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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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kaufte?
    Als es klingelte, räumte Edith gerade den Kühlschrank aus, um ihn abzutauen, und Eberhard übte irgendwas Knalliges von Beethoven.
    »Hier wohnst du also«, sagte Tante Gertrud, die wohl dachte, daß es in meiner WG jeden Tag so munter hergehe.
    Ich hatte meinen Schreibtisch umgestellt, so daß ich das Essen und die Getränke – Wasser, Weißwein, Bier – in meinem Zimmer auftragen konnte. Mit meiner Sippe wollte ich alleine sein.
    Wie es denn den Geschwistern gehe und den Eltern, fragte Tante Gertrud zwischen zwei Happen, und dann landeten wir bald beim Krieg. Im November 1944 sei sie zum Reichsarbeitsdienst nach Pommern eingezogen worden. »Da wohnten wir in Holzbaracken, und tagsüber mußten wir sogenannte Faschinen flechten, zur Befestigung des Bahndamms. Damit sollten Panzer aufgehalten werden. Aber unsere Bemühungen haben bestimmt niemanden aufgehalten! Später kam ich dann zu einem Bauern. Ich mußte beim Dreschen helfen und die Garben einlegen. Das staubte fürchterlich! Die Bäuerin, die hatte mir eine alte, speckige Jacke vom Bauern gegeben, damit ich etwas geschützt war. Und als rauskam, daß ich nähen konnte, trug die Bäuerin mir auf, für ihre Enkeltochter eine Trainingshose und ein Nachthemd anzufertigen, und zwischendurch mußte ich saubermachen und auch sonst im Haushalt helfen …«
    Hier ließ Onkel Edgar einfließen, wie die Russen mit deutschen Kriegsgefangenen verfahren seien: »Stacheldraht drumrum, Benzin drüber und angezündet!«
    Konnte das wahr sein? Als Papa in der Gefangenschaft krank geworden war, hatten die Russen ihn einfach laufengelassen.
    Nebenan haute Eberhard in die Tasten. Bodo meinte, es handele sich um die Hammerklaviersonate.
    »Nun mußt du aber auch von dir mal was erzählen«, sagte Tante Gertrud. »Spielst du selber noch Klavier?«
    »Eher selten …«
    In der FDP waren nicht alle einverstanden mit dem Rechtsschwenk der Parteiführung. Die Abgeordnete Ingrid Matthäus-Maier kritisierte die von Lambsdorff angestrebte »Umverteilung von unten nach oben«, und Genschers Adlatus Günter Verheugen wirkte auch nicht gerade überschäumend fröhlich. Welcher Bürger, der noch seinen Verstand beisammen hatte, wünschte sich schon Kohl als Kanzler?
    Heikes Stimmung war wieder im Keller.
    Wir wollten doch eigentlich nach Sonja, aber es fuhr natürlich kein Bus am Sonntag. In Chania wollten wir auch nicht bleiben, also auf nach Paleochora. Das liegt nah an Sonja. Als wir gestern abend hier ankamen, haben wir gedacht, wir spinnen. Einhunderttausend Freaks und sieben Griechen (so ungefähr). Uns war zwar gesagt worden, daß es hier viele Rucksackleute gibt, aber mit so ’nem Massenauflauf von Lila und Rosa, fettigen langen Haaren, hach, bin ich alternativ, ich seh echt scharf aus, take it easy, Latzhosen und Schlampi-T-Shirts … also, damit hatten wir nicht gerechnet. Manche Leute sind schon seit Wochen hier und haben mit Griechenland nichts im Sinn. Außer: Kiffen, Saufen, Sonnen, Schwimmen, Rumscharwenzeln und abends ab in die alternative Disco (davon gibt’s hier selbstverständlich ’ne Menge). Norderney für Rucksackleute unter griechischem Himmel. Morgen werden Gila und ich daher schnellstens nach Sonja fahren. Hoffentlich ist es da ruhiger, windstiller und sauberer. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie die Leute hier den Strand versauen. An allen Ecken und Enden liegt Müll, und zu allem Überfluß fliegt einem das Zeug auch noch um die Ohren, weil hier seit gestern ein Sturm wütet, der uns heute nacht, als wir am Strand geschlafen haben, Augen, Ohren, Nase und Mund voller Sand geblasen hat.
    Ja, lieber Martin, so muß Deine liebe Dickmadam leiden. Jetzt sitzen wir in einem häßlichen Café, wo außer uns fast nur die sieben Griechen sind. Eins wissen wir genau – niemals wieder Urlaub in Paleochora. Und dabei hat Heiner Volkert mir mal erzählt, daß er es hier affengeil gefunden hat im Urlaub mit Mona Feddersen.
    Was vermutlich weniger an Paleochora gelegen hatte als an Mona.
    Wenn ich wiederkomme, werde ich dir zeigen, wie man Sirtaki tanzt und Kürbiskerne ißt, daß ich einen neuen Ohrring habe und wie viele griechische Wörter ich schon kann. Und wenn ich mal wieder alleine in Urlaub fahre, nehme ich ein Nacktfoto von Dir mit. Ich liebe Dich. Und jetzt freue ich mich aufs Abendessen und auf Sonja und auf Dich.
    Dieser Brief soll so viel Liebe ausdrücken, wie Du aufnehmen kannst, ohne daß es Dir schwer wird.
    Höchst begrüßenswert, daß Heike

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