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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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fragte sie mich, aber da wäre ich nur über meine eigene Leiche hingegangen, und es war mir ganz recht, daß Gustav das Gespräch in andere Bahnen lenkte: »Diese Eiskunstläuferinnen, wieso wird den bei ihren Pirouetten eigentlich nicht schwindelig? Da würde ein normaler Mensch doch das Kotzen kriegen ...«
    »Wir danken Ihnen für diesen hochinteressanten Gesprächsbeitrag, Herr Müller-Lüdenscheid«, sagte Tante Dagmar, »aber nun kuck doch mal lieber wieder auf die Straße. Ich glaube, wir müssen hier gleich irgendwo rechts abbiegen ...«
    An der Nordseeküste unternahmen wir einen Spaziergang durchs Watt, mit hochgekrempelten Hosenbeinen und nackten Füßen. Auf Schritt und Tritt trat man dabei im Schlick auf Muscheln, Steine, Krebsgerippe und andere scharfkantige Objekte.
    Gustav fuhr abends wieder zum Picheln weg. Nach Wittmund, per Anhalter, ins Whisky a Gogo. Da lege, wie er gesagt hatte, ein italienischer Diskjockey namens Rio de Luca die Platten auf.
    Zur Erholung von dem Saufgelage brauchte Gustav am nächsten Vormittag doppeltkohlensaures Natron. Ich begleitete ihn zur Schloßapotheke. Das Natron kostete nur ein paar Pfennig, und als Gustav die Münzen mit zitternden Fingern aus seinem Portemonnaie herausklaubte, rief er aus: »Nej! Das is’ ja man preiswert, mein Fräulein!«
    Was ich selbst noch brauchte, war ein Geburtstagsgeschenk für Oma. Pralinen oder sowas in der Art.
    Beim Brauereifest durfte man die Fabrik besichtigen, in der das gute Jever Pilsener in Flaschen abgefüllt wurde. Da ratterten die Flaschen übers Fließband, zick zack zoing rattabong, und inmitten einer Menschentraube draußen stand der Bundesarbeitsminister Herbert Ehrenberg und unterhielt sich und soff dabei Bier aus der Flasche.
    »Das ist doch der Ehrenberg, oder ist er das nicht?«
    »Doch doch«, sagte Gustav, »das ist der Ehrenberg, und er ist tatsächlich kleiner als der Arbeitslosenberg.«
    In der Wanne gönnte ich mir einen Badezusatz mit dem Geruch von Rosmarin und rekapitulierte meine Brettspiele mit Oma: Elfmal hatte ich sie jetzt schon in Malefiz besiegt und sie mich nur einmal, und auch das nur dank der Güte eines gnädigen Geschicks.
    »Im Zeichen des Bösen« hieß ein Spielfilm, in dem der fette, alte Orson Welles einen versoffenen, korrupten amerikanischen Bullen spielte, der Beweise fälschte und auch Morde beging, wenn es ihm opportun erschien. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen diesem Bullen und Franz-Josef Strauß war nicht zu verkennen.
    Auf die Reise nach Hannover gab Oma Tante Dagmar eine Tüte mit butterbeschmierten Honigkuchenscheiben mit, und dann radelte Opa, weil er einen Anzug brauchte, zu einem Herrenausstatter beim Alten Markt.
    So macht es der Sohn, so macht es der Vater,
    sie gehen beide zum Kleiderberater.
    Das stehe da auf einem Wandschild, sagte Gustav.
    Papst Paul VI. war gestorben. Im Fernsehen wurde ein Amateurfilm gezeigt: Da konnte man ihn als kleinen Jungen herumrennen sehen, völlig unbeschwert von dem ganzen Gedöns um die Pille und das christliche Gebabbel über die Beziehung zwischen Mann und Frau.
    »Wenn der Filbinger schlau ist«, sagte ich zu Gustav, »dann tritt er morgen früh zurück. Dann würde er mit seiner Rücktrittserklärung in den Nachrichten nur unter ferner liefen vorkommen ...«
    »Warten wir’s ab«, sagte Gustav.
    Für ihren eigenen Geburtstagstisch in der Veranda hatte Oma im Garten einen Strauß Astern gepflückt. Von Opa kriegte sie eine neue Bratpfanne, von Gustav einen Brillenhalter und von mir einen Gutschein für ein Malefizspiel ohne Palisaden. Den löste sie noch am gleichen Tag ein, doch er brachte ihr kein Glück: Sie würfelte nur lauter Einsen und Zweien, während ich mit Riesensprüngen völlig ungehindert dem Ziel entgegenstrebte und gewann.
    »Mit Palisaden wär das nicht so glatt gelaufen«, sagte Oma. »Und ich wette, das hast du gewußt!«
    Aber was konnte ich denn für Omas Würfelpech?
    Mama kam mit Wiebke an und überreichte Oma eine Halskette als Geburtstagsgeschenk und dazu noch ein Dose Handcreme und einen Schal von Tante Therese. Von Wiebke erhielt Oma nur ein primitiv bemaltes und zu absolut nichts verwendbares Stück Holz.
    »Aber nun erzähl doch mal von England, liebe Inge!« rief Oma, und das ließ Mama sich nicht zweimal sagen.
    In London hätten sie den Tower besichtigt, mit Ausnahme der Kronjuwelen, denn da sei ihnen die Warteschlange zu lang gewesen, und in die National Gallery habe Wiebke erst gar nicht mit

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