Allan - Das Relikt der Goetter (Band 1) (German Edition)
schrie, dass sie ihn hasste. Er hatte nichts getan, um ihrem Vater zu helfen, sondern nur mit angesehen, wie er sterben musste. Hätte er sich dem Ladenbesitzer gegenüber nicht wie ein Unhold benommen, würde Merelitos noch leben. Er hatte keine Kraft und keine Lust sich zu wehren und ließ Esarys Schläge über sich ergehen. Sie hatte recht. Wäre er nicht gewesen, wäre sein Freund noch am Leben. Doch wie lange er über das Geschehene auch nachdachte, er kam immer wieder auf dasselbe Ergebnis: Hätte er den Ladenbesitzer nicht bestohlen, wäre Merelitos zwar bei ihnen, jedoch wäre Tylonia dem Untergang geweiht gewesen und sie hätten alle sterben müssen. So bestand für ihn wenigstens die Möglichkeit, seiner Aufgabe nachzugehen und sein Land zu retten. Er war es den Wesen Tylonias schuldig - und vor allem Esary.
Als der Morgen graute, machten sich Allan und Noma daran, Merelitos´ Überreste einzusammeln, obwohl es ihnen den Magen umdrehte. Sie entfachten ein Feuer und verbrannten sie. Esary stand vor ihrem brennenden Vater und betete in der Sprache der Götter. Nur wer einen Menschen sehr liebte, tat es in dieser Sprache. Sie sah zu Allan rüber. Ihr Blick war düster und doch so leer. Als wäre sie dabei, ihre Seele zu verlieren.
Sie saßen schweigend am Feuer, welches langsam aber stetig seine Kraft verlor. Allan dachte über sich und die Frauen nach. Sie hätten nicht unterschiedlicher sein können. Ein Waldbewohner, der dazu auserwählt worden war, Tylonia zu retten. Ein Mädchen, das nie mehr als seine Heimat gesehen hatte und von nun an ohne Vater leben musste. Und eine ehemalige Fee, die ihrer Kräfte beraubt worden war. Er glaubte, dass sie alle dasselbe dachten: Wie würde diese Reise für die drei weitergehen? Noma blieb nichts anderes übrig als an Allans Seite zu bleiben, schließlich würde sie nur so ihre magischen Fähigkeiten zurückerlangen. Doch wie würde es sich für Esary entwickeln? Er könnte es verstehen, wenn sie ihn verlassen und ihre Reise woanders fortführen würde. Und Allan ... Allan würde weiterhin für das Überleben Tylonias kämpfen. Esary schüttete die Asche ihres Vaters in einen Beutel und verstaute ihn in ihrer Manteltasche.
Die Sonne stand hoch am Zenit, und sie entschlossen sich dazu weiterzuziehen. So schrecklich die Nacht für alle gewesen war, durften sie nicht ihre Bestimmung vergessen: Zwei Schwerter hatten sie schon und das dritte wollte noch gefunden werden. Also besann sich Allan wieder auf die Worte der Prinzessin.
»Wir müssen in die Wüste von Enwob, im Süden Tylonias.«
»Und wie sollen wir das machen, ohne Pferde?«, fragte Noma.
»Wir müssen uns zufuß aufmachen. Unsere Pferde werden uns wohl nicht einfach so zulaufen - wenn sie überhaupt noch am Leben sind.«
Allan hoffte, dass sie lebten. Er hatte Enola sehr lieb gewonnen. Doch er wusste nicht, wohin sie gelaufen war, und solch´ ein Glück, wie er im Schloss gehabt hatte, würde er bestimmt kein zweites Mal haben. Also machten sie sich in Richtung Süden auf.
Allan und Noma versuchten die Stimmung aufzulockern, indem sie sich über alles Mögliche unterhielten. Er glaubte, Esary würde sich ein wenig beruhigen. Sie wirkte entspannter. Doch dann ...
»Glaube nicht, dass ich dir jemals verzeihen werde. Für mich bist du gestorben!«
»Und warum begleitest du uns dann noch?«, fragte Noma.
»Und wer bist du überhaupt?«
»Mein Name ist Noma. Ich ... ich bin ...« Würde sie die Wahrheit sagen, würde Esary ihr vermutlich nicht glauben. Nomas Stirn legte sich in Falten. Sie schien zu überlegen, was sie antworten sollte. »Ich habe von höchster Instanz die Aufgabe bekommen, euch bei eurer Reise zu unterstützen und euch beizustehen.«
Esary verzog das Gesicht. Sie glaubte ihr scheinbar nicht.
»Und wer oder was ist diese höchste Instanz?«
Auch dazu konnte Noma nichts sagen. Ehe die Situation für sie noch unangenehmer wurde, übernahm Allan das Reden.
»Ob es dir passt oder nicht ... Noma gehört von nun an zu uns und wird uns begleiten.«
Esary schwieg wieder. Am nächsten Tag schlug sie andere Wege ein. Ohne ein Wort zu sagen trennte sie sich von den beiden und verschwand. Allan konnte sich denken, warum sie das getan hatte. Sie musste sich beruhigen und die vergangenen Ereignisse verarbeiten. Und das könnte sie nur, wenn sie niemanden um sich herum hatte. Ob sie wieder zu ihnen stoßen würde oder ob die beiden sie nie wiedersehen sollten, vermochte er nicht zu sagen. Er
Weitere Kostenlose Bücher