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alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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verurteilte Beziehung der beiden.
    Kyle schüttelte den Kopf, als ob ich die Tiefe seiner Gefühle vollkommen unterschätzt hatte. Ich war beinahe versucht, ihm ein Taschentuch zu reichen. »Sie ist die Frau, die ich liebe, die Frau, für die ich sterben würde.« Dann wandte er den Kopf und schenkte dem Minikleid-Mädchen ein breites Grinsen, das sie mit einem Lächeln erwiderte.
    »Du wirst es überleben«, sagte Jan, der gute Beobachter. »Bestimmt triffst du demnächst eine neue falsche, belgische Schlange.«
    Kyles Gesicht erhellte sich. »Das wäre klasse.«
    Jan interessierte sich wahrscheinlich nicht allzu sehr für Kyles melodramatische Affären. Ich im Moment übrigens auch nicht. Alles, was ich wollte, war, ihn so schnell wie möglich loswerden.
    »Vielleicht kommt diese Yassi ja auch wieder zurück«, meinte Jan.
    »Zurück?«, heulte Kyle auf. »Wenn ich sie in die Finger kriege, bring ich sie um. Sie hat mein Dope geklaut.« Er grinste. »Das ist für mich Grund genug.«
    »Es gibt keinen einzigen guten Grund, um jemanden umzubringen«, sagte Jan und stand auf. »Niemand sollte sich so etwas überhaupt nur wünschen.« Damit verschwand er in Richtung Toiletten.
    Kyle grinste hämisch. »Wo hast du den denn aufgetrieben?«
    »In Berlin. Ich hab’s dir erzählt.«
    »Er gefällt mir«, sagte er. »Obwohl er schon irgendwie komisch ist.«
    »Gar nicht«, antwortete ich. Irgendwie fühlte ich mich bemüßigt, Jan zu verteidigen. »Was soll an ihm merkwürdig sein?«
    Aber Kyle hörte nicht mehr zu. Seine Gedanken waren schon woanders. »Ist er reich?«
    »Ich weiß nicht. Er handelt mit Edelsteinen.«
    »Edelsteine?« Kyle verzog das Gesicht. »Klingt nach Kohle.« Er boxte mir leicht gegen die Schulter. »Warum ziehst du ihm nicht einen über und klaust ihm sein Geld?«
    Ich hatte keine Lust, mich auf das Geplänkel einzulassen. Kyles Spielchen wurden schnell schal.
    »Er ist irgendwie unwitzig«, meinte Kyle weiter.
    »Woher willst du das denn wissen?«
    »Ich bin hier, oder etwa nicht?«
    Ich wünschte, er wäre es nicht gewesen. »Dann sei du doch zur Abwechslung mal witzig.«
    Kyle bedachte mich mit einem Blick, aus dem leichte Beunruhigung sprach. Ich beobachtete, wie Jan sich seinen Weg zum Tisch zurückbahnte. Zwei Frauen drehten sich nach ihm um. Er setzte sich wieder. »Trinken wir noch einen Letzten?«
    »Gerne«, antwortete Kyle.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nicht besonders.« Ich wollte nichts als mit Jan verschwinden. Sollte Kyle sich doch bewusstlos saufen.
    »Du konntest noch nie richtig trinken«, stellte Kyle fest. Dann schlug er Jan auf den Rücken. »Besaufen wir uns gemeinsam.«
    »Klar«, stimmte Jan zu. »Ich könnte noch einen gebrauchen.« Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Es war ein langer Tag.«
    »Erzähl«, sagte Kyle. »Jeder Tag meines verfickten Lebens ist lang.«
    Ich versuchte, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Kyle und Jan wollten gemeinsam um die Häuser ziehen? Das war einfach zu schräg.
    Ich beschloss, Jan keinesfalls mit Kyle allein zu lassen. Carmi hatte jede Menge Alkohol für Jan. Ich stand auf. Jan nicht. Es war seltsam, die beiden ausnahmsweise einmal zu überragen.
    »Wir sehen uns später«, sagte Jan und blickte auf seine Uhr. »Geh ruhig schon vor, wenn es dir nicht so gut geht.«
    Ich stand da, spürte die erwartungsvollen Blicke der beiden auf mir und kam mir reichlich dämlich vor. Na gut! Wenn sie einen »Männerabend« wollten - bitteschön. Ich hatte Jan nicht für einen Schulterklopfer gehalten, aber unglücklich sah er auch nicht gerade aus. Ich selbst war nicht gerade begeistert, dass er blieb, aber ich wollte auch nicht, dass er dachte, ich würde klammern. Also verabschiedete ich mich kühl und ging. Draußen stellte ich fest, dass es noch ziemlich früh war. Statt mir ein Taxi anzuhalten, ging ich ein Stück spazieren. Die frische Luft tat mir gut. Nach ein paar Blocks ging es mir besser. Schließlich landete ich in einem Antiquariat, das noch geöffnet hatte, und stöberte zwischen den staubigen Regalen herum, vom modrigen Geruch alten Papiers umgeben. Ich hatte es nicht eilig; Kyle würde Jan mindestens für eine Stunde festhalten. Also blätterte ich in einem alten Buch über Edelsteine. Darin erfuhr ich, dass man in Indien glaubte, Diamanten könnten einen vor Gefahren beschützen.

16
    Als ich zu Carmis Wohnung kam, rammte ich den richtigen Schlüssel ins falsche Schloss. Ich hatte die

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