Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
und Zwietracht zwischen Mann und Frau zu säen, sollten Sie sich lieber raushalten. Machen Sie, daß Sie wegkommen.“
    „Folge ihr! Bis zur Verzweiflung!“
    Wieder hörte der alte Mann die Stimmen. Als er aufblickte, sah er die Gestalten in der Luft schweben und dorthin zeigen, wo sie hinging, die dunkle Straße hinunter.
    „Sie liebt es!“ rief er, beschwörend für sie bittend, aus. „Silvesterglocken, sie liebt es noch!“
    „Folge ihr!“ Das Gespenst glitt über den Weg, den sie eingeschlagen hatte, wie eine Wolke hinweg.
    Er beteiligte sich an der Verfolgung; er blieb in ihrer Nähe; er schaute ihr ins Gesicht. Er sah denselben wilden und schrecklichen Ausdruck, der sich mit ihrer Liebe vermischte und in ihren Augen aufglühte. Er hörte sie sagen: „Wie Lilian! Wird werden wie Lilian“, und sie verdoppelte ihre Geschwindigkeit.
    Oh, könnte sie etwas aufwecken! Könnte ein Anblick oder Laut oder Geruch doch in einem hitzigen Geist zärtliche Erinnerungen hervorrufen! Könnte ein freundliches Bild der Vergangenheit vor ihr erscheinen!
    „Ich war ihr Vater! Ich war ihr Vater!“ schrie der alte Mann und streckte die Hände nach den dunklen Gespenstern aus, die über ihm flogen. „Erbarmt euch ihrer und meiner! Wohin geht sie? Bewegt sie zur Umkehr! Ich war ihr Vater!“ Aber sie wiesen nur auf die Vorwärtseilende und sagten: „Bis zur Verzweiflung! Lerne von dem Geschöpf, das deinem Herzen am nächsten steht!“
    Hundert Stimmen sprachen das nach. Die Luft bestand aus dem Atem, der bei diesen Worten ausgestoßen wurde. Er schien sie bei jedem Atemzug einzuziehen. Sie waren überall, und man konnte sich ihnen nicht entziehen. Und noch immer eilte Meg weiter, dasselbe Feuer in den. Augen, dieselben Worte auf den Lippen: „Wie Lilian! Wird werden wie Lilian!“
    Plötzlich blieb sie stehen.
    „Bewegt sie jetzt zur Umkehr!“ rief der alte Mann und raufte sich das weiße Haar. „Mein Kind! Meg! Bewegt sie zur Umkehr! Großer Gott, bewege sie zur Umkehr!“
    In ihren eigenen schäbigen Schal hüllte sie das Kind warm ein. Mit ihren fiebernden Händen besänftigte sie seine Gliedmaßen, strich über sein Gesicht und ordnete die dürftige Kleidung. Mit ihren abgezehrten Armen umschlang sie es, als würde sie es nie wieder hergeben. Und mit ihren spröden Lippen küßte sie es in einem letzten langen schmerzhaften Aufflammen ihrer Liebe.
    Die winzige Hand schob sie sich an ihrem Hals ins Kleid hinein, wo sie ihrem aufgewühlten Herzen am nächsten lag. Fest und ununterbrochen schmiegte sie das schlafende Gesicht an sich und beschleunigte ihre Schritte zum Fluß.
    Zu dem wogenden, trüben und rasch dahinfließenden Fluß, wo die Winternacht vor sich hin brütete wie die letzten freudlosen Gedanken vieler, die schon vor ihr hier Zuflucht gesucht hatten. Wo an den Ufern vereinzelt Lichter aufglommen – traurig, rot und schwach – wie Fackeln, die dort brannten, um den Weg in den Tod zu zeigen. Wo keine Bleibe für lebende Menschen ihren Schatten auf das tiefe, undurchdringliche, trostlose Dunkel warf.
    Zum Fluß! Zu jenem Eingang in die Ewigkeit richtete sie ihre verzweifelten Schritte mit der Geschwindigkeit, in der sein reißendes Wasser dem Meer zustrebte. Trotty versuchte, sie zu berühren, als sie an ihm vorüberkam, um in die dunkle Tiefe hinunterzugehen, aber das ungestüme, verwirrte Verhalten, die wilde und schreckliche Liebe, die Verzweiflung, die jede menschliche Kontrolle und Gewalt hinter sich gelassen hatte, fegten an ihm vorüber wie der Wind.
    Er folgte ihr. Vor dem furchtbaren Sprung hielt sie einen Augenblick am Ufer inne. Er fiel auf die Knie und wandte sich mit einem gellenden Angstschrei an die Gestalten in den Glocken, die nun über ihnen schwebten.
    „Ich habe es gelernt!“ rief der alte Mann. „Von dem Geschöpf, das meinem Herzen am nächsten steht. Oh, rettet sie, rettet sie!“
    Er konnte seine Finger in ihr Kleid krallen, konnte sie halten. Als die Worte über seine Lippen kamen, fühlte er den Tastsinn wiederkehren, und er wußte, daß er sie zurückgehalten hatte.
    Die Gestalten blickten unentwegt zu ihm herab.
    „Ich habe es gelernt!“ rief der alte Mann. „Oh, erbarmt euch meiner in dieser Stunde, falls ich in meiner Liebe zu ihr, die so jung und gut ist, die Natur in den Herzen verzweifelter Mütter verleumdet habe. Habt Mitleid mit meiner Vermessenheit, Gottlosigkeit und Unwissenheit und rettet sie.“
    Er spürte, wie sich sein Griff lockerte. Die Geister

Weitere Kostenlose Bücher