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All unsere Traeume - Roman

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Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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    E s war letzten Endes wirklich nicht so schlimm gewesen, fand Romily. Sie hatten reichlich Gesprächsstoff gehabt: gemeinsame Bekannte, Musik, Jarvis’ Reisen, Romilys Arbeit, die Einsatzmöglichkeiten von Vaseline und Bindfaden bei der Feldforschung. Bücher. Dass sie es beide vermissten, richtige Filme auf richtigen Leinwänden zu sehen, und dass sie sich mit DVD s beziehungsweise Enter tainment-Systemen im Flugzeug zufriedengeben mussten. Das Kyoto-Protokoll. Flöhe und Bettwanzen. Sie hatten sich während des ganzen Abendessens unterhalten, das nicht in einem teuren Restaurant stattfand, sondern in einem relativ neuen Pub an der Themse, in dem es gutes Essen mit großer vegetarischer Auswahl gab – hatten geradezu zwanglos geplaudert bei Jarvis’ Glas Wein und ihrem Glas Limonade, bei seinem Steak Pie und ihrer Rote- Bete-Tarte, dem Sticky-Toffee-Pudding, den sie verspeiste, während er zwei Tassen Kaffee trank. Er zog es vor, wenn sein Zucker in Begleitung von Koffein kam. Das war schon vor Jahren so gewesen, wie sie sich entsann.
    Sie hatte all die Gespräche vergessen, die sie früher immer geführt hatten.
    Und natürlich sprachen sie über Posie.
    »Wenn wir uns auf ein paar feste Daten einigen, kann ich meine Arbeit im Laufe des Jahres dementsprechend einteilen«, hatte Jarvis gesagt, während er seinen Kaffee umrührte. »Ein paar Tage um Ostern herum vielleicht. Und eine Woche im Sommer, damit ich mit ihr zelten fahren kann.«
    »Das kannst du einrichten? Ich dachte, du musst los, sobald es Arbeit gibt.«
    »Ich kann ein paar Termine im Jahr haben, die tabu sind. Wie wäre es mit dem zweiten Weihnachtsfeiertag?« Er lächelte. »Ich würde gern ein bisschen Weihnachten mit ihr feiern.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass dir so was liegt.«
    »Als Kind habe ich es gemocht. Im Erwachsenenalter verliert das Ganze ein wenig von seinem Zauber. Be sonders wenn alle anderen in der Familie paarweise auftreten.«
    »Gewöhnlich feiern Posie und ich allein. Wir bleiben den ganzen Tag im Schlafanzug und essen nichts als Schokolade.«
    »Es macht Spaß als Onkel. Ich glaube, als Dad würde es noch mehr Spaß machen. Vielleicht lässt es sich so einrichten, dass meine Nichten und Neffen auch da sind.«
    Das war noch so etwas, das Posie entbehrt hatte: Weihnachten im großen Familienkreis. Etwas, das Jarvis ihr geben konnte, und Romily nicht.
    »Das sollte klappen«, meinte Romily nach einer Weile. »Ich glaube, es würde ihr gefallen.«
    Er blickte von seinem Kaffee auf. »Du würdest sie mir anvertrauen? Über Nacht? Oder für eine Woche zum Zelten?«
    »Du bist schließlich Survival-Experte, und du hast gezeigt, dass du es bei einem Notfall schnell ins Krankenhaus schaffst. Ich denke, sie wäre sicher bei dir. Aber …«
    »Aber was?«
    »Ach, nichts. Ich habe bloß gedacht … es ist mir nur eben in den Sinn gekommen, dass ich einsam wäre, wenn sie so lange fort ist.« Romily lachte. »Dumm. Ich werde ausschlafen können und richtig viel schaffen.«
    »Aber du wärst trotzdem einsam.«
    Sie zuckte die Schultern und fuhr mit dem Löffel über den Teller, um noch das letzte Stückchen Karamell zu erwischen.
    »Mir macht es nichts aus, allein zu sein«, sagte Jarvis. »Ich mag es sogar recht gern. Früher dachte ich immer, da ich gern allein bin, könnte ich mich nie einsam fühlen.«
    Sie sah ihm einen Moment lang in die Augen und senkte den Blick dann wieder auf den Teller.
    »Also der zweite Weihnachtsfeiertag, und wir können uns aufTermine während der Schulferien einigen«, sagte sie rasch, »an denen du nicht arbeitest, und dann ein paar Wochenenden und Abende, ganz spontan, je nach unserer Arbeitslage. Klingt das akzeptabel?«
    »Es klingt gut. Ich hatte mir ohnehin überlegt, dass es an der Zeit ist, mehr im Land zu arbeiten. Das wird die Sache also erleichtern.«
    »Du musst nicht bleiben. Unser Leben ist nicht derart kompliziert. Es reicht völlig, wenn du anrufst, wenn du dich auf dem Rückweg nach England befindest, und uns deinen Besuch ein paar Tage vorher ankündigst.«
    »Ich möchte bleiben.« Er stand auf. »Fertig?«
    Sie gingen auf dem Treidelpfad an der Themse entlang. Die Straßenlampen spiegelten sich in orangefarbenen Licht wellen auf der schwarzen Wasseroberfläche. Eine Ente, die nicht zu sehen war, schnatterte wütend im Dunkeln. Romily erinnerte sich an einen Abend in London, Jahre und Meilen weit weg, doch am Ufer ebendieses Flusses, als sie zusammen gegangen waren und er

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