorschnelle Annahme auf Mesons Schwelle hatte ihn wieder auf seine ersten Werkzeuge zurückgeworfen: List und Schläue. Nicht weiter wichtig, befand Bailic düster. Er würde schließlich doch seine Antwort bekommen. Und die liebliche Einfachheit einer gut geplanten Täuschung war oft befriedigender als brutale Gewalt.
    Bailic erhob sich, um die Vorhänge zu schließen. Sein Drang nach tröstlicher Dunkelheit war stärker als sein Bedürfnis, etwas sehen zu können. Sein Körper protestierte gegen die Anstrengung, und ihm war übel, als er zum Fenster schlurfte, um sie zuzuziehen. Langsam ließ er sich wieder in seinen Sessel sinken. Da er nun sicher war, dass seine Erschöpfung von seinen verbrannten Pfaden herrührte, überlegte er, ob er seine Gäste sich selbst überlassen konnte, solange er sich erholte. Widerstrebend kam er zu dem Schluss, dass das nicht ging. Den Gebrauch seiner Pfade zu verlieren war ein schwerer Rückschlag. Er würde seinen Fehler nicht noch schlimmer machen, indem er die beiden ignorierte.
    Doch seine Möglichkeiten, sie zu überwachen, waren nun ernstlich eingeschränkt. Wenn er wissen wollte, wo sich seine Gäste aufhielten, würde er sie mühsam zu Fuß verfolgen müssen. Außerdem hatte er die Fähigkeit eingebüßt, Banne zu wirken. Das war ein schwerer Schlag, denn er verließ sich stets auf die Gewissheit, dass er jede Situation mit einem raschen Gedanken unter seine Kontrolle bringen konnte. Glücklicherweise würden die Banne, die er im Lauf der Jahre geschaffen oder zu seinen Zwecken verändert hatte, weiterhin wirksam bleiben. Das war ein allgemein gültiges Prinzip, und genau dieses war ihm zum Verhängnis geworden.
    »Ich verfluche dich«, wiederholte Bailic leise und ließ die Fingerspitzen von den Schläfen sinken. Sein Blick hob sich zu Mesons Hut, der ihn von seinem hohen Wandbord aus zu verhöhnen schien. Wie hätte er ahnen sollen, dass Meson derart hinterhältig gewesen war? »Aber hinter eines deiner Geheimnisse bin ich nun gekommen«, fügte er hinzu. Wenngleich zu einem hohen Preis, beendete er stumm den Satz.
    Das war nicht gerecht, dachte Bailic verbittert. Die Meister hatten ihn nie gelehrt, dass es möglich war, einen Bann in einen zweiten einzuweben. »Du bist seit vierzehn Jahren tot, Meson«, sagte er. »Lass mich endlich in Ruhe.«

 
    – 22 –
     

    S alissa?«, rief Strell von der anderen Seite der warmen Küche. »Wirfst du mir bitte ein paar von diesen Äpfeln herüber?«
    Ein wenig irritiert

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