Alle meine Schaefchen
breitmacht.
»Ich brauch’ Veränderung«, sagte sie zu mir. »Ich muß mal weg von jammernden Hühnern, Milchkälbern und deinen kostbaren Kühen, muß mal wieder interessante Menschen sehen, elegante Orte besuchen und mich über exotische Dinge unterhalten.«
Ihr Ansinnen war zwar schrecklich, aber als pflichtbewußter Ehemann holte ich das Familienauto aus der Garage und fuhr sie zum Markt.
»Dies ist nicht das, was ich mir darunter vorgestellt hatte«, sagte sie mit Nachdruck, als der Austin 1800 den Weg hinaufholperte.
Als ich Überraschung vortäuschte, fing sie an zu brummen, daß sie eines schönen Tages wieder zu sich selbst zurückfinden werde. Aber dann, etwa auf halbem Wege, fing sie plötzlich an zu strahlen und verkündete: »Ach, wie dumm von mir, nicht zu merken, daß du mich an der Nase herumführst. Wetten, daß du die ganze Zeit vorhattest, mit mir ins Bridge-Hotel zum Essen zu fahren? Ruth sagt, es sei zwar sehr teuer, aber auch hervorragend.«
Es war ihr eine Genugtuung, mich zusammenzucken zu sehen.
Shirleys Proteste durfte man nicht für bare Münze nehmen. Genauso wie ich hatte sie großen Spaß an dem Anblick des bunten Durcheinanders, den Auktionen und Ausstellungen von Vieh boten. Sie waren voller Leben und Bewegung. Käufer, Verkäufer und kundige Zuschauer drängelten und stießen sich mit den Ellenbogen, um die besten Plätze zu erhalten; freundlich und spaßend gingen sie zwar miteinander um, aber doch jederzeit auf der Hut, nicht etwa zu viel zu bezahlen oder zu billig zu verkaufen. Rotgesichtige Schlachter standen neben Großgrundbesitzern mit Jagdmützen und Baufern mit vom Wetter gezeichneten Gesichtern in Sportsakkos, während der Auktionator von seinem Rednerpult oder vielleicht von dem schmalen Brett her, das man über die Schafsgehege gelegt hatte, auf alle Anwesenden herunterstrahlte, wie eine Figur auf einem alten Gemälde. Obgleich Lastwagen, Kleintransporter und Personenwagen hin und her fuhren, mit den Motoren großen Lärm verursachend, während man das Vieh herbeischaffte oder wegfuhr, obgleich man jetzt Rechenmaschinen im Büro des Auktionators besaß, Telefone klingelten und Lautsprecher brüllten, trotz alldem war auf wunderbare Weise noch etwas von der Atmosphäre eines mittelalterlichen Jahrmarkts bis in unsere Zeit erhalten geblieben.
Doch jeder Bauer weiß es: das Herz eines solchen Marktes ist die Caféteria, wo man sich hinsetzen, eine Tasse Tee genießen und sich ein Sandwich oder ein Stück Kuchen schmecken lassen kann, während man mit Freunden über die letzten Neuigkeiten plaudert oder seine Meinung zu bestimmten Dingen kundtut. Wohin sonst hätte ich meine Frau ausführen sollen? Nachdem wir also das Auto geparkt hatten, machten wir beide uns in Richtung zu diesem >Fleischtopf< auf den Weg, wobei ich den zusammengerollten Regenschirm, auf den sie bestanden hatte, weil es vielleicht später regnen könnte, unter dem Arm trug.
In großer Anzahl waren unsere Freunde dort anwesend. Sobald wir eintraten, winkte uns Tall Stan, mein >Ratgeber in Auktionsfragen<, mit weit ausholenden Armbewegungen zu, um auf sich aufmerksam zu machen und darauf hinzuweisen, daß Aaron vorn am Tresen gleich drankommen würde.
»Tee oder Kaffee?« fragte ein gutmütiger Bauer aus dem Hügelgebiet.
»Tee bitte«, antwortete Shirley.
Er gab unsere Wünsche an das Servierfräulein weiter und sagte dann zu mir: »Sie könnten uns beim Tragen helfen, während Ihre Missus sich schon einen Platz sucht.«
Als wir mit den acht Tassen an den Tisch kamen, war Shirley bereits mit Ria, Aarons hübscher, rundlicher Frau eifrig beim Diskutieren, wie man am besten Hasenbraten mit Holzapfelgelee zubereitet.
Henry Rawlins, ein ruhiger Mann mit schütterem Haar, lächelte uns nickend zu. Tall Stan zeigte auf einen hoch aufgeschossenen jungen Mann: »Mein Sohn, Lloyd.«
»Wo steckt euer John?« fragte uns Howard, der untersetzte Ex-Feldwebel, der für uns, seit wir mit der Landwirtschaft hier begonnen hatten, ein zuverlässiger und guter Freund geworden war.
»Er bekommt von Freunden Besuch, woll’n sich mit den Gewehren ein wenig umsehen«, entgegnete ich ihm.
Er grinste zurück: »Ich wette, daß die junge Joan Price mit dabei ist.«
Shirley hielt in ihrer Unterhaltung inne und fragte: »Warum hast du das gesagt?«
Howard köpfte mit seinem Teelöffel auf die Tischplatte und lachte sie an: »Die beiden haben Augen füreinander, oder ist dir das noch nicht aufgefallen?«
»Ist sie
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