Alle meine Schaefchen
haben das gesamte Vieh im Stall, außer den Schafen und einigen Fleischrindern. Es kann kein großer Schaden angerichtet werden.«
»Frühling ist nicht mehr weit«, versicherte er mir und fuhr davon.
Sofort nach meiner Rückkehr kümmerte ich mich um Clara. Steif und leblos lag ein zu früh geborenes Kalb auf dem Stroh, die Kuh leckte es und versuchte, es mit Nasenstübern zum Auf stehen zu bringen. Ein trauriger Anblick. Etwas krampfte sich in mir zusammen, und ich fühlte mich plötzlich müde.
Ich kniete mich hin, um das bedauernswerte Wesen näher zu untersuchen. Es hatte sich nicht voll entwickeln können, seine Hufe waren weich und ohne Form und es hatte fast gar kein Fell. John kam herbei und beobachtete mich.
»Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht. Die Kuh verhielt sich merkwürdig heute morgen, deshalb hab’ ich sie hier reingebracht. Als ich wieder zurückkam, war bereits alles vorbei.«
Er sah etwas genauer hin. »Ein Stierkalb.«
»Was vermutest du?«
»Wahrscheinlich Bruzellose«, erwiderte er und sprach damit meine Befürchtung aus.
»Kann sein«, stimmte ich zu. »Wir können nichts tun.«
Er holte den Schubkarren, und ich half ihm, das Kalb hineinzulegen. »Es ist besser, wenn wir die Kuh hier behalten und das Kalb erst mal in ein anderes Gehege legen«, meinte er.
»Tu, was notwendig ist«, sagte ich und überließ ihm die Angelegenheit.
Shirley beobachtete mich, als ich mir die Hände in der Küche mit heißem Wasser wusch, das sie bereitgehalten hatte.
»Ist etwas passiert?«
»Clara hatte eine Frühgeburt. Wir haben ein gutes Kalb verloren.«
»Wodurch kam das?«
Eine schmerzliche Frage. »Wer weiß? John meint, es sei Bruzellose. Wahrscheinlich hat er recht.«
Sie stellte vor mich einen Teller mit zwei Spiegeleiern und einer dicken Scheibe selbstgeräuchertem Schinken hin, als ich mich an den Tisch setzte.
»Und was ist Bruzellose?«
»Krankhafte Frühgeburt. Ist übrigens ansteckend und kann sich im Nu auf eine gesamte Herde ausbreiten.«
»Vielleicht solltest du dann lieber den Tierarzt rufen, um ganz sicher zu sein, um was es sich handelt.«
Ich zögerte. Offensichtlich war das am vernünftigsten, aber tatsächlich hatte ich große Angst, daß unsere Befürchtungen bestätigt werden würden. »Rufst du ihn an?«
Sie ging zum Telefon und überließ mich meinem Frühstück, das ich voller Selbstmitleid schweigend hinunterwürgte.
Später wurde uns bewußt, daß der Tierarzt Ted Gray der erste Besucher gewesen war, der nach fünf Tagen zu uns den Weg heruntergefahren kam. Beim Anhalten schlitterte sein Auto etwas, aber der große Mann aus Wales stieg lachend aus.
»Das erinnert mich an Rodelpartien, die wir als Kinder gemacht haben.«
»Der Weg ist schon nicht mehr so gefährlich wie vor ein paar Tagen«, versicherte ich ihm. »Auf die ärgsten Stellen haben wir Kies gestreut.«
»Sie sollten eine Annonce in die Zeitung setzen: >Ferien auf dem Bauernhof mit Wintersportmöglichkeiten<. Sie würden ein Vermögen damit verdienen«, sagte er, als John ihn zu dem toten Kalb führte.
»Es hatte keine Chance zu überleben«, meinte er, nachdem er den Kadaver kurz untersucht hatte. »Manchmal bleibt ein Siebenmonatskalb am Leben, sogar öfter als ein Achtmonatskalb, aber dieses hier, nehme ich an, war schon bei der Geburt tot.«
»Glauben Sie, es ist Bruzellose?«
»Zunächst sieht es fast so aus, aber ich werde eine Blutprobe von der Kuh mitnehmen. Es ist besser, wenn Sie sie von den anderen Kühen getrennt halten, bis die Nachgeburt da ist, und beobachten, ob Eiter auftritt. Meistens dauert das acht bis zehn Tage. Selbst wenn es Bruzellose ist, sollte sie danach eigentlich für den Rest der Herde keine Ansteckungsgefahr mehr bedeuten, und ihr nächstes Kalb kann durchaus gesund geboren werden.«
»Gesetzt den Fall, die anderen Kühe haben sich bereits angesteckt, was dann?«
»Dann müssen sie Löcher für die Kälber graben«, entgegnete er ernst. »Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich. Wir können Blutproben entnehmen und sehen dann weiter. Die schnellste und sicherste Art ist das Aussondern des Merzviehs, aber wir können auch dagegen impfen. Ich habe das schon einmal in einem anderen Fall mit Erfolg gemacht, doch es braucht Zeit.«
Nach einer kurzen Diskussion einigten wir uns, daß er die übrige Herde impfen sollte.
Er kam mit ins Haus, um sich zu säubern und die Hände zu waschen, bevor er zur nächsten Adresse fuhr, aber Shirleys Angebot einer Tasse
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