Alle Weihnachtserzählungen
Schmied, „wie stellst du dir das Heiraten vor? Warum willst du heiraten, du dummer Kerl? Wenn ich ein so hübscher, junger, strammer Bursche wäre wie du, würde ich mich schämen, so ein Schlappschwanz zu sein und mich einer Frau an den Schürzenzipfel zu hängen! Wenn du ein Mann in den besten Jahren bist, ist sie ein altes Weib. Na, du wirst ’ne gute Figur abgeben, wenn dir ’ne Schlampe und ’ne Schar kreischender Kinder hinterhergerannt kommen, wohin du auch gehst!“
Oh, er wußte, wie er mit dem einfachen Volk Spaß machen konnte, der Stadtrat Cute! „Na, mach weiter so und bereue es“, sagte der Stadtrat. „Sei nicht so töricht, am Neujahrstag zu heiraten. Im nächsten Jahr zu Neujahr wirst du nämlich ganz anders darüber denken. Ein ordentlicher junger Mann wie du, dem alle Mädchen nachschauen. Na, mach nur weiter so!“
Sie gingen davon. Nicht Arm in Arm oder Hand in Hand. Sie tauschten auch keine strahlenden Blicke. Nein, sie mit Tränen in den Augen, er düster vor sich hin starrend. Waren das die Herzen, die noch vor kurzem Toby aus seiner Verzagtheit gerissen hatten? Nein, nein. Der Stadtrat (Gott segne ihn!) hatte Schluß mit ihnen gemacht.
„Da du schon mal hier bist“, sagte der Stadtrat zu Toby, „kannst du einen Brief für mich wegbringen. Bist du schnell? Du bist ein alter Mann.“
Toby, der Meg ganz benommen hinterhersah, bemühte sich zu murmeln, daß er sehr schnell und sehr stark sei.
„Wie alt bist du?“ fragte der Stadtrat.
„Ich bin über sechzig, Sir“, antwortete Toby.
„Oh! Dieser Mann hat bei weitem das Durchschnittsalter überschritten, ja“, schrie Mr. Filer dazwischen, als ob seine Geduld eine Menge aushalte, dies nun aber zu weit ginge.
„Ich merke, daß ich lästig bin, Sir“, sagte Toby. „Heute morgen kam mir schon dieser Verdacht. Ach je!“
Der Stadtrat schnitt ihm das Wort ab, indem er den Brief aus der Tasche holte. Toby hätte einen Schilling bekommen, aber da Mr. Filer deutlich zeigte, daß er damit eine bestimmte Anzahl von Personen um je neunundeinenhalben Penny berauben würde, erhielt er nur sechs Pence und war noch sehr froh darüber.
Dann reichte der Stadtrat seinen beiden Freunden den Arm und schritt in gehobener Stimmung davon. Doch plötzlich kam er allein zurückgerannt, als ob er etwas vergessen hätte.
„Dienstmann!“ sagte der Stadtrat.
„Sir!“ erwiderte Toby.
„Paß auf deine Tochter auf. Sie ist viel zu hübsch.“
‚Jetzt hat sie wohl auch noch ihr gutes Aussehen von jemandem gestohlen‘, dachte Toby, betrachtete die sechs Pence in seiner Hand und dachte an die Kutteln. ‚Es sollte mich nicht wundern, wenn sie fünfhundert Damen ihrer Schönheit beraubt haben soll. Es ist schrecklich!‘
„Sie ist viel zu hübsch, mein lieber Mann, wiederholte der Stadtrat. „Sie wird mal kein gutes Ende nehmen, das sehe ich ganz deutlich. Denk daran, was ich dir gesagt habe. Paß auf sie auf!“ Dann eilte er davon.
„In jeder Hinsicht verkehrt. In jeder Hinsicht verkehrt!“ sagte Trotty und faltete die Hände. „Schlecht geboren. Haben hier nichts zu suchen!“
Die Glocken setzten über ihm gerade ein, als er diese Worte aussprach. Sie ertönten laut und kräftig, aber nicht ermutigend. Nein, kein bißchen.
„Die Melodie hat sich verändert“, weinte der alte Mann, als er lauschte. „Kein tröstliches Wort mehr. Warum auch? Ich habe vom neuen Jahr genausowenig zu erwarten wie vom alten. Am besten, ich sterbe!“
Die Glocken, die ihre Veränderung verkündeten, brachten die Luft zum Schwingen. Schluß mit ihnen! Schluß mit ihnen! Die guten alten Zeiten, die guten alten Zeiten! Fakten und Zahlen, Fakten und Zahlen! Schluß mit ihnen, Schluß mit ihnen! Wenn sie etwas sagten, dann war es dies, bis Toby der Kopf schwirrte.
Er preßte die Hände gegen seinen verwirrten Kopf, als wollte er ihn vor dem Zerspringen bewahren. Das tat er zum rechten Zeitpunkt, denn dabei bemerkte er den Brief in der Hand, und weil er dadurch an seinen Auftrag erinnert wurde, fiel er ganz mechanisch in seinen alten Trott und trabte davon.
Zweites Viertel
Der Brief, den Toby vom Stadtrat Cute erhalten hatte, war an einen vornehmen Herrn in einem vornehmen Viertel der Stadt gerichtet, dem vornehmsten Viertel der Stadt. Es muß das vornehmste Viertel der Stadt gewesen sein, weil es von seinen Bewohnern im allgemeinen „die große Welt“ genannt wurde.
Der Brief wog in Tobys Hand schwerer als irgendein anderer Brief. Nicht etwa, weil ihn
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