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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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wir bereits anläßlich des Froschunterrichts bei uns kennengelernt hatten und dessen Vater die Henfield-Farm gehörte. Sie waren bei der erstbesten Möglichkeit aus dem Auto der Eltern rausgesetzt worden. Es folgte der obligatorische Austausch von lustigen Bemerkungen, eine Menge Geschubse und Geschiebe — und dann konnte das Festmahl beginnen. Unsere Schweine wären neidisch geworden, hätten sie sehen können, mit welcher Geschwindigkeit die kleine Gesellschaft die Tische leerputzte.
    Abgesehen von meinen Pflichten als unermüdlicher Servierer, war ich noch verantwortlich für das Unterhaltungsprogramm, zusammen mit Susan, die mir beistand. Es war geplant, daß wir mit einer Führung durch die Gebäude beginnen sollten, damit Shirley und Vicky in der Zwischenzeit die Tische abräumen und die Essensreste auffegen konnten. Von Anfang an lief es schief.
    Das Kontingent Kinder, das nicht mit der Landwirtschaft zu tun hatte, mochte vielleicht von unserem Viehbestand beeindruckt sein, aber die anwesenden Bauernsöhne ließen mich frisch und frei wissen, daß ihre Väter, Brüder, Onkel und sogar ihre Tanten bessere Kälber und fettere Schweine hätten als ich. Mehrere Streitfragen waren zu hören, wer nun mit Bestimmtheit die besten Kälber und die fettesten Schweine besaß, und es kam zu heftigen Wortgefechten. Ich machte dem ein Ende und begann, sie über den Viehhof zum Haus zurückzuführen.
    Unterwegs zog Denzil Davies ein Hühnerei hervor. »Mr. Holgate, ein Ostergeschenk für Sie.«
    Der Streich war zu offensichtlich, daß ich eigentlich darauf hätte gefaßt sein müssen. Die übrigen Kinder waren es, es herrschte unheilvolles Schweigen. Ich aber streckte die Hand aus, um das Geschenk in Empfang zu nehmen. Statt dessen rief er: »Auffangen!« und warf das Ei in die Luft. Halb erwischte ich es, jonglierte damit herum, und dann verlor ich es doch wieder. Es klatschte neben meinen Füßen auf den Boden und bespritzte meine Schuhe mit einer übel stinkenden Masse. Alle, mein Sohn eingeschlossen, fanden den Witz irrsinnig komisch. Ich zwang mich, der allgemeinen Heiterkeit mich anzuschließen, um zu zeigen, daß ich kein Spielverderber sei. Mit einem Büschel Heu wischte ich die Schuhe sauber. Doch das war nur ein Vorgeschmack von den Dingen, die uns noch erwarteten.
    Drinnen versuchten wir, sie mit zivilisierten Spielen in Schach zu halten. Aber >Wattepusten< und >Hänschen, sag mal piep< waren nicht gerade die richtige Kost für kräftige, gesunde Kinder, die sonst frei über Felder und Weiden toben konnten. Irgendeiner schlug Versteckspielen in allen Gebäuden vor. Das war schon eher nach ihrem Geschmack. Sie stoben davon, um Verstecke zu finden. Susan und ich mußten dableiben und bis hundert zählen, bevor wir uns auf die Suche machen durften. Es wurde sehr schnell deutlich, daß sich Denzil als Genie entpuppte, wenn es ums Verschwinden ging. Unsere erste Suchaktion wurde eine volle Pleite, da wir zugeben mußten, drei kleine Mädchen einfach nicht aufstöbern zu können. Sie krochen aus dem Kohlenkeller hervor, wo hinein Denzil sie gesteckt hatte. Hände, Gesicht und Haare waren mit dem gleichen Kohlenstaub bedeckt, der auch ihre Kleider, Schuhe und Strümpfe zierte. Shirley bearbeitete sie mit Wasser und Seife, und der Kohlenkeller wurde daraufhin als >verboten< erklärt. Ich schlug auch noch ein anderes Gesellschaftsspiel vor, aber niemand wollte davon etwas wissen. Sie amüsierten sich viel zu gut!
    Also wurde noch weiter >Verstecken< gespielt, und Denzil beherrschte absolut die Szene. Wer würde darauf kommen, daß man ein süßes sechsjähriges Mädchen in einer staubigen Futtertonne suchen müßte, oder daß ein kleiner Junge mucksmäuschenstill unter einem Haufen braunen, verfaulten Strohs liegen könnte? Unser kleiner Gast sonnte sich freudig in seinem Erfolg.
    Aber die Schicksalsgöttinnen verlangten auch ihren Sold für die gewährte Gunst, und Master Davies erhielt schließlich seine Rechnung.
    Das Kuhgehege war, zwar verbotenes Territorium, aber das hinderte unseren Springinsfeld keineswegs, doch hineinzugehen. Der Boden bestand aus Lehm und senkte sich nach dem Tor hin etwas ab. Durch das ständige Kommen und Gehen der Kühe war eine Vertiefung in dem Boden entstanden, die sich mit einer glitschigen Mischung aus Kot und Matsch gefüllt hatte. Eine dünne Strohdecke versteckte diese Stelle, aber wir wußten, sie war dort, und machten einen Bogen darum.
    Denzil allerdings hatte davon keine Ahnung.

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