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alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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aber nicht. Es machte mir Sorgen. Zählte Malcolm zu den Verdächtigen?
    »Ich hab ihnen gesagt, dass ich mit meiner Muse gerungen habe, nicht mit einem blonden Nazi.« Malcolm lachte über seinen eigenen Scherz. »Sie haben ewig gebraucht, um zu begreifen, was ich gemeint hab. Wahrscheinlich dachten sie, >Muse< sei irgendein Frauenname. Natürlich«, erzählte er weiter, »haben sie versucht, Schlüsse zu ziehen. Ich hatte schon verschiedene Zusammenstöße mit dem Gesetz ...« Er zwinkerte mir zu, als ob ich das lustig finden sollte. Tat ich aber nicht.
    »Was für Zusammenstöße?«, fragte ich.
    »Ach, Sie wissen schon«, sagte er mit einem Achselzucken. »Kinderkram ...«
    »Was denn zum Beispiel? Haben Sie beim Kiosk um die Ecke ein Mars geklaut?«
    Malcolm runzelte’die Stirn. »Sie sollten mich besser kennen.«
    Das war das Problem. Ich hatte das Gefühl, niemanden mehr richtig zu kennen. Vielleicht hatte ich das ja auch nie. »Was dann?«, fragte ich.
    Er seufzte. »Wenn Sie es wirklich wissen wollen«, sagte er und putzte sich die Nase mit einem Uralt-Taschentuch. »Es ging um einen kleineren Fall zum Thema Betäubungsmittelgesetz. Nichts Großes, das müssen Sie mir glauben.«
    Mir fiel es schwer, Malcolm mit irgendwelchen kleineren Fällen in Verbindung zu bringen. Ich überlegte, ob ich ihn weiter zu seinen Abhängigkeiten ausfragen sollte, aber er war mit seinen Gedanken schon woanders. Er sah sich im Restaurant um.
    »Malcolm«, sprach ich ihn an. Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Was ist passiert?«
    »Ach, nicht viel.« Er zündete sich wieder eine Zigarette an. »Gerade mal ein kleiner Klaps auf die Finger und ein Gastspiel in irgendeiner Betty-Ford-Klitsche ... aber mir geht’s wieder gut, wie Sie sehen.«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich das sehen konnte, aber ich nickte trotzdem. Inzwischen wusste ich, dass ich Malcolm wirklich nicht kannte. Und ich wusste nun auch, dass er ein Verdächtiger sein musste.
    Malcolm blickte auf seine Uhr. »Das ist die Letzte«, sagte er und wedelte mit seiner Zigarette herum. »Danach muss ich wieder zurück unter Tage.« Er kontrollierte die Rechnung und legte einen Zwanziger auf den Tisch. »Das geht auf mich«, sagte er. »Bald bin ich reich.«

Teil 3

29
    Ich wartete an der Ecke 58th und Fifth auf Jan. Er hatte mich gegen vier Uhr angerufen, um sich mit mir zu verabreden. Wir wollten einen langen Spaziergang machen - der Tag war für die Jahreszeit ungewöhnlich warm - und danach etwas essen gehen. Ich stand in einem Fleckchen schwindenden Sonnenlichts und beobachtete die Pferdekutschen, die zu meiner Linken vorbeizogen und ihren Geruch hinterließen. Vor mir erhob sich die Märchenschloss-Fassade des Plaza Hotels. Kreischende Bremsen und lautes Hupen zerrten an meinen Nerven. Jacobs Rat, ich solle mich von Kyle fernhalten, machte mir immer noch Sorgen. Ich musste immer wieder daran denken. Was sollte Kyle mit zwei gebrochenen Armen schon anrichten?
    Ich sah Jan von weitem auf mich zukommen, sein schneller Schritt war mir mittlerweile ganz vertraut. Er trug einen anthrazitfarbenen Flanell-Anzug und ein weißes Hemd. Keine Krawatte. Bewundernd sah ich ihn an, ganz wie das erste Mal, als ich ihm begegnet war; sein gutes Aussehen war immer wieder erstaunlich. Als er mich entdeckte, winkte er.
    »Tut mir Leid, dass ich so spät bin«, sagte er, als er fast bei mir war.
    »Du bist gar nicht spät.«
    Er küsste mich. »Hast du Hunger?«
    »Noch nicht.«
    »Willst du ein bisschen gehen?«
    »Es ist ein herrlicher Tag«, antwortete ich.
    »Ja«, stimmte er zu. »Ich hätte gar nicht fragen müssen.«
    Wir wanderten einen Weg entlang, der sich um einen Teich schlängelte. Es war ein schöner Ort, obwohl das Wasser sumpfig grün war und faulig roch. Eine einsame Ente brach die spiegelnde Oberfläche, tauchte ins Wasser, kam wieder heraus und schüttelte sich die Tropfen aus dem Gefieder.
    Jan lief, als müsste er irgendwo ankommen. Ich musste zwei Schritte machen, um mit einem von seinen mitzukommen. »Hast du es eilig?«, fragte ich.
    »Tut mir Leid«, antwortete er. »Ich bin einfach nicht daran gewöhnt, neben jemandem herzugehen.«
    »Und ich bin an mein Schneckentempo gewöhnt.«
    Jan lachte. Wir verfielen in einen lockeren Trott und seine gedämpfte Stimme, die von seinem abenteuerlichen Tagwerk im Diamond District erzählte, lullte mich ein. Der Himmel verblasste zu einem staubigen Grau. Irgendwie war es romantisch. Ich überlegte, ob ich Jan sagen sollte,

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