Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
Vom Netzwerk:
Bailli schicken, und diesen Aufrührer und seine Katharerfreunde festnehmen lassen. Bérenger konnte überhaupt nicht verstehen, weshalb sich gerade der junge Fabri mit den Ketzern einließ, wo er doch aus einer höchst angesehenen katholischen Familie stammte.
    Gaufreds Vater besaß im Erdgeschoß seines großen Stadthauses ein bestens sortiertes Ladengeschäft, die Regale aus Nussbaum, dem Holz der reichen Leute, darin Hunderte von Ballen feinsten Tuchs, große Knäuel Wolle, Stickgarne, Schellen, Bänder, Litzen, Gugeln …
    Plötzlich gellte ein Pfiff durch die Kathedrale.
    Gaufred, der in der Nähe der weit geöffneten Kirchentür auf seine Freunde mit den Besen wartete, hatte aus den Augenwinkeln heraus bemerkt, wie sich Bérenger davonmachen wollte. Der junge Mann nahm Anlauf, setzte über zwei Bänke hinweg, und griff sich den Bischof, noch bevor dieser die Tür zur Sakristei hinter sich zuzog.
    Bérenger wehrte sich heftig. Er schlug dem jungen Fabri mehrmals mit der Heiligen Schrift - der mit den hölzernen, vergoldeten Buchdeckeln - auf den Kopf.
    „Helft mir, Leute!“, kreischte Gaufred. „Der Bischof, der falsche Hund, er will auf und davon!“ Wie eine Klette hing der junge Mann an dem Geistlichen. Die Schläge auf den Kopf konnte er gut aushalten, nur als ihm Bérenger, der beträchtlich größer war als er, mit dem Knie einen kräftigen Hieb in den Unterleib versetzte, hätte er ihn beinahe losgelassen. Da kamen bereits die anderen angelaufen. Erst vier, dann fünf. Zum Schluss waren es fast zwanzig, die drohend die Besen schwangen und den Bischof von Carcassonne umzingelten.
    „Los! Auf! Jagen wir ihn aus der Stadt!“, hieß es allenthalben, dennoch schienen einige Männer zu zögern. Es war, als hielte sie eine heilige Scheu davon ab, sich an einem Gottesmann zu vergreifen. Erst als Gaufred Fabri rief: „Mag er in Rom die Leute aufhetzen, aber nicht hier bei uns!“, den heftig Widerstrebenden am Arm packte und mit sich in Richtung Ausgang zog, wurden die anderen wieder lebendig. Mit vereinten Kräften, unsanften Besenhieben und lautem Gejohle trieb man den Bischof zuerst aus der Kathedrale und kurze Zeit später zum Narbonner Tor hinaus.

    Im Unterschied zu den weißen Gewändern der Manichäer, die als Vorläufer der Katharer gelten, kleideten sich die Perfekten, als Wanderer aus einer anderen, fremden Welt, in dunkelblaue oder schwarze wallende Röcke, die die Gefangenschaft ihrer göttlichen Seelen im irdischen Kerker des Körpers symbolisieren sollten. An ihrem Gürtel hing, gut sichtbar für alle, der kupferne Behälter mit dem Evangelium des Johannes.
    Die beiden Gegenspieler des aus der Stadt gejagten Bérenger, der von jedermann geachtete Katharerbischof von Carcassonne, Bernhard von Simorre, bleich vom Fasten, das hagere Gesicht bartlos, dafür das schlohweiße Haar glatt bis auf die Schultern fallend, und sein um Jahre jüngerer Stellvertreter, Peter Isarn, verbeugten sich tief vor dem Vizegrafen und seinem Oheim. In ihrer Begleitung befand sich ein gutes Dutzend weiterer Perfekte, darunter auch zwei Frauen.
    „Nehmt Platz,´Gute Leute`!“ Der Kämmerer Aaron wies auf die lange Bank, die für gewöhnlich den Bittstellern vorbehalten war.
    „Sénher“, begann Isarn, „nach dem, was mit Bischof Bérenger geschehen ist, woran wir Katharer keinen Anteil haben, liegt es uns am Herzen, mit Euch über die Predigt zu sprechen, die der Anlass für Bérengers üble Vertreibung aus der Stadt war. Wie ernst müssen wir diesen Kreuzzug nehmen? Viele Menschen sind beunruhigt.“
    Der Trencavel besaß kein Mitleid mit Bérenger, nicht nach dem Gerücht, das dieser über Eleonore von Saïssac verbreitet hatte; ja, er hatte sogar jedermann in der Stadt eine schwere Geldbuße angedroht, der noch weitere Beziehungen mit dem Bischof unterhielt.
    „Vermutlich wollte er der Bevölkerung nur Angst einjagen“, versuchte er die Katharer zu beruhigen. „In meinen Ländereien seid Ihr, wie auch die Juden, in Sicherheit!“
    „Aber die Drohung stammt gar nicht von Bérenger, sondern von den Legaten des Papstes, Sénher!“ Isarn ließ nicht locker. „Seit Gui und Rainer aus Rom zurück sind, predigen sie nichts anderes mehr, als dass das Unkraut, das nicht mit der Harke der katholischen Predigt ausgerissen werde, verbrannt werden müsse! Wir alle wissen, was das bedeutet.“
    Die Katharer nickten einmütig.
    Aaron, der als Jude nicht nur der jüdischen Gemeinde von Carcassonne vorsaß, sondern auch

Weitere Kostenlose Bücher