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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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und obwohl viel Muttersprachliches zu hören war – Das muss ja nichts Schlechtes sein –, eine gewisse frohe Erwartung. Abel saß, wie immer, auf einer kleinen, luftigen Insel am Rande des Gedränges, allein an einem Extratisch neben dem Bühnenaufgang.
    Eine Weile passierte nichts. Musik. Anfangs sind die Leute meist sehr aufmerksam, mit der Zeit, das lässt sich nicht vermeiden, fangen sie zu reden an, die Gläser machen auch Lärm, obwohl man sich fragt, ob die Bartender das absichtlich machen, dieses Geklappere. Ich bin gereizt heute, stellte Janda fest. Der Kopf tat ihm weh, die eigenen Trommelschläge, einpaar Mal kam er auch aus dem Konzept. Er schwitzte. Pause? fragte der aufmerksame Andre.
    Janda nickte, ging an die Bar. Muss was trinken. Er kam neben einem Cowboymenschen zu stehen, Holzfällerhemd und Jeans, darin die schmalsten Hüften der Welt, um den Hals trug er einen Lederbeutel, mit was darin: Heimaterde?
    He! Die Stimme, die Körperhaltung zeugten von einiger Alkoholisierung, aber der Blick war stechend und klar. He! sagte der Cowboy zu Janda. Spielt doch mal die Falken!
    Danke, sagte Janda zum Bartender und ging zurück auf die Bühne.
    Später, und gerade während eines waghalsigen Rhythmusexperiments, plötzlich: He! Spielt lieber die Falken!
    Er rief nie in den Pausen, immer nur während der Lieder. Erst lallte er nur etwas über die Falken, später kamen andere Wörter dazu. Hurensöhne, Wegelagerer, Simulanten, Verräter.
    Janda zu den anderen: Bin ich verrückt, oder hört ihr das auch? Kann sein, dass ich spinne, ich bin nicht der Frischeste heute.
    Die anderen bestätigten, dass sie den Typen auch hörten.
    Lass, sagte Andre. Wir hören drei Nummern eher auf und gut.
    Sie spielten weiter, die Stimme krakeelte weiter. Lautes Stöhnen, demonstratives Gähnen, und dazwischen: Drückeberger, Arschlöcher, Betrüger. Janda legte die Kanne beiseite, ließ Andre und Kontra allein weiterspielen, ging zum Veranstalter, bat ihn, den Mann, der nicht mehr an der Bar stand, wo ist er?, irgendwo hier, zu entfernen. Der Veranstalter, ein Mensch mit weichlichem Gesicht, die blonden Haare verdeckten seine Ohren bis zu den Ohrläppchen, nickte, aber es war ihm schon anzusehen, dass er nichts machen würde.
    Ob man den Verrückten vielleicht jetzt entfernen könnte, fragte Janda zwei Lieder später. Da zitterte ihm schon die Stimme.
    Wovon er rede, fragte der Veranstalter. Das hier sei ein Lokal, es gäbe nun einmal Geräusche.
    Janda sah sich um. Die Falken, Fotzeeurermutter! lallte die Stimme. Janda drehte sich in die Richtung, aus der sie kam. Immer, wenn er unsicher wurde, jauchzte die Stimme wieder auf, lockte ihn weiter ins Dunkel, hinauf auf die Galerie. Oben war noch mehr vom ehemaligen Kinosaal da, plüschige Stuhlreihen, vereinzelte Pärchen. Janda strauchelte im Dunkeln, die, die unten saßen, inklusive der Musiker und Abel, schauten herauf. Irgendwo lachte es schadenfroh. Janda wandte sich in die Richtung, und dann endlich sah er ihn. Die strähnigen Haare klebten ihm feucht im versoffenen Pferdegesicht, er grinste. Janda griff ihm mit seinen langen, knochigen Fingern an den Kragen.
    Hör zu, Pissgesicht, noch ein Ton von dir und ich schmeiß dich da runter, und dann geh’ ich runter und trete solange auf dir herum, bis du dich einscheißt, du mieser Wurm wärst der Erste nicht, haben wir uns verstanden?
    Nananananahaanaa, sang Andre unten.
    Ohne hinzuschauen wusste Janda, wie die Pärchen in den hinteren Reihen jetzt schauten. Er ließ den Kragen los und machte sich auf den Rückweg.
    Dreckiger Romadieb, feiges Faschistenschwein, sagte die Stimme hinter ihm.
    Worauf Janda mit demselben Schwung wieder umkehrte, den Kerl aus dem Sitz hob, ihn polternd aus der Sitzreihe und die enge Treppe hinunter schleifte. Der Penner wehrte sich nicht direkt, sagte auch nichts mehr, aber es dauerte eine ganze Weile und schlug großen Lärm, bis ihn Janda von der Galerie bis zur Hintertür gezerrt hatte. Nun achtete wirklich keiner mehr auf die Musik, Andre und Kontra traten mehr oder weniger auf der Stelle, aber aufhören war jetzt auch nicht möglich. Und, dann, auf einmal, fing der Cowboymensch doch tatsächlich zu singen an.
    Weine! johlte er. Weine nicht, traure nicht, rufe nur und …
    Andre, als er das hörte, legte das Instrument beiseite, aber noch bevor er losgehen konnte, hatte Janda den Typen schon aus der Hintertür in den Hof gestoßen. Alle Falken werden ihr Leben für dich geben! Rufe, rufe nur

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