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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Jetzt konnte man auch keinen Ausdruck auf dem Gesicht des Doktors erkennen, als er sich drehte und drehte; und jetzt schien ein Dutzend Paradiesvögel unregelmäßig zu fliegen; und nun waren tausend Glöckchen tätig; und eine Flotte fliegender Röcke wurde von einem kleinen Sturm in Unruhe versetzt, als die Musik aufhörte und der Tanz vorüber war.
    Erhitzt und atemlos, wie der Doktor war, erwartete er um so ungeduldiger Alfreds Kommen.
    „Irgend etwas zu sehen, Britain? Irgend etwas zu hören?“
    „Zu dunkel, um weit zu sehen, Sir. Zuviel Lärm im Haus, um etwas zu hören.“
    „Das stimmt! Um so fröhlicher der Empfang für ihn. Wie spät ist es?“
    „Grade zwölf, Sir. Er kann nicht mehr lange ausbleiben, Sir.“
    „Schür das Feuer und leg noch einen Scheit auf“, sagte der Doktor. „Er soll sehen, wie sein Willkommensgruß in die Nacht aufflammt – der gute Junge! –, wenn er ankommt!“
    Er sah es, jawohl! Als er um die Ecke bei der alten Kirche bog, erblickte er von der Kutsche aus Licht. Er kannte den Raum, aus dem es schien. Er sah die winterlich kahlen Zweige der alten Bäume zwischen dem Lichtschein und sich. Er wußte, daß einer dieser Bäume zur Sommerszeit vor Marions Schlafzimmerfenster melodisch rauschte.
    Tränen standen ihm in den Augen. Sein Herz pochte so heftig, daß er kaum sein Glück ertragen konnte. Wie oft hatte er an diesen Augenblick gedacht, ihn sich in allen Einzelheiten ausgemalt und befürchtet, daß er nie eintreten könnte, und sich in weiter Ferne danach gesehnt.
    Wieder das Licht! Deutlich sichtbar und rötlich; angezündet – das wußte er –, um ihn willkommen zu heißen und ihn zur Eile anzutreiben. Er winkte mit der Hand, schwenkte den Hut und jubelte laut und triumphierend, als ob sie das Licht wären und ihn sehen und hören könnten, wie er durch den Schmutz und Schlamm darauflosstürmte.
    Halt! Er kannte den Doktor und begriff, was dieser getan hatte. Er wollte nicht zulassen, daß es eine Überraschung für sie war. Aber er konnte eine daraus machen, wenn er zu Fuß ginge. Wenn die Tür zum Obstgarten offenstünde, könnte er dort hineingehen, wenn nicht, war die Mauer leicht zu überwinden, wie er von früher wußte; und er würde im Nu unter ihnen sein.
    Er stieg aus der Kutsche und lief, nachdem er den Kutscher gebeten hatte – selbst dies war bei seiner Aufregung nicht leicht –, ein paar Minuten zurückzubleiben und dann langsam zu folgen, mit außerordentlicher Schnelligkeit vorwärts, rüttelte am Tor, erklomm die Mauer, sprang auf der anderen Seite hinab und stand keuchend im alten Obstgarten.
    Auf den Bäumen lag Rauhreif, der im schwachen Schein des wolkenverhangenen Mondes wie bewegungslose Girlanden in den kleineren Zweigen hing. Verwelkte Blätter knisterten und knackten unter seinen Füßen, als er leise zum Haus schlich. Die Trostlosigkeit einer Winternacht lastete über der Erde und in der Luft. Doch von den Fenstern her leuchtete ihm das rote Licht fröhlich entgegen, und das Summen und Murmeln von Stimmen grüßte lieblich sein Ohr.
    Er lauschte und versuchte, während er vorwärts kroch, ihre Stimme aus den anderen herauszufinden, und als er beinahe glaubte, sie zu hören, hatte er fast die Tür erreicht, da wurde diese plötzlich geöffnet, und eine herauskommende Gestalt stieß mit ihm zusammen. Mit einem halb unterdrückten Schrei prallte sie sofort zurück.
    „Clemency“, sagte er, „kennst du mich nicht?“
    „Kommen Sie nich rein!“ antwortete sie und schob ihn zurück. „Gehen Sie. Fragen Sie mich nich, warum. Kommen Sie nich rein.“
    „Was ist los?“ rief er.
    „Ich weiß nich. Ich – ich fürchte mich zu denken. Gehen Sie zurück. Hören Sie!“
    Plötzlich gab es einen Tumult im Haus. Sie hielt sich die Ohren zu. Ein wilder, durchdringender Schrei war zu hören, und Grace – Entsetzen in Blick und Gebärde – stürzte zur Tür hinaus.
    „Grace!“ Er fing sie in seinen Armen auf. „Was ist los? Ist sie tot?“
    Sie machte sich los, als wollte sie sein Gesicht erkennen, und sank ihm zu Füßen nieder.
    Eine Menschenmenge kam aus dem Haus. Unter ihnen war ihr Vater mit einem Dokument in der Hand.
    „Was ist das?“ rief Alfred, raufte sich die Haare und schaute in heftigem Schmerz von einem zum anderen, als er sich neben dem bewußtlosen Mädchen niederkniete. „Will mich niemand ansehen? Will niemand mit mir sprechen? Kennt mich keiner? Ist niemand unter euch, der mir erzählt, was los ist?“
    Ein Gemurmel

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