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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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aussehend.
« Sie schaute Jury an, als wollte sie ihn in den kleinen Kreis der Reizenden, Gutaussehenden mit einbeziehen. »Nach dem waren einige von den Mädchen verrückt. Was vermutlich der Grund war, weshalb Crystal ihn wollte. Keine andere konnte zum Zuge kommen …
    Bis er Kate sah. Und da war es mit Crystal vorbei. Kate brauchte überhaupt nichts zu tun, es war einfach so. Obwohl sie nicht mit ihm gehen wollte, was er völlig hingerissen. Sie war wie ein Lavendelfeld. Einmal schnuppern, und man war hinüber.« Miss Husselby lachte, ihr Vergleich gefiel ihr.
    »Als er mit Crystal Schluss machte, war die außer sich. Da war aber nichts zu machen.« Miss Husselby seufzte und schaute zu ihrem Kaminsims hinüber. Oder vielmehr zu dem Gemälde über dem Kamin. »Da, schon wieder.« Sie stand auf, ging hinüber und rückte das leicht schief hängende Bild mit der Fingerspitze zurecht. Dann kam sie zurück. Kaum hatte sie dem Bild den Rücken gekehrt, rutschte es wieder in Schieflage zurück. »Verzeihung«, sagte sie. »Wo war ich gerade?«
    »Kate und dieser junge Bursche.«
    Sie seufzte und schenkte beiden Kaffee nach. Er wusste, dass er lauwarm war, doch das machte nichts. »Danke.«
    »Mit Kate war ich bis vor ein paar Jahren noch in Kontakt. Crystal aber habe ich völlig aus den Augen verloren.«
    Jury zog das Foto hervor, den Schnappschuss von den Mädchen auf der Pier. »Ist Crystal da mit drauf?«
    Sie nahm das Bild, schaute es sich an, nickte. »Da ist sie. Die so grimmig guckt. Das sind Kates Freundinnen. Aber Kate sehe ich gar nicht… Ach, natürlich, sie war ja die Fotografin! Das erklärt auch Crystals grimmiges Gesicht.« Sie gab Jury das Foto zurück.
    »Dann wissen Sie also nichts von dem Unfall.«
    »Von welchem Unfall?«
    »Crystals.« Jury sagte es ihr.
    Sie sah ihn erschrocken an. »Das ist ja furchtbar. Wie kann
man nur so dumm sein, die Straße zu überqueren bei dem Verkehr. Bloß weil Fußgänger zuerst dürfen, heißt das doch nicht, dass ein Auto anhält. Diese Übergänge können so tückisch sein. Sehen Sie.« Sie breitete die Hände aus. »Das meine ich damit. Das Leben ihres ungeborenen Kindes aufs Spiel zu setzen. Bloß um ein Exempel zu statuieren. Was ist mit Crystal passiert? Sie war doch bestimmt verletzt.«
    »Ja, ziemlich schlimm. Von der Taille abwärts fast vollkommen gelähmt. Sie ist mehr oder weniger auf den Rollstuhl angewiesen.«
    »Eigentlich sollte ich ja Mitleid empfinden. Ich wünschte, ich könnte es.« Sie beugte sich Jury vertraulich entgegen. »Sie hätte alles getan, gelogen, betrogen, gestohlen, bloß um Davey zu halten …«
    »Davey?«
    »Der Sohn des Gemüsehändlers.«
    Lange starrte Jury sie nur stumm an. Dann fragte er: »Er hieß nicht zufällig Cummins?«
    »Aber ja, doch. Kennen Sie ihn?«
    »Ja.« Jury dachte eine Weile nach. Dann stand er auf. »Sie haben ja keine Ahnung, wie sehr Sie mir geholfen haben, Miss Husselby. Ich kann Ihnen gar nicht genug danken.«
    Sie holte ihm seinen Mantel aus dem Garderobenschränkchen. »Freut mich, dass ich helfen konnte. Ich habe ja auch so wenig zu tun dieser Tage. Ich hoffe doch sehr, dass Sie den Fall lösen können.« Sie machte sich daran, die Tür zu öffnen, die aber klemmte. »Ach, zum Kuckuck mit dieser Tür. Die gibt mir noch mal den Rest.«
    Jury öffnete sie lächelnd. Er bezweifelte, dass Shirley Husselby sich von irgendetwas unterkriegen lassen würde.

58. KAPITEL
    Was Jury an Zugfahrten so gefiel, war die Anonymität. Die Gegenwart anderer Leute, die einen nicht kannten und auch keinen Wert darauf legten, einen kennenzulernen. Niemand fühlte sich zum Reden verpflichtet. Eine Zugfahrt war ein Smalltalk-Vakuum.
    Nur zehn oder zwölf andere Fahrgäste waren auf dem Weg nach London. Alle waren sie in Lektüre vertieft, schauten zum Fenster hinaus auf die Landschaft von Sussex oder hatten Kopfhörer oder Mobiltelefone eingestöpselt.
    Auf der anderen Gangseite saß eine hübsche Frau Ende dreißig oder Anfang vierzig. Das Alter ließ sich heutzutage schwer schätzen, besonders bei Kindern, die mit dreizehn oder vierzehn offenbar ihre Hochform erreichten und mit denen es von da an bergab ging. Kinder sahen älter aus, als sie waren, Erwachsene jünger.
    Nicht das Gesicht der Frau war es, was seine Aufmerksamkeit erregte, sondern ihre Schuhe. Riemchensandalen. Jimmy Choo? Tod’s? Prada? Nein, eher nicht. Sie war hübsch, jedoch nicht teuer gekleidet, nicht teuer genug, um Jimmy Choo zu tragen. Die Schuhe

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