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alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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ich ihn ignorieren. Aber
    Jan würde morgen hier sein. Ich musste Christian sagen, dass er nicht mehr einfach nach Belieben aufkreuzen konnte. Er wirkte schon reichlich angeschlagen, sein Gesicht war fleckig, die Augen dick. Seine Hemdzipfel hingen ihm aus der zerknitterten Hose, ein Knopf seiner Jacke baumelte an einem einzelnen Faden. Doch seine Schuhe waren brandneu und auf Hochglanz poliert. Er lächelte nicht, als ich öffnete. Stattdessen drückte er mir eine Weinflasche in die Hand, gab mir zwei rasche Küsschen auf beide Wangen und warf sich auf die Couch.
    »Du wirst mir einen Schluck Wein geben«, sagte er, während er sich das Gesicht rieb.
    »Ich habe vermutlich keine Wahl«, erwiderte ich und ging, um den Merlot in der Küche zu entkorken. Christian machte sich nicht die Mühe, »Prost« zu sagen - oder was immer man in Schweden sagt. Er kippte den Wein hinunter und schenkte sich nach.
    »Was ist denn los?«
    »Meine alte Freundin Giti muss ein paar Tage in meiner Wohnung übernachten«, erklärte er mir. »Deswegen kann ich nicht mehr zu dir kommen.«
    Ich hätte beinahe gefragt, warum sie musste. Aber es spielte keine Rolle. »Jan kommt ja auch morgen«, informierte ich ihn.
    Er sah verletzt aus. »Den hatte ich ganz vergessen.«
    »Ich nicht.«
    Christian trank sein Glas aus und schenkte sich noch einmal nach. »Ich will nicht von ihr kontrolliert werden.«
    »Es ist doch nur vorübergehend.«
    Das munterte ihn nicht auf. »Ich liebe sie nicht.«
    Ich wollte ihn fragen, warum er sie bei sich wohnen ließ, aber es hatte keinen Sinn. Dann hätte ich auch mich fragen müssen, warum ich mich mit Jan treffen wollte. Ich war ziemlich sicher, dass ich den auch nicht liebte - schon gar nicht in diesem Moment. Für Christian und mich war es das Ende und wir wussten es beide.
    »So was nennt man schlechtes Timing«, sagte ich.
    Er nickte. Er war die Niedergeschlagenheit in Person. Irgendwie rührte mich das. Er wollte wirklich weiterhin »zu mir kommen«. Süß war er, wenn auch auf eine ziemlich plumpe Art und Weise. »Ja«, sagte er und stand auf. Ein Tropfen Rotwein rann ihm wie Blut über das Hemd und er rieb ihn geistesabwesend mit dem Finger ein. »Echt schade.«
    Plötzlich fing sein Telefon in seiner Tasche an zu klingeln. »Mein Handy!« Er wühlte wie ein Trüffelschwein in einer der Außentaschen. »Ja«, rief er. »Ja, Christian hier.« Wieder machte er dieses Handzeichen und schlenderte dreist, Aktentasche in der Hand, in Carmis Schlafzimmer. Warum er sich zurückziehen musste, begriff ich nicht: Er sprach etwas, das in meinen Ohren eher wie Hebräisch als Schwedisch klang -nicht, das ich Letzteres verstanden hätte.
    Zwei Minuten später war er wieder da und setzte sich neben mich. Als ich ihn fragte, in was für einer Sprache er geredet habe, sagte er: »Arabisch.« Ich war beeindruckt. »Ich kann nur ein bisschen«, sagte er. »Ich lernte es bei Berlitz.« Bevor ich fragen konnte, wovon er sprach, griff er an mir vorbei, um die Lampe auszuschalten. »Es tut in meinen Augen weh«, erklärte er, wobei er einen Arm um mich legte und mich zu küssen begann. Er schmeckte nach Wein und seine Zunge, die in meinem Mund herumflitzte, fühlte sich an wie eine reife Traube. An diesem Abend fand ich Christian irgendwie aufregend. Vielleicht lag es an dem plötzlich unterbrochenen Vorgeplänkel vom Vortag. Bald hatte er mich auf die Couch gedrückt, wobei seine Erektion sich in meinen Oberschenkel bohrte. Er grabschte hektisch, als ob die Leidenschaft ihn überwältigen würde. Es war fast komisch. Schließlich begann er, am Gürtel meines Bademantels zu nesteln und vergrub sein Gesicht zwischen meinen Brüsten. Seine verschwitzte Stirn drückte sich gegen meine Haut. Etwas zu lang fummelte und nuckelte er wie ein Welpe an meinen Brüsten herum. Ich dachte an gar nichts. Irgendwie gelang es ihm, sich aus seinem Hemd zu winden, und ich sah seinen weißen Bauch leuchten. Ich streichelte seinen Rücken und seine Schultern. Er hatte schöne Haut. Er murmelte etwas in einer fremden Sprache. Ich war froh, dass ich ihn nicht verstand. Schließlich stützte er sich auf einen Ellenbogen, um seine Hose aufzumachen.
    Während Christian sich noch mit seinem Gürtel abmühte, kam mir plötzlich der Gedanke an Jan. Ich streckte den Arm über unseren Köpfen aus und knipste die Lampe an. Christian blinzelte im plötzlichen Lichtschein. Seine Wangen glühten.
    »Was machst du?«
    »Tut mir Leid.« Ich fühlte mich wie ein

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