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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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verlassen.
    »Alissa«, sagte er beinahe flehentlich. »Du wirst eine neue Quelle bekommen.«
    Ihr Gesicht verzerrte sich vor Bitterkeit. »Wann? Wenn jemand stirbt? Ich will keine neue.«
    »Spiel nicht die Märtyrerin«, sagte er. Es war offenkundig, dass er die Worte scharf klingen lassen wollte, doch sein Mitleid war unüberhörbar.
    »Tue ich nicht.« Ihr Atem ging ein und aus, übertönt vom Zischen des Feuers und der nächtlichen, gedämpften Brandung. »Ich habe versucht, etwas zu sein, das ich nicht bin. Es ist höchste Zeit …« Sie holte Atem. »Es ist höchste Zeit, dass ich – nach Hause gehe«, sagte sie, und die letzten Worte klangen erstickt. Sie war ein verkrüppeltes Halbblut. Eine Mischung aus allem, die insgesamt nichts ergab. Sie würde ins Hochland zurückkehren, wo sie hingehörte. Man würde sie meiden und verachten, doch auf der Feste konnte sie nicht bleiben. Kralle verschwamm ihr vor den Augen, als Tränen zu fließen drohten, und sie konnte sich gar nicht erklären, woher sie noch die Kraft nahm zu weinen.
    »Du musst fliegen, Alissa.«
    »Muss ich nicht«, sagte sie und hielt den Atem an, um ein Schluchzen zu unterdrücken.
    »Bestie schon.«
    Erschrocken blickte sie auf. Sein Blick war eine verletzte Frage. Doch ihr Schrecken verflog, gesprengt von ihrer Apathie. Sie sank in sich zusammen, und ihr Blick kehrte zu Kralle zurück.
    »Warum hast du es mir nicht gesagt?«, fragte er.
    Sie zuckte matt mit den Schultern. »Ihr hättet mich gezwungen, sie zu unterdrücken, bis ich sie ebenso gut hätte zerstören können. Ich mag Bestie, Nutzlos«, sagte sie mit leiser Stimme, damit sie nicht brach. »Sie versteckt sich jetzt. So tief, dass ich sie kaum spüren kann.« Als er schwieg, blickte sie auf, und seine gelassene Miene überraschte sie. »Ihr seid nicht zornig?«
    Er verzog das Gesicht. »Vielleicht später.« Dann lächelte er freudlos. »Tatsächlich finde ich deine Ansichten über das wilde Bewusstsein bemerkenswert, und wir sollten ihnen nachgehen, ganz gleich, wie unangenehm sie uns sein mögen. Möglicherweise machen wir seit tausenden von Jahren denselben Fehler, weil wir uns davor fürchten, uns einzugestehen, dass wir unseren wilden Verwandten näher sind, als uns lieb ist. Aber wenn du uns nicht hilfst zu verstehen, was du anders gemacht hast, können wir nichts verändern. Ich …« Er zögerte. »Mir behagt die Vorstellung nicht, eine wilde Bestie in meinen Gedanken zu haben, die nur darauf wartet, dass ich Schwäche zeige, damit sie die Kontrolle übernehmen kann.«
    »So ist Bestie nicht.«
    »Ich spreche von meiner Bestie. Und denen der anderen.«
    Alissa musste plötzlich an Silla denken. Leise flüsterte sie: »Silla braucht Hilfe.«
    Nutzlos blinzelte. »Silla? Sie …« Aschfahl schüttelte er den Kopf, als wollte er es nicht wahrhaben.
    Alissa nickte. »Es fällt ihr schwer, die Balance zu finden. Sie steht kurz davor zu verwildern. Deshalb konnte ich sie über den weiten Ozean hinweg erreichen. Und deshalb hasst Keribdis mich so. Sie weiß, dass Silla am Abgrund steht. Keribdis wird mir die Schuld geben, falls Silla verwildert, und behaupten, Bestie sei eine Krankheit, mit der ich Silla angesteckt habe.« Alissa strich eine von Kralles Federn zurecht. Sie hatte einen Kloß in der Kehle.
    Nutzlos schwieg lange. Nur das Rauschen der Wellen brach die Stille. Sogar die Seemöwen waren fort und schliefen in langen Reihen auf dem Sand.
    »Keiner von ihnen will mir glauben«, sagte Alissa, ohne ihn anzusehen. »Das spielt keine Rolle. Sollen sie doch denken, was sie wollen. Aber Ihr müsst Silla helfen. Helft ihr, ihr wildes Bewusstsein zu unterdrücken, so stark, dass sie es beinahe zerstört, so wie ich es hätte tun sollen.« Hilflosigkeit wallte in ihr auf und ließ das Blut in ihren Schläfen und in ihrer gebrochenen Hand pochen. »Und ich will keine andere Quelle«, sagte sie lauter. »Wenn ich eine annehme, gehöre ich demjenigen, der sie mir gegeben hat. Das kann ich nicht.«
    »Ich werde nichts von dir verlangen«, sagte er, und der Feuerschein betonte flackernd seine Falten.
    Alissa glaubte ihm, doch sie wusste, dass sie dieses Gefühl niemals loswerden würde. »Und was kann ich ohne eine Quelle schon tun?«, fragte sie, als hätte sie ihn nicht gehört.
    »Du kannst Felder erzeugen«, erklärte er mit aufgesetzter Fröhlichkeit und strich den Saum seiner Weste glatt.
    »Felder.« Sie schnaubte hilflos. »Steinchen schweben lassen und Federn herumschieben?

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