Alissa 4 - Die letzte Wahrheit
wechselte viel sagende Blicke mit einigen Leuten. Sie war sehr dankbar dafür, dass zumindest Lodesh sich im politischen Kreis des Konklaves sicher und geschickt bewegen konnte.
Der Lärm verebbte, und ein glatt rasierter Meister in einem schlichten grauen Leinenkittel sagte: »Du meinst natürlich, dass wir Alissas Erscheinen ebenso feiern werden wie Connen-Neutes.«
»Aber natürlich.« Keribdis machte eine ausholende Geste. »Also kocht auf, was wir in den Lagerräumen haben. Bereitet alles vor. Und lasst sie in Ruhe!«, fügte sie im Tonfall freundlicher Genervtheit hinzu. »Sie sind müde. Heute Abend werdet ihr all ihre Geschichten hören.«
– 17 –
G ehorsam zerstreuten sich die Leute zu kleineren Grüppchen, die aufgeregt schwatzend in alle Richtungen aufbrachen. Kralle erschrak über die plötzliche Bewegung so vieler Leute, schwang sich von Alissas Handgelenk in die Luft und verschwand in den Euthymien. Alissa rieb sich den Arm und lächelte jene, die im Vorbeigehen ihrem Blick begegneten, unsicher an. Ein paar Leute drückten Connen-Neute herzlich die Hand, bevor sie gingen, und versprachen, dass sie sich später in Ruhe mit ihm unterhalten würden. Alissa beobachtete erleichtert, wie die etwa fünfzig Meister verschwanden, bis nur noch ihr eigenes kleines Grüppchen übrig war, dazu der dicke Meister, Neugwin und der ernste Meister in Grau, der vorgeschlagen hatte, Alissas Ankunft ebenso zu feiern wie Connen-Neutes.
Strell beugte sich dicht zu Alissa hinüber, als Keribdis über den freien Platz unter den hohen Bäumen davonging. »Sie wollen nicht fort?«, fragte er, und seine braunen Augen blickten ein wenig trotzig drein.
Lodesh schüttelte den Kopf. »Einige schon. Keribdis aber nicht. Die meisten folgen ihr.« Er schenkte Alissa ein aufmunterndes Lächeln. »Das dürfte ein interessanter Abend werden.«
Keribdis drehte sich auf dem Pfad um, anscheinend überrascht, dass sie ihr nicht folgten. »Ihr seid müde. Bringen wir euch erst einmal gut unter.«
Connen-Neute eilte mit Silla voran. Alissa trat zögerlich einen Schritt vor, doch Kapitän Sholan hielt sie am Ellbogen zurück. »Ma’hr«, sagte er. »Ich gehe zurück auf mein Schiff.« Sein verängstigter Blick folgte einem Meister, der sich verwandelt hatte und in die Baumwipfel emporflog. »Ich muss Hayden berichten, was geschehen ist.«
Alissa brachte trotz ihres erschütterten Selbstbewusstseins genug Mitgefühl auf, um ihn anzulächeln. Ein Teil von ihr wäre ihm am liebsten zum Schiff gefolgt, um über die Wellen zurück zu Nutzlos zu eilen. »Gut«, sagte sie, ohne sich darum zu scheren, dass Keribdis’ wartende Haltung Ungeduld ausdrückte. »Ihr findet den Weg?«
»Ja«, sagte er, sichtlich erleichtert, dass sie ihn nicht zwang zu bleiben. »Wir müssen die Wasservorräte auffüllen und den Baum reparieren. Wir haben gewiss alles bereit, wenn Ihr wieder ablegen wollt.« Warnend runzelte er die Stirn. »Das ist ein Mantarochen von einer Frau, Ma’hr«, flüsterte er ihr zu. »Ein Teufelsfisch. Gebt acht.«
»Danke sehr, Kapitän«, sagte sie und nahm sich die Zeit, zum Abschied seinen Arm zu berühren, trotz Keribdis’ unverhohlener Gereiztheit. Obwohl sie wusste, dass das unklug war, folgte Alissa Keribdis’ kleinem Gefolge mit bewusst langsamen Schritten. Connen-Neute machte ob ihres Ungehorsams große Augen. Der auffrischende Wind des nahen Gewittersturms zerrte an ihrem Haar, und sie genoss es.
»Lodesh?«, sagte Keribdis, als Alissa die anderen erreichte und sie gemeinsam weitergingen. »Wir haben ein paar Hütten am Strand. Wir benutzen sie für verschiedene Arbeiten, aber vielleicht möchtet Ihr Eure Leute dort unterbringen? Niemand braucht auf Bäume zu klettern, wenn Unterkünfte am Boden vorhanden sind.«
»Nun, eigentlich«, sagte Lodesh gedehnt und nahm Alissas Arm, »ist diese Reise Alissas Sache. Ich bin nur mitgefahren, um ihr Gesellschaft zu leisten. Sie ist diejenige, mit der Ihr solche Angelegenheiten besprechen solltet«, endete er leichthin.
»Alissas Sache?« Ein Hauch von Spott schwang in Keribdis’ Stimme mit. »Ich bitte um Verzeihung.«
Alissa unterdrückte ein finsteres Stirnrunzeln. Das lief nicht gut. Strell sah missmutig aus, und Alissa wusste, dass Keribdis’ wenig subtile Beleidigungen der Grund dafür waren.
»Stadtvogt«, sagte der rundliche Meister im Gehen, »ich komme um vor Neugier. Wie konnte Euer Volk sich von dem Fluch erlösen?«
Keribdis räusperte sich. »Heute
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