Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
diese Geschichte den Tolosaner entlastete, erstarb noch während Raymond-Rogers Aufenthalt in Albi, als es hieß, Innozenz beabsichtige, die Sache totzuschweigen - gerade weil sie vom Grafen von Toulouse ablenkte.
Ein grausames, gewissenloses Spiel, in dem Okzitanien nur der Verlierer sein konnte!
Überdeutlich kam jetzt der große Fehler der Vergangenheit ans Licht, wie ihn seinerzeit Esclarmonde von Foix ausgesprochen hatte: Es gab keine grenzüberschreitende Einheit, ja, nicht einmal ein okzitanisches Heer!
Über Castres ritt der Trencavel nach Béziers, um auch dort nach dem Rechten zu sehen und mit seinem obersten Lehnsvogt, Gottfried von Lamothe, über die verfahrene Lage zu reden. Noch während am letzten Abend seines Besuches im Schloss ein Fest zugange war, traf ein berittener Bote mit einer weiteren Meldung ein: Rom beabsichtige, so hieß es, die Entmachtung des Grafen von Toulouse in ein aufwändiges kirchenrechtliches Verfahren zu kleiden. Ein großer Häresie-Prozess sollte gegen den Grafen angestrengt werden.
Zornig und mit der nicht unbegründeten Befürchtung, der Nächste zu sein, dem Rom einen solchen Prozess anhängte - denn seine eigenen Länder waren von ähnlich strategischer Bedeutung, schon weil sie sich mitten im Herrschaftsgebiet des Grafen von Toulouse befanden -, ritt Raymond-Roger am nächsten Morgen nach Carcassonne zurück.
Eines gelobte er sich: Er würde nicht klein beigeben, sondern dem Papst die Stirn bieten!
Die Reiter zogen den Mann aus dem Bach und legten ihn oberhalb der Böschung ab. Er war schwer, denn er trug ein härenes Habit, das sich vollgesogen hatte. Als sie ihn umdrehten, erkannten sie Pater Hugo, den Hofkaplan. In seiner Brust steckte ein Messer.
Alix warf einen erschrockenen Blick auf Villaine, der besorgt die Stirn runzelte. Beim Durchsuchen der im Habit eingenähten Taschen fanden sie nicht den kleinsten Hinweis auf den Verbleib des Jungen. Es schien, als hätte jemand alle Spuren beseitigt. Selbst das goldene Kreuz, das allezeit an Hugos Hals hing, war verschwunden.
„Schwer zu sagen, was geschehen ist“, meinte Villaine. „Sollte wohl wie ein Raub aussehen!“
Während die Männer den Toten aufluden und der Spielmann die Hunde beruhigte, kletterte Alix voller Angst auf eine mit Igelginster und Kräutern bewachsene Anhöhe. Dort sah sie sich aufmerksam um, verfolgte das Bachbett, soweit es einsehbar war. Keine weitere Leiche, nichts Auffälliges!
Erleichtert fiel sie auf ihre Knie.
Da die Sonne bereits tief im Westen stand und die Hunde kein Interesse mehr an der Gugel zeigten, brach Villaine die Suche ab, um nach Dérouca zurückzureiten.
Alix zeigte sich einsichtig. Sicherlich hatte Villaine recht, und ihr Sohn war in Sicherheit. Bartomeu hatte mit Hugo nur einen für ihn gefährlichen Mitwisser beseitigt. Dem Jungen würde er nichts antun. Ob Damian sie vermisste?
Am letzten Weihnachtsfest hatte sie mit ihm über seinen Vater gesprochen, nachdem der Junge sich voller Stolz in die Brust geworfen und gemeint hatte, er würde einmal Vizegraf von Carcassonne werden und nicht der kleine, unverständige Schreihals Ray. Da musste sie ihm die Wahrheit sagen: „Dein Vater ist nicht der Vizegraf von Carcassonne, auch nicht der Graf von Rocaberti, dessen Name wir führen, sondern Bartomeu, der Fürst von Cahors.“
Mit seinen großen Augen hatte er sie erstaunt angesehen und sie dann gebeten, ihm mehr über seinen Vater zu erzählen.
„Weißt du, er ist von hoher Gestalt“, hatte sie leise gesagt, während der Kloß in ihrem Hals immer dicker wurde, „ein sehr mächtiger und ... kluger Mann. Sein Diener ist ein Maure.“
Und, als ob sie eine Vorahnung gehabt hätte: „Irgendwann wirst du die beiden kennenlernen!“ Dann hatte sie ihm auf sein Drängen hin Rashids Turban und das wertvolle Schwert beschrieben, das dieser stets bei sich trug, und zuletzt den mächtigen Turm seines Vaters, mitten in der Stadt Cahors. Irgendwann war Damian über ihrer Erzählung eingeschlafen …
Nebelfetzen zogen über den Teich, der sich rechter Hand des Gutshofes, neben einer Wiese mit Obst- und Olivenbäumen befand. Während die Reiterknechte mit dem Toten in den Hof ritten, wo sie bereits von Fünfei und Miquel empfangen wurden, zügelten Alix und Villaine ihre Pferde vor dem Tor. Sie saßen ab und gingen zum Rand des Sees, um miteinander zu reden.
Frösche quakten, knarrten.
Villaine lachte auf. „Peire von Auvergnes Stimme hallt wie Froschgequak im Sumpf
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