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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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lustig?«
    »Schätzchen«, sagte Janet, »die Vergangenheit ist nichts, wovor man weglaufen kann. Deine Vergangenheit ist das, was du bist.« Seine Eltern setzten sich auf und stopften sich Kissen in den Rücken.
    Bryan hatte es sich auf einem Stuhl bequem gemacht. Er fragte Wade: »Hast du je jemanden, ahm, umgebracht?«
    »Das ist ja wirklich die Höhe.«
    Janet sagte: »Und?«
    »Na schön. Ja, aber nicht mit Absicht. Es war ein Unfall, und es- geschah in internationalen Gewässern, daher bin ich unschuldig, und man kann mir nichts vorwerfen.«
    »Was ist passiert?«, fragte Janet.
    »Ron, dieser Vollidiot, kriegte auf einem Törn nach Kuba einen Klüverbaum an den Kopf.«
    Janet fragte: »Auf einem Törn nach Kuba?«
    »Ja. Wir hatten ungefähr fünftausend WonderBras an Bord, die wir gegen Zigarren tauschen wollten. Das war vor dem Fall der Mauer, und die Sowjets stellten sich beim Schmuggel von Damenartikeln besonders an, weil sie viel schwerer wieder loszuwerden sind. Ein Nachbar von Florian kaufte von dem Geld, das ein mit Kotex-Binden beladener griechischer Sardinen-Trawler abgeworfen hatte, eine Da-Vinci-Skizze. Und ein anderer Typ, Rainer, zog sich aus dem Geschäft zurück, nachdem er eine Bootsladung Raps an eine private Produktions anläge südlich von Havanna geliefert hatte. Davon schaffte er sich einen 36er Cord an.« Wade hatte keine Lust, noch mehr von seiner Vergangenheit preiszugeben. »Sollten wir nicht lieber Shw suchen?«
    »Ich schätze schon«, sagte Janet. »Aufstehn, Ted, hopphopp.«
    Ted quälte sich hoch und schleppte sich dann ins Badezimmer, um sich erneut zu übergeben.
    Janet zog ihre Schuhe an und massierte sich die Handgelenke. »Ich möchte Sarah anrufen.«
    »Lieber nicht«, platzte Wade heraus. »Das ist jetzt kein guter Zeitpunkt.«
    »Nein? Warum nicht?«
    »Ich hab grade mit ihr geredet - unten, aus der Telefonzelle. Sie, äh, äh« - denk, denk, denk - »füllt grade Kaulquappen in einen Spezialtank, glaube ich.« Hey, das klang gut.
    Janet fragte nicht weiter nach. »Oh. Okay. Ted, komm schon, lass uns fahren und die Mutter deines Enkelkindes suchen.«
    In dem orangefarbenen Transporter war es fast, als schliefen die Drummonds halb, eingelullt von der drückenden Nachmittagssonne. Alle Vögel waren verschwunden, und das Verkehrsaufkommen war nahe null. Die Hotels wirkten mehr als tot - Hotel-Mumien. Wade fragte sich, wie eine Gegend wie Florida überhaupt besiedelt worden war - die dornigen, insektenverseuchten Dickichte und Sümpfe, die fauligen Gewässer, Raubtiere - der Mangel an Klimaanlagen und Freeways - mit Macheten und Bibeln vermutlich. Seiner Ansicht nach fuhr man nicht nach Florida, um sich neu zu erfinden, sondern eher, wenn man nicht mehr gefunden werden wollte.
    »Bieg hier links ab.« Janet deutete auf eine Straße vor ihnen. »Es müsste auf der linken Seite sein, in der Mitte. Ja - da ist es - 1650.«
    »Das ist Shws Wagen!« Bryan ließ sich noch während der Fahrt aus der Wagentür gleiten.
    »Bryan, du verdammter Idiot -« Sofort war Ted wieder hellwach.
    Wade sprang aus dem Wagen, rannte Bryan hinterher und stürzte sich in der Einfahrt auf ihn.

22
    Das Leben ist so viel leichter, wenn wir es einfach auf uns zukommen lassen. Vielleicht können wir uns, wenn wir es richtig anstellen, soweit überlisten, dass wir auch den Tod einfach auf uns zukommen lassen. Oder ist das eine zu simple Strategie?
    Aus dem Wagenfenster heraus beobachtete Janet Wade, der auf der Terrakottaziegeleinfahrt des Königs der Auspuffhöker Bryan vermöbelte. Sie machte sich ein paar Gedanken über diesen Auspuffkönig und das, was sie in der Bücherei über ihn im Internet gelesen hatte: Naja, der König der Auspufftöpfe ist er eigentlich nicht. Er ist eher der König der Zigarettenanzünder oder der in allen Farben erhältlichen Spritzgussvinyleinsätze für den Fensterkurbelknopf - oder der standardisierten Kleinteile, die in einem jener winzigen Äquatorialländer hergestellt werden, die weder Menschenrechte noch eine typisch regionale Küche besitzen. Aber Auspufftöpfe? Nichts als Auspufftöpfe herstellen - nicht die geringste Diversifikation? Wie vorsintflutlich. Wie sentimental. Ein Patentrezept für den Misserfolg.
    Ted schien unterdessen mit gleicher Wut auf seine beiden Sprösslinge einzutreten. Na toll - was wohl als Nächstes kommt?
    Als Nächstes kam ein Deutscher Schäferhund, der Bryan wie aus der Kanone geschossen ans Bein sprang und seine Reißzähne und Kiefer

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