Alle Robotergeschichten
Tatsache konfrontiert zu werden, daß sie uns in der Robotik allem Anschein nach so weit voraus sind.«
Seine Augen blickten so offen und ehrlich wie bisher, aber die verborgene Schärfe in seinen Worten traf Lynn tief, und er erzitterte, wenn er an die möglichen Konsequenzen dachte. Natürlich, das würde auch den Umstand erklären, daß er als oberster Chef der Behörde für Robotik erst so spät und noch zudem durch einen Sicherheitsbeamten über die Vorgänge unterrichtet wurde. In den Augen der Regierung besaß er kein Vertrauen mehr; wenn tatsächlich die Robotik dafür verantwortlich war, daß der Kampf verlorenging, konnte er nicht auf Nachsicht hoffen.
Mürrisch sagte er: »Nehmen wir also einmal an, daß die Information richtig ist. Trotzdem besitzen sie keineswegs einen derartig großen wissenschaftlichen Vorsprung. Auch wir sind dazu imstande, menschenähnliche Roboter herzustellen.«
»Haben wir das bereits getan?«
»Ja. Das heißt, wir haben ein paar Modelle zu Testzwecken entwickelt.«
»So weit waren die anderen schon vor zehn Jahren. Sie sind uns also demnach mindestens zehn Jahre voraus.«
Lynn war verwirrt. War seine totale Ungläubigkeit gegenüber den Nachrichten vielleicht nur die Folge eines Gemischs aus verletztem Stolz und der Befürchtung, womöglich Beruf und Macht zu verlieren? Er konnte diese Möglichkeit nicht ganz ausschließen, was jedoch nichts an der Tatsache änderte, daß er sich zunächst einmal auf die Verteidigung verlegen mußte.
»Junger Mann«, begann er, »das Patt zwischen ihnen und uns war noch nie vollkommen ausgewogen. Sie waren uns vielleicht auf dem einen Gebiet etwas voraus, wir ihnen dafür auf einem anderen. Wenn sie nun gewisse Fortschritte in der Robottechnologie erzielt haben, heißt das eben auch, daß sie in letzter Zeit einen Großteil ihrer Bemühungen auf die Robotik konzentriert haben. Daraus folgt wiederum, daß wir auf anderen Gebieten intensiver gearbeitet haben müssen als sie . Es ist also durchaus möglich, daß wir bei der Kraftfelderzeugung oder der Hyperatomforschung die Nase vorn haben.«
Lynn war über seine eigene Feststellung bekümmert, aus der hervorging, daß das Gleichgewicht keineswegs perfekt war. Aber mit dieser Gefahr hatte die Welt nun schon seit über hundert Jahren gelebt. Ihr Bestand wurde nur dadurch gesichert, daß die Balance so fein wie möglich ausgependelt war. Neigte sich die Waagschale zu sehr in die eine oder andere Richtung, dann …
Schon zu Beginn des Kalten Kriegs hatten beide Seiten thermonukleare Waffen von solcher Vernichtungskraft entwickelt, daß eine militärische Auseinandersetzung vernünftigerweise völlig ausgeschlossen war. Der Wettstreit hatte sich auf das ökonomische und das psychologische Feld verlagert, wo er auch weiterhin munter ausgetragen wurde.
Aber nach wie vor unternahmen beide Seiten riesige Anstrengungen, die Pattsituation zu beheben, etwa durch die Schaffung einer Abwehrwaffe, an der jede Bedrohung zunichte geworden wäre, oder durch die Entwicklung eines Angriffssystems, dem keine Abwehr gewachsen wäre – alles lief darauf hinaus, einen Krieg wieder möglich zu machen. Und dies nicht etwa, weil die Parteien so kriegslüstern gewesen wären, sondern weil jede Seite in der beständigen Furcht lebte, daß der anderen die entscheidende Erfindung zuerst gelänge.
Dieser technologische Kampf war nun seit hundert Jahren unentschieden verlaufen. Und er hatte nicht nur eine ebenso lange Friedensperiode bewirkt, sondern auch gewaltige Fortschritte mit sich gebracht. Sozusagen als Abfallprodukte der intensiven Kriegsforschung waren erstmals Kraftfelder entwickelt worden, die Schädlinge und Insekten waren unter Kontrolle gebracht, Sonnenenergie wurde genutzt, die Roboter immer weiter perfektioniert. Beiden Seiten gelangen erste Erfolge in der Mentalik, wie man die Biochemie und Biophysik des Denkens bezeichnete. Beide Seiten verfügten über Stützpunkte auf Mond und Mars. Die militärische Spannung zwang die Menschheit dazu, mit Riesenschritten in die Zukunft zu marschieren.
Die beiden Blöcke waren sogar dazu gezwungen, ihre Untertanen so gerecht und menschlich wie möglich zu behandeln, da Grausamkeit und Tyrannei nur dem Gegner in die Hände gespielt hätten.
Es konnte einfach nicht wahr sein, daß dies alles nun nicht mehr gelten sollte und daß der Krieg bevorstand.
»Ich möchte einen meiner Mitarbeiter sprechen«, sagte Lynn. »An seiner Meinung liegt mir sehr viel.«
»Ist er
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