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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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jetzt jede Urlaubsreise abzuschminken, nur weil diese Mutter ihren Sohn für sich allein beansprucht, das ist doch auch kein Zustand!«
    Filbinger beteuerte im ZDF, daß er als Marinerichter kein einziges Todesurteil gefällt habe. Aber mußte man nicht sowieso schon ein Charakterschwein gewesen sein, wenn man im Dritten Reich zum Marinerichter befördert werden konnte?
    Nach dem Spargelessen am Pfingstsonntag wurde Volker von einem pickligen Kumpel in Ledermontur abgeholt, mit einem Motorrad, das beim Starten einen irrwitzigen Lärm erzeugte. Mir wären bald die Ohren weggeflogen, obwohl ich mindestens zehn Meter weit entfernt auf der Terrasse stand. Was Papas Kreissäge so von sich gab, war im Vergleich dazu das reinste Wiegenlied.
    Abends konnte man John Wayne und Hardy Krüger bei der Großwildjagd zusehen, aber das war auf die Dauer keine überzeugende Alternative zum Onanieren.
    Am Pfingstmontag fuhr ich nach Rühle, Ralle besuchen. Wenn man auf dem Schullendamm die Umgehungsstraße unterquert hatte, ging links ein Radweg ab, der sich zwischen überirdisch gelben Rapsfeldern und Ems bis Rühle schlängelte, und man wurde beim Radeln förmlich von Frühlingsgefühlen durchströmt. Es roch überall so verheißungsvoll – ich hätte Kobolz schießen und Bäume ausreißen können oder mich am besten gleich mit Michaela Vogt im Klee wälzen gewollt. Oder wenigstens mit ihr am Emsufer gepicknickt.
    Ralle saß in seinem Zimmer und lauschte der Tonbandaufnahme eines Stücks seiner Lieblingsband Yes. An den Wänden hingen mehrere große Gemälde seines fünf Jahre älteren Bruders Guntram, der in Bremen Kunst studierte: Vornehmlich sah man da überdimensionierte Augäpfel, menschliche Embryos und durchs Weltall schwebende Totenschädel.
    Ich hatte mich noch gar nicht hingesetzt, als Ralle von seiner Mutter nach unten gerufen wurde, zu seinem Kaninchenstall. Ich stiefelte mit hin. Da stand ein Mann, der in einem Sack einen Karnickelbock mitgebracht hatte, und dieses Männchen sollte nun Ralles Kaninchen befruchten. Das hatte wohl bereits spitzbekommen, welch hoher Besuch ihm ins Haus stand, denn es sprang aufgeregt von einer Ecke in die andere. Und der Karnickelbock erst! Wie der zappelte und ausschlug! Der Mann hielt ihn mit festem Griff am Nackenfell gepackt, was wahrscheinlich gar nicht so einfach war bei einem Energiebündel wie diesem geilen Bock.
    Ralle entriegelte die kleine Stalltür, und dann ging’s ruckzuck: Es polterte kurz und heftig in dem kleinen Stall, durchs Drahtgitter flog Stroh nach draußen, und schon wurde der Rammler wieder am Genick gepackt und im Sack versenkt. Der Begattungsakt war eine Sache von Sekunden gewesen.
    »Das geht ja wie beim Brezelbacken«, sagte Ralle, und ein Geldschein wanderte von seiner Hand in die des Karnickelbockbesitzers.
    In seinem Zimmer zeigte Ralle mir ein Buch mit Fotos von Zuchtkaninchen, von denen die meisten abartig aussahen. Über eins mit Schlappohren im Format von Kofferdeckeln kriegten wir uns kaum ein vor Lachen.
    Er wollte dann noch angeln gehen, mit seinem Vater und irgendwelchen anderen Anglern. Dabei wäre ich mir ohne Angelschein und Angel fehl am Platze vorgekommen, und ich fuhr nachhause.
    An der Ampelkreuzung hinter der Emsbrücke hielt neben mir ein BMW mit offenen Fenstern und dröhnender Scheißmusik aus dem Autoradio.
    By the rivers of Babylon, there we sat down ...
    Der Fahrer ließ den Motor mehrmals aufheulen, obwohl er damit natürlich nicht weiterkam, solange die Ampel auf Rot stand. Dieser Affenarsch wollte nur mal eben alle anderen Verkehrsteilnehmer davon in Kenntnis setzen, daß er’s eilig hatte. Und daß er in der Lage war, mit seiner Karre tüchtig Krach zu machen. Ich sammelte Spucke im Mund, um sie auf den Beifahrersitz zu rotzen, doch bevor ich zur Tat schreiten konnte, wurde es grün, und der BMW schoß los wie ’ne Hornisse.
    Am Bahnübergang holte ich ihn ein. Da mußte er sich der Fahrer auch wieder gedulden, und das fiel ihm schwer. Er gab im Leerlauf wütend Gas. Ob der hier ortsunkundig war? Ich rollte mit dem Rad ein Stück zurück, um mir das Stadtkennzeichen anzusehen. KAR – was konnte das bedeuten? Kindermörder auf Reisen?
    Die Schranken waren noch nicht richtig oben, da bretterte der BMW schon drunterdurch und mit Karacho die Herzogstraße hinunter. Ich hoffte inständig, ihn noch einmal wiedersehen, als brennendes, an einem der Bäume am Straßenrand zerschelltes Wrack, doch dies Vergnügen war mir leider nicht

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