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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Finger durch eine Schale Nüsse. Leise klappernd fielen sie in die hölzerne Schüssel zurück, und das sanfte Klackern beruhigte ihn.
    »Also, welcher von beiden ist nun der latente Bewahrer?«, fragte er sich seufzend. Er nahm eine Handvoll Nüsse und stand auf, um zwei weitere Schälchen zu holen: eines in mattem Dunkelgrün und ein schimmernd goldenes. Er stellte sie auf den Tisch neben seinem Sessel und sank gedankenverloren in die Polster.
    »Der Pfeifer kennt die Geschichte von Ese’ Nawoer«, sagte er und legte eine Nuss in die grüne Schüssel. Diese Erzählung war außerhalb der Feste unbekannt, ein Stück wohlgehüteter Geschichte. Nur wenn Strell das Kind eines Bewahrers war, hätte er sie hören können. »Aber das Mädchen kannte sie auch.« Damit warf er eine Nuss in die goldene Schüssel. Das half ihm nicht weiter.
    Bailic fuhr sich mit den Fingern über das kurz geschorene Haar und erwog die spärlichen Informationen, die er dem Mädchen in den vergangenen zwei Wochen hatte entlocken können. Es war nicht viel, aber es war offensichtlich, dass die beiden keine Geschwister waren, und der Pfeifer begegnete dem Mädchen nicht mit der Verachtung, die Schleichhändler üblicherweise ihrer Bürde gegenüber an den Tag legten. Es erschien ihm wahrscheinlich, dass dieses seltsame Duo zusammen aufgewachsen war, vermutlich im Tiefland, da beide die Feinheiten der dortigen Gepflogenheiten kannten: Der Tee war so stark, dass man beinahe daran erstickte, die Becher und Teller wurden stets verkehrt herum eingedeckt, um sie vor dem Sand zu schützen, und er hatte beide im Schneidersitz auf ihren Sesseln sitzen gesehen, wie es alle gut erzogenen Kinder aus der Tiefebene lernten, damit die Schlangen sie nicht in die Knöchel bissen.
    Ihr Speiseplan jedoch war erschreckend fleischlos gewesen, was für eine Erziehung im Hochland sprach. Keiner von beiden schien sich daran zu stören. Vielleicht waren sie auch nur zu faul, um hinauszugehen und etwas zu erjagen. Nichts passte hier zusammen, und das beunruhigte ihn immer mehr.
    Eine zweite Nuss flog in die grüne Schüssel und kreiselte darin herum. »Der Pfeifer hat Mesons Zimmer geöffnet«, knurrte er. Aber stimmte das auch? Bailic runzelte die Stirn. Vielleicht war es das Mädchen gewesen. Immerhin hatte sie das Zimmer bezogen. »Nein«, flüsterte er. Es war viel wahrscheinlicher, dass der Pfeifer den Raum geöffnet und ihr dann das Gemach angeboten hatte, das er für das beste hielt. Solche Zugeständnisse wurden oft gemacht, wenn jemand um ein Mädchen warb, und genau das tat der Pfeifer.
    Bailics Lippen verzerrten sich vor Abscheu. Der Narr war schon bis über beide Ohren verliebt und merkte selbst gar nicht, dass er dieses hohlköpfige kleine Halbblut umwarb. Ein weiterer Beweis dafür, dass sie keine Geschwister waren. Es war eine Schande. Der Mann war offensichtlich reinster Tiefland-Abstammung. Er stand weit über ihr. Und die Nuss blieb liegen, wo sie war.
    Dann war da noch der Hut des Pfeifers. Die breite Krempe und der weite Schnitt waren identisch mit der unverkennbaren Gewandung der Bewahrer. Wie sollte der Pfeifer so etwas besitzen, außer er war von einem Bewahrer großgezogen worden? Solch kleine Details entschieden manchmal darüber, ob eine Schlacht gewonnen oder verloren wurde – und schon landete eine dritte Nuss in der grünen Schüssel.
    Bailic richtete den Blick in die verschwommene Ferne jenseits des Balkons und erwog die nebulöseren Fakten. Das Temperament der beiden spielte bei seinen Überlegungen eine überraschend große Rolle. Bewahrer waren berüchtigt für ihren Starrsinn und ließen sich selten sagen, was sie zu tun hatten, vor allem dann, wenn es zu ihrem eigenen Besten war. Dieser ärgerliche Charakterzug ging mit der hochgradigen Ordnung ihrer Pfade einher, und deshalb war die Selbstbeherrschung die erste und härteste Lektion, welche die Meister lehrten. Es war zu gefährlich, die gewaltige Macht einer Quelle durch einen ungezügelten Geist fließen zu lassen. Ironischerweise verwandelten sich die unbeherrschtesten, jähzornigsten Temperamente unter der Anleitung der Meister stets in die kühlsten Charaktere.
    Das Mädchen war entschieden zurückhaltend. Meist sah er sie nur während ihrer allzu kurzen gemeinsamen Abendmahlzeit. Stets huschte sie nach der Darbietung des Pfeifers sogleich wieder in die Küche. Einmal war er ihr gefolgt, nur um von ihrem verfluchten Vogel vertrieben zu werden. Seine Bemühungen, ihr etwas über

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