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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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–, und es ist eine Welt heiliger Rätsel, und nur ihr Schöpfer weiß, was unter der Oberfläche seines einfachsten Ebenbildes verborgen liegt!“

    Meine taktlose Feder würde Sie nicht zufriedener machen, wenn ich vor Ihnen die Gemütsregungen dieser Familie, die lange getrennt und nun wieder vereint war, ausbreitete und analysierte. Darum will ich nicht dem armen Doktor in seinen demütigenden Erinnerungen an den Kummer folgen, den er hatte, als er Marion verlor. Auch will ich nicht erzählen, daß er erkannte, wie ernst diese Welt sein kann, in der tief verwurzelte Liebe das Schicksal aller menschlichen Geschöpfe ist; auch nicht, wie ihn solch eine Nichtigkeit wie das Fehlen eines kleinen Teils im großen, sinnlosen Bericht zu Boden streckte. Auch nicht, wie ihm seine Schwester aus Mitleid mit seinem Schmerz vor langer, langer Zeit ganz allmählich die Wahrheit enthüllte und ihn dazu brachte, das Herz seiner Tochter, die sich selbst verbannt hatte, und diese Seite an ihr kennenzulernen.
    Auch nicht, wie Alfred Heathfield im Laufe des vergangenen Jahres die Wahrheit gesagt wurde und Marion ihn gesehen und ihm als ihrem Bruder versprochen hatte, daß Grace es am Abend ihres Geburtstages endlich aus ihrem Mund erfahren sollte.
    „Entschuldigen Sie, Doktor“, sagte Mr. Snitchey und schaute in den Obstgarten, „darf ich näher treten?“
    Ohne die Erlaubnis abzuwarten, kam er auf Marion zu und küßte ihr sehr erfreut die Hand.
    „Wenn Mr. Craggs noch am Leben wäre, würde er seine große Anteilnahme an diesem Ereignis zeigen. Es hätte ihn darauf hingewiesen, Mr. Alfred, daß unser Leben vielleicht doch nicht allzu leicht ist, daß es alles in allem vertragen kann, wenn wir es ein wenig angenehmer machen. Aber Mr. Craggs war ein Mann, der es ertragen hätte, überzeugt zu werden, Sir. Er ließ immer mit sich reden. Wenn er jetzt mit sich reden ließe, dann … das ist Schwachheit. Mrs. Snitchey, meine Liebe“ – bei seiner Aufforderung kam diese Dame hinter der Tür vor –, „du bist unter alten Freunden.“ Nachdem Mrs. Snitchey ihre Glückwünsche ausgesprochen hatte, nahm sie ihren Mann beiseite.
    „Einen Augenblick, Mr. Snitchey“, sagte diese Dame. „Es ist nicht meine Art, in der Asche Verstorbener zu stochern.“
    „Nein, meine Liebe“, erwiderte ihr Mann.
    „Mr. Craggs ist …“
    „Ja, meine Liebe, er ist tot.“
    „Aber ich frage dich, ob du dich an jenen Ballabend erinnerst“, fuhr seine Frau fort. „Ich frage dich nur danach.
    Falls du das tust und falls dein Gedächtnis nicht völlig versagt und falls du nicht total senil bist, bitte ich dich, diese Zeit mit jener in Verbindung zu bringen und dich daran zu erinnern, wie ich dich auf Knien gebeten und angefleht habe …“
    „Auf Knien, meine Liebe?“ fragte Mr. Snitchey.
    „Ja“, sagte Mrs. Snitchey überzeugt, „und du weißt es – dich vor diesem Mann zu hüten, auf seinen Blick zu achten –, und nun sage mir, ob ich recht hatte und ob er damals Geheimnisse kannte, die er nicht verraten wollte.“
    „Mrs. Snitchey“, sagte ihr Mann ihr ins Ohr, „Madam. Hast du schon jemals etwas aus meinem Blick gelesen?“
    „Nein“, sagte Mrs. Snitchey scharf. „Bilde dir nichts ein.“
    „Weil wir beide an jenem Abend, Madam“, fuhr er fort und zupfte sie am Ärmel, „Geheimnisse kannten, die wir nicht erzählen wollten, und wir beide kannten sie von Berufs wegen. Und deshalb ist es um so besser, je weniger du sagst, Mrs. Snitchey. Und laß dir das als Mahnung gelten, ein anderes Mal klügere und nachsichtigere Augen zu haben. Miss Marion, ich habe eine Freundin mitgebracht. Hier! Mistress!“
    Die arme Clemency kam, die Schürze vor den Augen, langsam herein, wobei ihr Mann sie geleitete. Letzterer verdrossen, in der bösen Vorahnung, daß es mit der „Muskatreibe“ vorbei sei, wenn sie sich erst einmal dem Schmerz hingab.
    „Nun, Mistress“, sagte der Rechtsanwalt, hielt Marion auf, als sie auf sie zurannte, und stellte sich zwischen die beiden, „was ist los mit Ihnen?“
    „Was los is!“ rief die arme Clemency. Als sie, verwundert und entrüstet und von Mr. Britains Gebrüll zusätzlich erregt, aufschaute und dieses süße Gesicht, an das sie sich so gut erinnerte, dicht vor sich sah, starrte sie sie an, schluchzte, lachte, weinte, schrie, umarmte sie, hielt sie fest, ließ sie los, fiel Mr. Snitchey an und umarmte ihn (sehr zu Mrs. Snitcheys Empörung), fiel den Doktor an und umarmte ihn, fiel Mr. Britain an und

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