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alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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runterklappte. »Polizei«, wiederholte er, diesmal mit einem Augenzwinkern. »Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?« Ich nickte stumm. Die ganze Sache wurde langsam lächerlich; beinahe erwartete ich, dass Christian im nächsten Moment aus seiner Wohnung geschlendert kam, um mir zu sagen, dass alles bloß ein »ganz lustiger Spaß« gewesen sei. Du magst doch Späße, nein?
    »Ich bin in Wirklichkeit kein Party-Promoter«, sagte Jacob.
    »Ach was.« Ich musterte ihn rasch. Er sah genauso aus wie beim letzten Mal. Schwarzes, lockiges Haar, Pfirsichhaut und kluge, dunkle Augen. War das Kyles Schönling von Bulle?
    »Alex >Candy< Orlando?«, fragte er.
    Ich lächelte. Das hatte ich ganz vergessen.
    Detective Jacob Bloom stellte sich vor.
    »Wir haben bei der Polizei bereits eine Aussage gemacht«, sagte Jan in dem Versuch mir zu helfen.
    »Ich weiß«, erwiderte Jacob mit einem raschen Blick auf ihn. »Ich brauche nur noch ein paar Informationen.« Er lächelte und zeigte seine kräftigen, gesunden Zähne. Irgendwie landeten wir in Carmis Küche - wir waren Jacob gefolgt. Er war der Typ Mann, ein geborener Anführer. Wir setzten uns an den 5oer-Jahre-Tisch. Ich fühlte mich wie vor Gericht.
    »Schön haben Sie es hier«, sagte Jacob, wobei er sich umblickte.
    »Die Wohnung gehört meinem Onkel.«
    »Und das ist...« Er blätterte durch sein schwarzes Notizbuch. »Anthony Carmine Orlando.«
    »Ja«, sagte ich. »Carmi.« Mein armer Onkel. So viele fremde Leute, die durch seinen Palast trampelten.
    Jacob lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sein Fuß tappte auf dem Linoleum.
    »Ich möchte noch einmal hören, wann Sie und Hangerman an diesem Abend auseinander gegangen sind«, sagte er und sah Jan an. Mit Hangerman meinte er Kyle, erklärte ich Jan.
    »Wie ich schon sagte«, erwiderte Jan. »Wir haben uns gegen halb zwölf getrennt. Aber genau weiß ich es nicht.«
    »Dadurch hätte er genügend Zeit gehabt«, sagte Jacob und blickte auf seine Uhr, als ob er es überprüfen wollte.
    »Wer hätte genügend Zeit gehabt?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort kannte. Trotzdem wollte ich, dass Jacob es aussprach. Dadurch würde es erst real - oder besser gesagt - surreal werden.
    »Hangerman, Kyle. Er hätte genug Zeit gehabt, herzukommen und Olsen den Schädel einzuschlagen.«
    Ich hatte Mühe zu verarbeiten, was ich da hörte. Kyle war zwar ein Poser, aber ich war mir ganz sicher, dass er nicht fähig war, einen Men-schen zu töten. Dafür war er viel zu feige. »Was soll Kyle denn gegen Christian gehabt haben?«, fragte ich.
    Jacob zuckte die Achseln. Für ihn musste es eine alltägliche Geschichte sein. »Vielleicht hat Olsen ihn bei einem Deal verarscht.«
    Ich schüttelte den Kopf. Kyle würde garantiert niemanden wegen eines Häufchens Koks umbringen. »Das kann nicht sein.«
    »Olsen hatte mit ein paar ziemlich obskuren Personen zu tun«, erklärte Jacob. »Wir haben ihn - und seine >Freunde< - drei Monate lang beschattet.«
    Das brachte mich auf die Frage, ob Jacob auch mir zum Flughafen gefolgt war. Schließlich gehörte ich ja wohl zu Christians Freunden. Er nickte leicht, als ob er meine Gedanken gelesen hatte.
    Jan schüttelte den Kopf, als könne er die ganze Geschichte noch immer nicht glauben.
    »Kennen Sie eine Yassi Ahmet?«, fragte Jacob.
    »Eigentlich nicht«, begann ich. Ich wollte ihm gerade von ihrem Besuch erzählen, als er mir das Wort abschnitt.
    »Wir wissen, dass sie hier war«, warf er ein, während er sich wieder zurücklehnte. »Wir wissen alles über sie.«
    Warum hatte er dann noch gefragt? Und warum waren sie nicht heraufgekommen und hatten sie wegen Hausfriedensbruch und Nötigung eingesperrt?
    »Schon gut«, sagte er mit einer herablassenden Handbewegung. »Sie hat ein paar Einträge im Strafregister. Hauptsächlich wegen Waffenbesitzes und Prügeleien. Kneipenschlägereien ... wegen ihrer anarchistischen Ansichten.« Jacob grinste schief. »Bislang sind keine Morde oder Verstümmelungen dabei. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen dem Walross, das sie im Schlepptau hat. Das ist ihr Cousin. Ein Chiropraktiker aus Queens.«
    Falls er versuchte, mich zu beruhigen, so war er dabei nicht besonders erfolgreich. Wie er mich ansah, wie seine Augen funkelten. Er schien alles zu wissen.
    »Die Verletzung an Olsens Kopf«, fuhr er nüchtern fort, »deutet auf eine sehr kräftige Person hin.« Er knöpfte seinen Trenchcoat auf; er hatte sich bisher nicht die Mühe gemacht, ihn auszuziehen.

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