Alle Robotergeschichten
»General Kallner, wenn Sie nicht alle dreiundsechzig Roboter voneinander trennen, dann muß ich leider die Forderung stellen, daß alle sofort vernichtet werden. Ich lasse es nicht zu, daß solche Roboter, die sich nicht im inneren Gleichgewicht befinden, existieren. Wir haben bereits einen ›Nestor‹, der völlig aus dem Gleichgewicht geraten ist, elf weitere, die potentiell zur gleichen Gruppe gehören, und zweiundsechzig normale Roboter, die aber einer aus dem Gleichgewicht gekommenen Umgebung ausgesetzt sind. Die einzige absolut sichere Rettung ist, sie alle zusammen völlig zu vernichten.«
Das Summen eines Signals brachte sie zum Verstummen. Der Wirbel ihrer nicht mehr beherrschten Gefühlsregungen erstarrte plötzlich.
»Herein«, brummte Kallner.
Es war Gerald Black. Er sah verstört aus.
»Was ist los?«
»Jemand hat an den Schlössern der C-Abteilung des Handelsfahrzeuges herumgewirtschaftet. Sie zeigen frische Kratzer.«
»Abteilung C?« rief Calvin schnell. »Das ist doch die Abteilung, in der sich die Roboter befinden, ja? Wer ist das gewesen?«
»Die Schlösser funktionieren aber noch, was?«
»Jawohl. Es ist alles in Ordnung. Ich habe das Schiff jetzt vier Tage lang genau überwachen lassen, und keiner von ihnen hat versucht, herauszukommen. Ich dachte aber, Sie sollten es wissen, und ich wollte nicht, daß es allgemein bekannt würde. Die Kratzer habe ich selber bemerkt.«
»Ist jetzt jemand da, der das Fahrzeug überwacht?« wollte der General wissen.
»Ich habe Robbins und McAdams dort gelassen.«
Ein nachdenkliches Schweigen folgte. Dann sagte Dr. Calvin ironisch: »Na, was sagen Sie nun?«
Kallner rieb sich unsicher die Nase. »Was soll das Ganze?«
»Ist es nicht ganz offensichtlich? ›Nestor 10‹ hat die Absicht, zu verschwinden. Dieser Befehl, sich zu verlieren, beherrscht seine Anomalie stärker als alles andere. Ich wäre keineswegs überrascht, wenn das, was noch von dem Ersten Gesetz in ihm existiert, nur knapp ausreichte, um den Drang zum Verschwinden zu kompensieren. Er ist durchaus imstande, sich des Fahrzeuges zu bemächtigen und mit dessen Hilfe abzufahren. Dann haben wir einen verrückten Robot in einem Raumschiff. Was wird er nun wohl als nächstes anstellen? Wollen Sie die ganze Bande noch immer beieinander lassen?«
»Unsinn«, unterbrach sie Bogert. »All dies konstruieren Sie aus ein paar Kratzern an einer Tür.«
»Haben Sie, Dr. Bogert, die von mir verlangte Analyse fertig, da Sie ja hier solch feste und bestimmte Meinungen äußern?«
»Ja.«
»Darf ich sie sehen?«
»Nein.«
»Und warum nicht?«
»Weil es keinen Sinn hat, Susan. Ich habe Ihnen schon von Anfang an gesagt, daß diese modifizierten Roboter weniger innere Stabilität besitzen als die normale Sorte, und dies wird von meiner Analyse bestätigt. Die sehr kleine Möglichkeit eines Zusammenbruches unter äußerst extremen Umständen läßt sich nicht leugnen. Daß solche Umstände aber eintreten, ist nicht wahrscheinlich. Belassen Sie es bitte bei dieser Darstellung. Ich werde Ihnen bestimmt keine neuen Gründe liefern für Ihre absurde Forderung, daß zweiundsechzig vollkommen einwandfreie Roboter zerstört werden sollen, nur weil Sie nicht in der Lage sind, ›Nestor 10‹ unter ihnen herauszufinden.«
Susan Calvin schaute ihn an, bis er die Augen senkte. Ein Ausdruck von Abscheu lag auf ihrem Gesicht. »Sie werden es nicht zulassen, daß irgend etwas geschieht, das Ihrer Chance, Generaldirektor der Gesellschaft zu werden, Abbruch tut, was?«
»Bestehen Sie darauf, Dr. Calvin, daß es nichts anderes gibt, was man noch tun könnte?«
»Ich kann mir absolut nichts denken«, antwortete sie müde. »Wenn zwischen ›Nestor 10‹ und den normalen Robotern nur noch andere Unterschiede bestünden – Unterschiede, die nicht lediglich das Erste Gesetz betreffen. Selbst ein einziger würde genügen. Etwas bezüglich Indoktrination, Umgebung, Spezifikationen.« Sie brach plötzlich ab.
»Was ist los?«
»Mir ist da etwas eingefallen … Ich glaube … Diese modifizierten ›Nestors‹, Peter – die erhalten doch die gleiche Belehrung wie die normalen, was?«
»Jawohl, genau die gleiche.«
»Und was haben Sie gesagt, Mr. Black? Als Sie sich einmal über die Haltung von Überlegenheit, die die ›Nestors‹ zeigen, beschwerten, da sagten Sie doch, die Techniker hätten sie alles gelehrt, was sie konnten.«
»Jawohl, bezüglich Raumphysik alles. Die haben, wenn sie hierherkommen, von diesem
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