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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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niemand da, und schließlich befand er, der Duft müsse von der Blüte kommen, die Alissa in der ummauerten Stadt Ese’ Nawoer gefunden hatte. Das zarte Dingelchen war noch in erstaunlich gutem Zustand. Alissa hatte sich strikt geweigert, die Blüte wegzuwerfen, und nun lag sie neben der zerbrochenen Flöte seines Großvaters auf dem Kaminsims. Strell errötete bei der Erinnerung an die Nacht, als er das Instrument zerbrochen hatte, trat auf Zehenspitzen über die Schwelle und begegnete Kralles eisigem, starrem Blick. »Sei still, alter Vogel«, mahnte Strell. »Ich bin es.«
    Kralle glättete ihr gesträubtes Gefieder und beruhigte sich. Dennoch ließ sie ihn nicht aus den Augen, während er die herabgefallene Decke sanft über Alissas Gestalt breitete.
    »Allein«, nuschelte sie und schlug mit einem Arm um sich, so dass die Decke gleich wieder herunterrutschte.
    »Psst, du bist nicht allein«, sagte er und steckte die Decke wieder um sie fest. Er verzog das Gesicht und hoffte inständig, dass sie nicht aufwachen würde. Er trug keine Strümpfe. Das wäre schwierig zu erklären.
    »Nein … Er ist allein, ganz allein.« Alissa runzelte in tiefem Schlaf die Stirn.
    Er? , dachte Strell. »Wer?«, fragte er und beugte sich tief hinab, um ihre Worte zu verstehen. Sie warf sich unruhig herum, das Haar fiel ihr übers Gesicht, und er kniete sich neben den Sessel, in dem sie stets schlief. Sanft legte er die Arme um sie, so, wie er es nie wieder tun würde, wenn sie wach war. Er atmete tief ein, genoss mit geschlossenen Augen den Duft von Sonne und Wiesen und wünschte, er müsste nicht in sein kaltes Zimmer zurückkehren.
    »Allein«, flüsterte sie, und ihre Stimme nahm plötzlich Talo-Toecans Akzent an. »Allein kann es mir nicht gelingen.«
    Eisiges Grauen durchfuhr Strell, und er wich zurück. In all den Nächten, in denen er Alissa wieder in den Schlaf gelullt hatte, war dies noch nie geschehen. Ihre Hände zuckten rastlos, und er umfing sie mit beiden Händen. Ihre Finger waren kalt. Sie wurde still, doch ihre Stirn blieb gerunzelt, und er wagte es noch nicht, sie wieder zu verlassen.
    »Ich werde sie verlieren. Das übersteigt meine Fähigkeiten«, seufzte Alissa. »Die Feste ist leer; der Zwinger ist zerstört. Ich darf nicht hoffen, die Bestie allein einfangen, geschweige denn sie brechen zu können. Es muss doch noch jemand übrig sein!«
    Bei diesem lauten Ruf riss sie die Augen auf. Blicklos starrten sie ins Leere, beinahe schwarz in der Dunkelheit. Langsam schlossen sie sich wieder. »Psst, du bist nicht allein«, wiederholte Strell nervös. Er wusste nun, dass diese Gedanken die Talo-Toecans waren, der nach seinen verlorenen Gefährten rief, doch der Meister wusste vermutlich nicht, wie Alissa darauf reagierte. Das würde ihren unruhigen Schlaf in den vergangenen Monaten erklären. Talo-Toecan musste heute Nacht ganz in der Nähe sein, wenn sie so stark darauf ansprach.
    Strell runzelte die Stirn, richtete sich auf und starrte auf die friedlich schlafende junge Frau hinab. Er war ziemlich sicher, dass Alissa diese »sie« in »Ich werde sie verlieren« war, und das machte ihm mehr Angst, als Bailics Drohungen es je vermochten.
    Die Bestie, von der Talo-Toecan sprach, könnte Bailic sein, doch es fehlten die üblichen Todesdrohungen, mit denen der Meister jede Erwähnung Bailics begleitete, und Strell war verunsichert. Vielleicht sollte er Talo-Toecan ausfindig machen und ihn fragen, zur Hölle mit Bailics Abkommen. Strell schlug frustriert die Augen nieder. Er wusste, dass er damit nur alles verschlimmern würde, und er spürte Sorge wie einen Knoten im Bauch. Er konnte so wenig tun, um Alissa zu helfen. Er wusste nur zu gut, dass er hier einzig und allein als Ablenkung diente, und selbst als Ablenkung wurde er immer wirkungsloser.
    Er wollte sie noch nicht verlassen und spähte durch ihre Fensterläden in die Nacht hinaus. Im Mondlicht warf der Berg hinter ihm einen Schatten, der sich weit bis über die Wälder streckte, als wollte er das Land zwischen sich selbst und der unsichtbaren Stadt beschützen. Mit einem überraschenden Flügelschlag strich Kralle über seinen Kopf in die bitterkalte Nacht hinaus. Strell stolperte zurück und verbiss sich einen Fluch. Er konnte kaum glauben, dass der Vogel sich in dieser Dunkelheit zurechtfand, und fragte sich, weshalb er es so eilig hatte.
    Strell blickte Kralle mit zusammengekniffenen Augen nach, und es schnürte ihm die Brust zu, als plötzlich ein viel

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