Alle Naechte wieder
Firmenaufschrift „Quinn Electric“ in der Auffahrt der Burkes auftauchte.
Da nun einmal ein echtes Geheimnis noch reizvoller ist als Klatsch, schien die Taktik aufzugehen. Anna lebte in dem Glauben, ihre Tochter unterhalte eine aufblühende Beziehung zu Scott Quinn, die Leute hörten auf, bei Anna anzurufen, und die wiederum stellte ihre Kontrollanrufe ein.
„Da wir gerade beim Thema sind“, warf Chloe ein. „Was hast du denn deiner Familie von mir erzählt?“
Er zuckte die Achseln. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich bei euch die Elektrik auf Vordermannbringe.“
„Oh.“ Die ernüchternde Antwort versetzte ihr einen kleinen Stich. Er schien zu merken, dass etwas nicht stimmte.
„Ich dachte, das wäre das Unkomplizierteste.“
„Das heißt, sie haben noch gar nichts von dem Tratsch mitbekommen, den es über uns gibt?“
„Doch, haben sie, aber ich habe ihnen erklärt, dass das nur der Vorwand für deine Mutter ist, weil wir die Überraschung für deine Eltern geheim halten wollen.“
Das war deutlich genug. Er hatte sie damit den Menschen gegenüber, die ihm am nächsten standen, gewissermaßen verleugnet. Und entgegen aller – vermutlich vergeblichen – Bemühungen, Gefühle aus ihrer Beziehung herauszulassen, tat das weh.
„Schau mal“, fuhr er fort, „meine Familie ist seit geraumer Zeit hinter mir her, dass ich endlich häuslich werde. Wenn sie Wind davon bekommen, dass wir … einen Weihnachtsflirt haben, lassen sie uns keine Ruhe mehr. Sie sind imstande und schieben dir Hochzeitsmagazine unter der Tür durch, und das ist nicht das, worum es bei uns geht.“
Nein, war es nicht. Das musste sie sich immer nur vor Augen halten. „Na ja“, meinte sie leichthin, „es hat tatsächlich keinen Zweck, ihnen falsche Hoffnungen zu machen.“
Als das Essen auf den Tisch kam, war sie sehr darauf bedacht, das Gespräch wieder auf die Weihnachtseinkäufe zu lenken. Auch wenn der Spaß, mit Scott zu shoppen, so etwa nach dem sechsten Geschäft stark nachgelassen hatte, war das Thema immer noch besser, als über ihre Beziehung nachdenken zu müssen. Oder über ihre Nicht-Beziehung, die es wohl eher war.
Es gab nur eine Möglichkeit für sie, das unbeschadet zu überstehen, und das hieß, sie musste ihre Gefühle im Zaum halten und sich darauf konzentrieren, die schöne, die körperliche Seite so lange auszukosten, wie es dauerte. Nur so konnte sie verhindern, dass ihr das Herz brach.
Hoffentlich ist es dafür nicht schon zu spät.
Als Scott zum dritten Mal seinen Daumennagel traf, ließ er fluchend den Hammer fallen. Kabelklammern einzuschlagen, war nun wahrlich keine Wissenschaft, aber nicht einmal das brachte er an diesem Tag fertig.
Während ihrer Shoppingtour hatte er Chloes Gefühle verletzt. Er hatte es ihr angesehen. Es war wie ein flüchtiger Schatten gewesen, der ihr übers Gesicht huschte, dabei hatte sie ihr Bestes getan, es zu verbergen. Als sie sich für einen Moment unbeobachtet glaubte, hatte sie sich jedoch verraten. Seitdem beschäftigte ihn das. Er wusste nur nicht, was er tun sollte.
Die einzige Erklärung, die er dafür hatte, war die, dass er seiner Familie nicht die volle Wahrheit über sie gesagt hatte. Trotzdem konnte er sich keinen Reim darauf machen, was sie daran so kränkte. Nur zu gern würde er sie zum Essen zu seinen Leuten einladen, sie seinen Eltern, die sich vielleicht noch an sie erinnerten, und seiner Schwester vorstellen. Zu gern würde er ihr dabei zusehen, wie sie auf dem Boden hockte und mit Bethany mit Puppen spielte.
So weit durfte er es aber nicht kommen lassen. Seine Familie wäre natürlich begeistert, dass er endlich eine Frau gefunden hatte, die er wirklich mochte, da konnte er nicht so tun, als existierte das Problem nicht, dass sie in Boston lebte und für das Leben in einer Kleinstadt nicht geschaffen war. Das musste mit Enttäuschung bei seinen Leuten und einem gebrochenen Herzen bei ihm enden.
Er bewegte sich auf sehr dünnem Eis mit dem Gedanken, er und Chloe könnten einfach nur sorglos Sexmiteinander haben, einen Weihnachtsflirt, flüchtig und unverbindlich. Schwer vorstellbar, wenn er den Arm um sie legte, während sie sich im Fernsehen die Folge einer alten Comedy-Serie ansahen und gemeinsam darüber lachten. Selbst Kojak war so weit, dass er schmollte, sobald es ohne Chloe wieder nach Hause ging. In diese Achterbahnfahrt der Gefühle musste er seine Familie nicht auch noch mitnehmen.
„Na, klappt alles?“
Erstaunt drehte er sich um
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