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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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der Hosentasche. Abel hatte etwas zu essen geholt, was auf die Schnelle zu haben war, Brot, Milch, Karotten. ( Sürrealien zum Frühstück, sagt Omar und lacht.) Ich mag keine Karotten. Isst du sie halt nicht. Ein Aktenschrank stellte sich als Kühlschrank heraus, Abel holte irgendwas in Papier Eingeschlagenes hervor. Wurst. Sagt, er habe schon.

    Der Junge frisst wie ein Schwein, mit offenem Mund, man sieht seine große, rosa Zunge arbeiten. Er atmet durch das Gegessene, schlürft und gurgelt, als würde er es extra machen, oder es ist nur die Gier. Die Finger zittern, wenn er hier und da was abbricht. Unter den Nägeln ist es schwarz, die Haare sind verklebt, die ganze Kleidung von weißen Salzwasserspuren überzogen, am Hals Schmutzschlieren und Kratzer, an den Füßen ebenso, in den umgekrempelten Hosenbeinen Sand, Muschelbruch, klebrige Grassamen.
    Abel schaltete den Laptop ein. Ein Rücken sein, herumklicken – Was machst du da? Arbeiten –, um es nicht sehen und nicht hören zu müssen. Aber natürlich war es sehr gut zu hören. Gestern wie heute: ein Toben.
    Irgendwann war auch das vorbei.
    Fertig?
    Der Junge nickte, rülpste unterdrückt, würzige Würstchen in Milch und Salzwasser.
    Und jetzt?

    Wenn du willst, sagte Abel, begleite ich dich nach Hause.
    Der Junge rührte sich nicht. Fäuste in den Taschen, den Kopf zu Boden gerichtet. Was will er?
    Ich bleibe jetzt hier stehen, unter dieser Lampe, das ist mein Platz. Eigentlich will ich gar nicht hier bleiben, ich hab mir das, zugegeben, nicht genau überlegt – Alles in Ordnung? fragte Abel und kam näher –, ehrlich gesagt, bist du eine einzige Enttäuschung, andererseits …
    Danko?
    Es sah aus, als würde der Junge gleich in Tränen ausbrechen. Eine tröstende Berührung könnte helfen. Nehmen wir den Oberarm. Wen habe ich (Abel) das letzte Mal (so) berührt? Kaum war der kleinste Kontakt da, ließ sich der Junge fallen, wie gefällt, seine Stirn landete auf Abels Schultern, die Tränen durchdrangen sein Hemd. Was kann ich sagen, ihn halten, den Rücken streicheln vielleicht. Eine Minute oder so. Dann stellte sich der Junge wieder hin. Auf Zehenspitzen war er fast genauso groß, unsere Lippen auf einer Höhe. Lippen an Lippen, sein Atem, er ruhte sich aus, dann, mit neuem, zagem Schwung, schob er die Zunge hervor. Abel spürte sie: feucht und kühl, und schmeckte sogar für einen kurzen, vielleicht nur eingebildeten Moment: Pappeln, Dorfteich, Rauch, Sand, Muschelbruch, das billige Zitronensorbet, das sie sich an einer Tankstelle geteilt hatten, Salzwasser, Karotten, Würstchen und Trockenbrot - - - Er trat einen Schritt zurück. Der Junge hatte die Lippen noch nicht ganz geschlossen. Zwischen Oberlippe und Nase, in der Kuhle, glitzerte etwas.
    Tut mir Leid, sagte Abel. So geht das nicht.

    Arschloch! Danko faucht, reißt die Tür auf, lässt sie gleich wieder zufallen, Vorsicht, sonst hast du noch das Brett vor der Stirn!, stürmt durch die Mülltonnen, in denen der Fleischabfall verrottet, durch die Einfahrt, auf die Straße. Die große Schwüle schlägt ihn fast nieder, an einem Tag wie diesem setzen reihenweise die Herzen aus. Gleichzeitig fangen auch die Glocken zu läuten an, es ist Sonntag, Danko taumelt, läuft aber gleich weiter, das Stromkabel des Laptops (Rache oder Gewohnheit?) schleift hinter ihm her.
    Der Schweiß ätzt, die Seite sticht. Das Essen, beschissen genug war’s, liegt in Brocken irgendwo in seiner Mitte, weniger im Magen, eher, als hätte er es irgendwo danebengegessen, als rutschte es unter seiner Haut hin und her. Bröckeliger Druck im Darm. Am Ende werde ich stehen bleiben müssen, um zu scheißen. Fasst den rutschenden Laptop nach, jetzt schlägt der Stecker gegen die Wade, das tut weh, es macht ihn noch wütender, als er schon ist. Hätte lieber das ganze Geld aus der Dose nehmen sollen. Schaut sich um: hinter ihm vielleicht zwanzig Meter heißer Gehsteig und dann der Typ. Verzieht angestrengt sein dämliches Gesicht, kommt hinterher gerannt.
    Eine sechsspurige Straße kreuzt, in der Mitte eine Insel, man muss zweimal den Knopf für die Ampel drücken. Danko drückt nicht, er läuft, durch eine nicht allzu große Lücke zwischen den Autos. Am anderen Ufer hört endlich das Glockengeläut auf. Der Wind taumelt in niedrigen Böen zwischen den Häusern, bringt unlokalisierbare Geräusche: ein Bohren, ein Stück Musik, fremde Gerüche, Gewürze, Gestank, als wär’s von ganz weit weg. Aus einem offenen Fenster das

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