Alle Menschen sind sterblich
das Gesicht.
«Er ist gerettet», sagte ich. «Du brauchst nicht mehr zu weinen.»
«Ich sehe, daß er gerettet ist», sagte sie. Sie blickte mich an, ich sah Haß in ihren Augen stehen.
Ich brachte Antonio zu Bett, Beatrice war mir gefolgt, und als er die Augen aufschlug, ruhte auf ihr sein Blick.
«Ich bin nicht hinübergekommen», sagte er.
Sie beugte sich zu ihm: «Morgen kommst du hinüber», sagte sie leidenschaftlich.
«Nein», rief ich, «bist du von Sinnen?» Nun beugte auch ich mich über ihn: «Schwöre mir, daß du es niemals mehr versuchen wirst.»
«O Vater!»
«Schwöre es mir. Im Namen alles dessen, was ich für dich getan habe, im Namen deiner Liebe zu mir, schwöre es.»
«Gut», sagte er, «ich schwöre es dir.»
Er schloß wieder die Augen. Beatrice wandte sich ab und ging langsam hinaus. Ich blieb bei ihm am Bett, und lange betrachtete ich die glatten Wangen, die frischen Lider, das Antlitz meines geliebten Sohnes. Ich hatte ihn gerettet, aber ich hatte nicht machen können, daß er den See durchschwamm. Vielleicht weinte Beatrice mit Recht. Jähe Angst befiel mich: wie lange gehorcht er mir noch?
Am Fuße der Zypressen und der Eibenbäume, auf den rosigen Terrassen stand flimmernd der Sommer selbst; er spiegelte sich in den Marmorbecken, er rauschte in den Falten der seidenen Gewänder, und sein Duft stieg von Elianes golden schimmernden Brüsten auf. Die Stimme einer Viola,versteckt in den Buchengängen, durchbrach allein die Stille; im gleichen Augenblick sprang ein Strahl lebendigen Wassers aus der Mitte jedes Brunnens hervor.
«Oh!»
Ein Raunen lief an der Brüstung der Terrasse entlang, die Frauen klatschten in die Hände. Aus dem Herzen der glühenden Erde schossen winzige Kristallgebilde zum Himmel auf; die schlafenden Wasserspiegel kräuselten sich und lebten; frisches, kühles Wasser war da.
«Oh!» sagte Eliane. Ihr duftender Atem streifte mein Gesicht. «Was für ein Zauberer du bist!»
«Was ist das schon?» sagte ich. «Doch nur Wasserspiele.»
Das Wasser rann in Stürzen durch künstliche Felslandschaften, es gurgelte und lachte, und dieser lachende Ton klang in meinem Herzen wider mit kleinen, trockenen, harten Stößen: nichts als Wasserspiele!
«Die Kaskade! Bianca, schau die Kaskade an.»
Antonio hatte die Hand auf die volle Schulter einer der jungen Frauen gelegt; ich sah, wie sein Gesicht vor Vergnügen strahlte, und das böse Lachen in mir schwieg. Ich hatte ja nicht nur diese lächerlichen Wasserspiele geschaffen: dies Leben, diese Freude waren auch mein Werk. Antonio war schön, er hatte die schimmernden Augen seiner Mutter und das stolze Profil der Fosca. Er war weniger derb als die Männer der vergangenen Jahrhunderte, aber sein Körper war beweglich und geschmeidig. Er streichelte eine Schulter, die gern seiner Hand sich fügte, und er lächelte zu dem fröhlichen Murmeln des Wassers. Es war ein schöner Tag.
«Vater», sagte er, «habe ich noch Zeit, eine Partie Ball zu spielen?»
Ich lächelte. «Wer mißt dir deine Zeit denn zu?»
«Warten denn nicht die Abgesandten von Rivello auf uns?»
Ich blickte zum Horizont, wo die Bläue des Himmels sichaufzulösen begann; bald würde sie verschmelzen mit der rosigen Erde. So wenige Sommer, dachte ich, hat er nur zu leben; soll er sich diesen schönen Abend entgehen zu lassen?
«Du willst wirklich dabeisein, wenn ich sie empfange?»
«Aber sicher.» Das junge Gesicht war hart geworden. «Ich habe sogar eine Bitte.»
«Sie ist im voraus gewährt.»
«Dann erlaube mir, daß ich sie allein empfange.»
Ich riß einen kleinen Zypressenzweig ab und zerpflückte ihn. «Allein? Aber warum das?»
Antonio errötete. «Du sagst, du ziehst mich zur Regierung hinzu. Aber nie erlaubst du mir, etwas selbst zu entscheiden. Ist es dir denn nicht ernst damit?»
Ich biß die Lippen zusammen. Der makellose Himmel war mit einemmal bleiern schwer geworden wie ein Gewitterhimmel.
«Es fehlt dir noch an Erfahrung», sagte ich.
«Soll ich warten, bis ich zweihundert Jahre hinter mich gebracht habe?»
In seinen Augen stand das gleiche Feuer, das einst in Tankreds Augen brannte.
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter: «Ich würde dir gern die Macht überlassen, sie lastet nur auf mir. Aber glaube mir: sie bringt dir nichts als Sorgen.»
«Das gerade will ich ja», rief Antonio begierig aus.
«Ich habe dein Glück gewollt», sagte ich. «Hast du denn nicht alles, was ein Mensch sich wünschen kann?»
«Was nützt
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