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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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bekommen.«
    »Gestattet!«, rief Alissa, und ihr Zorn flammte wieder auf. »Ihr seid doch alle selbstsüchtige Heuchler!«
    Er schüttelte verärgert den Kopf. »Lass mich dir eine Geschichte erzählen, bevor du dir ein Urteil bildest«, sagte er ruhig und senkte den Blick. »Als die Erste meiner Abstammungslinie von Lehrmeistern noch jung war, jünger als du, lebte sie an der Küste, bis man ihr Potenzial erkannte und sie rettete.«
    Rettete?, dachte Alissa. »Sie wurde als Mensch geboren?«, fragte sie, obgleich sie sein Nicken gar nicht zu sehen brauchte.
    »Ihr Name war Mirim, und sie war der erste Mensch, der die Verwandlung zum Meister bewältigte. Damals lebte die menschliche Bevölkerung ausschließlich an der Küste«, erzählte er. »Die Berge und die Wüste gehörten den Meistern. Sie waren ihr Spielplatz – den sie sich mit den wilden Bestien teilten. Von denen gab es viele, da man erst kürzlich entdeckt hatte, wie die Verwandlung in eine menschliche Gestalt funktionierte. Die Verluste waren hoch, bis sie es endlich richtig hinbekamen.«
    Er hielt inne, und seine Stimme klang sehr ernst, als er weitersprach. »Damals war das genetische Erbe der Menschen an der Küste sehr vielfältig, ganz ähnlich wie heute in Ese’ Nawoer. Doch es waren viele tausend Menschen mehr. Ich habe Mirims aufgezeichnete Erinnerungen studiert, und das Leben muss damals grauenvoll gewesen sein. Niemand machte sich die Mühe, die latenten Bewahrer zu unterweisen. Einige wussten ihre Pfade zu gebrauchen. Sie brachten einander gestohlene Resonanzen bei. Meist schlachtete ein machtgieriger Bewahrer danach denjenigen ab, der ihm den Bann gezeigt hatte, um zu verhindern, dass er ihn auch anderen verriet.« Seine Augen wirkten bekümmert. »Ohne die Unterweisung in Selbstbeherrschung und Rücksicht stürzten sie ihre Gesellschaft ins Chaos.«
    »Kriege?«, fragte sie zögerlich.
    Er schüttelte den Kopf. »Kriege sind zumindest organisiert. Es war eher ein unablässiger Kampf an unzähligen Fronten, der mit den Jahreszeiten an- und abschwoll. Das gemeine Volk litt am meisten darunter.« Redal-Stan beobachtete, wie die Motten sich gegen seine Lichtkugel warfen. »Die Meister machten es sich zur Aufgabe, in die sicheren Gebiete vorzudringen – kleinere Orte, ein Fischerdorf am Markttag – und so viele wilde Bewahrer aufzuspüren, wie sie konnten. Sie verbrannten ihnen die Pfade zu Asche, um den Teufelskreis zu durchbrechen. So haben sie auch Mirim gefunden.« Er blickte auf. »Die Bewohner ihres Dorfes hatten sie geschlagen und am Strand liegen gelassen, wo die Krabben sie bei Flut gefunden hätten. Sie haben eine Achtjährige fast totgeprügelt, als jemand sie dabei erwischte, wie sie mit Feldern herumspielte. Sie wollten sie lieber tot sehen, als sie aufwachsen zu lassen, damit sie sich eines Tages den Tyrannen anschloss, die ihnen die Vorräte stahlen, die Häuser niederbrannten und über ihre Frauen und Töchter herfielen.«
    Alissa schluckte und stellte sich vor, wie es wäre, dafür geschlagen zu werden, dass man mit Feldern spielte.
    »Als die Meister feststellten, dass ihre Pfade vollständig waren, verbrannten sie ihr nicht das Netzwerk. Stattdessen nahmen sie sie bei sich auf, pflegten ihren geschundenen Körper gesund und gaben ihr schließlich eine Quelle. Als sie älter war, gelang ihr der Sprung zur Meisterin, und danach verfasste sie das Buch der Ersten Wahrheit. «
    Alissa erschauerte, denn sie hatte nicht gewusst, woher dieses Wissen ursprünglich stammte. Ihre Hand zitterte, als sie nach ihrem Becher griff.
    Redal-Stan musterte sie unter seinen haarlosen Brauen hervor. »Mirims Verwandlung in einen Raku stürzte die Überzeugungen der Meister, den Glauben an ihre absolute Überlegenheit, ins Chaos«, sagte er. »Ihr kleines ›Maskottchen‹ musste ernst genommen werden, und das rief eine verheerende Spaltung des Konklaves hervor, mit deren Nachhall wir noch heute zu kämpfen haben.« Wieder sammelte Redal-Stan die Motten mit einem Feld ein und beobachtete sie durch die gespreizten Finger. »Irgendwie entdeckten die Bewahrer den Ursprung von Quellenstaub und stellten fest, dass er sie stärker machte«, sagte er, erhob sich und trat auf den Balkon. »Sie begannen wilde Bestien in Fallen zu locken. Fang sie ein. Töte sie. Verbrenne sie. Binde die Asche.«
    Alissa saß in entsetztem Schweigen da, die Finger krampfhaft um ihren Becher geschlungen.
    »Sie wussten nur, dass dieser Staub ihnen mehr Kraft verlieh. Sie

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