Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
einer Dame verwandeln konnte, und mit dieser Dame und meinen zwei verbliebenen Türmen setzte ich Ralle in fünf Zügen matt.
Der südafrikanische Premier Johannes Vorster war zurückgetreten. Gut! Diesen miesen rassistischen Kotzbrocken hatte man ja nun öfter als genug durch die Fernsehnachrichten schwabbeln gesehen.
Wo der jetzt wohl seinen Ruhestand verbrachte? Ganz bestimmt nicht in ’ner Wellblechhütte, sondern höchstwahrscheinlich in einer Prunkvilla mit sechzehn Zimmern und einer marmorgefliesten Sonnenterrasse. Da brauchte er bloß mit den Fingern zu schnippen, damit die schwarzen Dienstboten angeschossen kamen, um dem alten Flegel die verwarzten Schweißmauken zu pediküren.
Hermann meinte, wenn er einer dieser Dienstboten wäre, dann hätte er keine Hemmungen, den Safe zu knacken, alle Wertpapiere an sich zu nehmen, den Hausherrn mit einem Arschtritt in seinen Pool zu befördern, der Frau des Hauses ihre Juwelen abzuverlangen, die ganze Bude bis auf die Grundmauern niederzubrennen, die Beute in Soweto an die Armen zu verteilen, sich als neuer Robin Hood feiern zu lassen und als Nationalheld nach einer Revolution die Regierungsgewalt zu übernehmen. »Und dann will ich natürlich selbst ’ne Villa haben! Und Dienstboten! Aber selbstverständlich nur weiße!«
In Musik ging’s um die enharmonische Verwechslung: Die Noten fis und ges zum Beispiel würden zwar gleich klingen, doch genaugenommen seien es zwei verschiedene Noten.
»Aber auf dem Klavier ist trotzdem nur eine Taste dafür da«, rief der Buddrich.
Anstatt mich über diesen Eierkopp aufzuregen, freute ich mich lieber auf Bio, weil ich da direkt hinter Annette Spengler saß. Die schrieb mehr oder minder alles mit, was der Kleinschmidt sagte, in einer leicht nach links geneigten Handschrift.
Dem Dralle wurde ein Lob zuteil, weil er gewußt hatte, was eine Übersprungshandlung war, und der Albers stimmte hinter mir in gedämpfter Lautstärke einen Song von den Beatles an.
Hey, you’ve got to hide your love away …
War das an mich gerichtet? Von meinen geheimsten Gefühlen konnte der doofe Albers doch gar nichts ahnen. Oder sah man mir das alles etwa an der Nasenspitze an?
Gleich nach dem Essen mußten wir zu dem Fotogeschäft an der Hubbrücke, um uns für die Ahnentafel fotografieren zu lassen.
»Nun kuck doch mal ’n bißchen freundlicher«, sagte Mama, als ich auf dem Drehstuhl saß, aber Papa hatte vorher auch nicht gerade gestrahlt wie der Weiße Riese.
An Oma Schlossers Stelle hätte ich auf die ganze Ahnentafel gepfiffen.
Die allerlustigste Szene in Stanley Kubricks spätabends gesendetem Spielfilm »Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben« war die, in der ein klappriger, im Rollstuhl sitzender Nazi vergeblich versuchte, seinen unwillkürlich emporschnellenden Arm daran zu hindern, den Führergruß zu entbieten.
Nach einer Schießerei in einem Wald bei Dortmund hatte die Polizei wieder zwei Terroristen geschnappt. »So werden die nun einer nach dem anderen aus dem Verkehr gezogen und eingelocht«, sagte Mama. »Mich erstaunt ja nur, wie lange die sich überhaupt der Verhaftung entziehen konnten! Wenn an jeder Ecke Fahndungsplakate hängen, wie soll man denn da morgens als steckbrieflich gesuchte Person auch nur Brötchen holen gehen, ohne vor Angst zu schlottern?«
Weil es regnete, durfte ich das Laubharken abbrechen. Papa turnte aber auch in dem ollen Regenwetter noch anderthalb Stunden lang im Garten herum.
Wenn ich mal mein eigener Herr wäre, würde ich mir eine Wohnung ohne Garten zulegen, und falls Annette Spengler ohne Garten nicht leben könnte, müßte sie sich eben ganz allein darum kümmern. »Ich leg mich jetzt in die Badewanne und will in den kommenden drei Stunden nicht gestört werden«, würde ich nach einem kurzen Blick auf das wuchernde Unkraut ganz trocken bemerken. »Wenn Alfred Hitchcock anrufen sollte, dann sag ihm, daß ich beschäftigt bin! Und wenn du in drei Stunden mit dem Laubharken fertig sein solltest, dann kannst du gern zu mir in die Wanne steigen! Ich lasse regelmäßig warmes Wasser nachlaufen!«
In Englisch teilte sich die Göde den Unterricht seit neuestem mit einer Referendarin, Fräulein Sperling, die außerdem Nonne war und in pechschwarzen Ornat herumlief, inklusive Halskettchen mit Kreuz.
Die hatte ihr Leben dem lieben Gott geweiht. Da mischte man sich besser nicht ein. Und ich hätte trotzdem meinen Arsch darauf verwettet, daß es dieser Nonne nicht genügte, zu
Weitere Kostenlose Bücher