Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Salzkartoffeln, vorher eine Sternchennudelsuppe, nachher einen Steinhäger … dann anschließend ein Gang durch frostiges Wintermoor mit Eis auf den tiefen Treckerspuren im Weg. Und oben die weiße Mondhelle.
Klang irgendwie einleuchtend. Es mußte ja nicht das Emsland sein.
In Freiburg sagte Hermann mir, daß Astrid ihm den Titisee als Ausflugsziel empfohlen habe.
»Und wie stehen die Aktien sonst?«
»Mit Astrid? Gut. Eine leichte Hausse an den Börsen.«
Und was sollten wir mit dem Abend anfangen? Den Aushängen am Zeltplatz entnahmen wir den Hinweis auf eine Party für junge Leute unter zwanzig Jahren.
»Zu alt!« rief Hermann. »Dafür sind wir zu alt!«
»Und wenn wir uns jünger machen?«
»Wie denn wohl?«
»Wir sagen einfach, wir wären erst neunzehn … und wir wären lange krank gewesen und sähen deshalb schon so alt aus … und … äh …«
»Keine Chance. Die will da mal unter sich sein, die Jugend! Die hat keinen Bock auf Friedhofsgemüse!«
In den Kneipen, durch die wir stattdessen tingelten, war unser Geld aber auch nicht gut angelegt. Hätte man es nicht besser in den Aktionsfond »Waffen für El Salvador« eingezahlt?
Hermann war dagegen: Er wolle kein Geld dafür spenden, daß man da irgendwelche Leute totschieße. Und wenn das zu kurz gedacht sei, dann sei es eben zu kurz gedacht.
Nach einer Zugfahrt durch das sogenannte Höllental stellten wir fest, daß die landschaftlich an sich sehr schöne Gegend um den Titisee von wabbelbäuchigen Touristen dominiert wurde. Die hielten auch als Camper das Heft in der Hand. Ein einsamer Freak schoß jedenfalls gleich auf uns los, weil er uns wohl für seine Verbündeten hielt. Er stellte sich als »Manni« vor und faselte davon, als daß er heute noch »einen der Hasen vernaschen« werde, womit er die Urlaubertöchter meinte, die sich am Titisee langweilten und heiß auf eine schnelle Nummer seien. Und es werde sicherlich auch für uns was abfallen …
In Hermanns und meinem Gesichtskreis ließ sich jedoch keiner dieser Hasen blicken. Wir aßen was und tranken was, und als wir umherstreunten, wurden unsere Wege auch nur wieder von Rammler-Manni gekreuzt, der auf seiner Hasenjagd noch kein Waidmannsglück gehabt hatte.
Um mal was Neues auszuprobieren, kauften wir uns eine Flasche Gin und nahmen dann ein kühles Bad. Hermann setzte sich auf einen großen, in Ufernähe aus dem Wasser ragenden Stein und erklärte, daß er jetzt zu den »folks on the hill« gehöre, von denen John Lennon gesungen habe.
There’s room at the top they are telling you still,
But first you must learn how to smile as you kill,
If you want to be like the folks on the hill …
»Fool on the hill« hätte besser gepaßt. Nach Einbruch der Dämmerung fühlte Hermann sich bemüßigt, im Delphinstil zum anderen Ufer zu schwimmen, wobei er unfehlbar ersoffen wäre, wenn er sich nicht auf eine Art Floß hätte retten können. Mit einem Viertelliter Gin im Blut! Hermann schnaufte wie ein harpunierter Pottwal, und es hallte über den ganzen See.
Graduell wollten wir uns wieder auf Niedersachsen zubewegen. Nicht in einem Rutsch durchfahren, aber doch nordwärts, und dann mal schauen. Bis zur Raststätte Bühl an der A 10 hatten wir uns schon vorgearbeitet, als ich einen Wagen mit der Destination Neustadt am Rübenberge auftat. Das war gleich hinter Hannover, also praktisch neben Bielefeld. Besatzung: Christoph, ein kurzbehoster Abiturient, mit seiner brünetten Freundin Beate und deren schwarzhaariger Schulfreundin Gabi. Die hatten an der Riviera Urlaub gemacht, mit dem Opel von Christophs Papi, und ein Plätzchen war noch frei.
»Fahr ruhig mit«, sagte Hermann großmütig. »Ich find schon was eigenes. Aber gib man besser mir das Zelt. Man weiß ja nie …«
Um mal ausspannen zu können, überließ Christoph mir das Steuer. Mit der Gangschaltung und dem Autobahnverkehr kam ich an sich ganz gut zurecht, und ich wagte mich auch auf die Überholspur, aber bei Tempo 140 fing die Karre plötzlich an zu schlingern, so daß ich schon dachte, wir würden gleich abheben oder uns überschlagen. Doch ich ging noch früh genug runter vom Gas, und dann war ich mir unsicher, ob Christoph, Beate und Gabi mich jetzt für einen besonders guten oder für einen besonders schlechten Autofahrer hielten.
Nachfragen tat ich lieber nicht.
Sie wollten über Kassel fahren statt über Dortmund, und Christoph bot mir ein Bett im Haus seiner Eltern an. Die seien verreist, sagte er, und es wäre
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