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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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dachte er, dass es besser wäre an der (frischen) Luft, aber es war nicht besser. Es wurde ihm schwindlig, und er war schon zu weit von zu Hause entfernt und die Suppenküche noch nicht geöffnet. Gleich werde ich ohnmächtig. Er musste sich an einem Kiosk eine Brezel kaufen. So etwas kann einem den ganzen Tag verderben. Die paar lächerlichen Kröten für das pappige Ding. Wütend und gierig die Zähne hineinschlagen, abreißen. So durch den Park gehen.
    Am Nordende bewährten sich zwei jugendliche Straftäter, säuberten die befiederte Schwanenstatue des Friedens. Der Geruch von Alleskleber und Lösungsmittel, Daunen wie späte Samen durch die Luft treibend. Kissendaunen, Gänse oder Enten, einpaar weiße Hühnerfedern dazwischen, und als Grundlage: viel Polyesterwatte. Ein weiblicher und ein männlicher Polizist standen zur Aufsicht dabei, sowie zwei Russen aus dem nahegelegenen Altersheim.
    Dort, wo ich herkomme, gibt es das als Studentenstreich.
    Bestimmt war es Uljanow, der Anarchist.
    Die alten Russen lachten.
    Sie sind Russen? fragte Konstantin mit der Brezel in der Hand.
    Bela, sagte der eine mürrisch, der andere schaute nur misstrauisch, dann gingen sie, unterhielten sich weiter, leiser als eben.
    Andere kamen und gingen, fotografierten die immer kahler werdenden Schwäne. Eine Hundesitterin stellte sich neben den Polizisten. Die Hunde unruhig im Geruch, den Federn. Als sich die Polizistin bückte, um einen Spaniel zu streicheln, ließ sich die Hundesitterin mit der Schulter gegen den Oberarm des Polizisten fallen. Kurz und leicht, als wäre es zufällig, ein kleines Ungleichgewicht, aber es war nicht zufällig. Einer der beiden Jugendlichen und der Passant K.T. haben es gesehen. Der Polizist ist fast zwei Meter groß und blond. Sie kaum einsfünfzig, schwarzhaarig. Ihre Schulter berührte ihn knapp oberhalb des Ellbogens. Die Kollegin richtete sich wieder auf, das Mädchen mit den Hunden ging. Konstantin, mit offenem Mund, starrte ihr hinterher. Dann zum Polizisten. Der Riese merkte, dass er ihn ansah, und schaute zurück. Als würde er mich hassen. Irgendwo hinter den Bäumen schlugen Kirchenuhren: viermal hell, zwölfmal dunkel, Blick, Blick. Als die Glocken zu läuten anfingen, gab der Bulle endlich auf. Erleichtert, ein wenig triumphal und dann wieder von neuem etwas besorgt wickelte Konstantin den Brezelrest in die mitverkaufte, durchgefettete, zu kleine Serviette, steckte ihn in die Hosentasche. Das sah lächerlich aus, aber was kannst du machen. Er ging.

    Als er bei der Speisung ankam, war man gerade dabei, die letzten Reste aus den Töpfen zu kratzen. Er hatte sich Zeit gelassen, der schlimmste Hunger war vorbei, außerdem wollte er nicht im größten Gedränge … Eine Weile lauerte er in den Büschen, aber von dort war nicht genug zu sehen, also trat er an den kaputten Trinkbrunnen, grätschte die Beine, damit ihm das Wasser nicht direkt auf die Schuhe lief. Einpaar Wassertropfen natürlich auch so. Die Sonne schien auf seinen grünen Pullover. Zu warm. Das ist, weil ich in einer Wohnung wohne, in der nicht einmal Fliegen überleben. Wenn ich aus dem Fenster schaue, kann ich nicht sehen, ob wir eine Hitzewelle haben oder Frost. Während er trank, untersuchte er aus dem Augenwinkel die Reste auf einem Plastikteller, den ein Obdachloser aufs Pflaster gestellt hatte. Nudeln mit roter Soße und Salat. Der Plastikteller wurde von einem Hund leer geleckt. Der Hund aß auch den Salat. Kurz vor der Suppenküche kamen ihm dann noch zwei Männer entgegen. Der eine leitete ein rostiges Fahrrad nebenher. Guter, süßer, grüner Tee, sagte er zum anderen. Der andere nickte.
    Wir haben nichts mehr, sagte die Frau in der Speisung. So eine strenge Gutmütige.
    Konstantin schaute in einen Topf. Nudelreste auf Aluminiumgrund.
    Sie sind kalt, sagte die Frau. Die Soße ist auch alle.
    Konstantin schaute in einen anderen Topf. An den Seiten waren noch Soßenreste und unten in den Ecken auch.
    Die strenge Frau besah sich die Konstellation ebenfalls, nahm schließlich (Seufzer) eine große Schöpfkelle Nudeln und warf sie in den quasi leeren Soßentopf. Stieß die Nudeln mit der Schöpfkelle hin und her, Aluminium auf Aluminium schrammend, bis sie überall einigermaßen rot waren. Sie wieder einzusammeln ist schwieriger. Es schmiert und reißt. Eine Schöpfkelle zerrissener Nudeln.
    Wo ist Ihr Gefäß?
    Mein Gefäß?
    Ihr Teller, Ihr Blechnapf, Ihre Plastikdose.
    Konstantin breitete die Arme aus. Nichts. In einer

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