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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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Raum gleiten. Entgegen meiner Annahme steht vor dem Fenster keine Eiche mit dichtem Blätterwerk. Stattdessen sehe ich direkt auf die graue Betonwand des Nachbargebäudes. Die Vorhänge sind nicht sonnengelb, sondern weiß. Aber der Blumenstrauß auf meinem Nachttisch, den Michael mir vorgestern mitgebracht hat, sieht genauso aus, wie ich ihn mir vorgestellt habe: feuerrote Gerbera und Minichrysanthemen mit leuchtend pinkfarbenen Rosen. Michael tritt zu mir ans Bett. »Michael, ich bin wach«, rufe ich glücklich und will endlich tun, wovon ich drei Monate lang geträumt habe: ihn umarmen, seinen Körper spüren. Aber nichts geschieht. Verwirrt sehe ich ihn an. Er sieht gar nicht glücklich aus.
    »Was ist mit ihr?«, fragt er schon wieder.
    »Ich bin wach«, erkläre ich ungeduldig.
    »Ihr Blutdruck ist nach oben geschossen und gleich darauf abgefallen, sie hat kaum noch Puls«, sagt Schwester
Klara und ihre großen, blauen Augen schauen besorgt auf mich herab. Ich folge ihrem Blick und sehe mich im Bett liegen, totenblass, mit geschlossenen Augen. Meine dunklen Haare umrahmen mein eingefallenes Gesicht wie ein unheimlicher Schleier, auf meiner Stirn kleben ein halbes Dutzend unattraktive Plastikelektroden.
    »Guck mich nicht an«, bitte ich Michael inbrünstig, denn ich sehe einfach scheiße aus.
    »Das EEG zeigt keine Hirnaktivität«, sagt Schwester Klara und legt meinem Mann die Hand auf den Arm.
    »He, Finger weg«, fauche ich sie an, doch sie zuckt nicht einmal. Was ist denn hier bloß los?
     
    »Es ist Zeit«, ertönt da eine mir fremde Stimme aus der Zimmerecke und ich sehe mich überrascht nach dem hochgewachsenen Mann in Weiß um, der mich aus hellblauen Augen aufmerksam ansieht.
    »Haben Sie mich erschreckt«, sage ich und greife mir mit der Hand ans Herz, »ich habe Sie gar nicht reinkommen hören, Doktor …?«
    »Mein Name ist Theo, aber ich bin kein Arzt.« Lächelnd schüttelt er den Kopf.
    »Ach so, Sie sind Krankenpfleger, Verzeihung«, korrigiere ich meinen Fehler und lächele entschuldigend. Erneutes Kopfschütteln. Ich sehe ihn ein wenig irritiert an und wende mich dann wieder Michael zu. Eigentlich ist es mir nämlich vollkommen egal, was der Kerl von Beruf ist, schließlich bin ich gerade aus einem monatelangen Koma erwacht und möchte endlich meinen Mann in die Arme schließen. Der sitzt zusammengesunken an meinem Bett und hält meine merkwürdig schlaffe Hand in
seiner. Meine Gesichtsfarbe geht mittlerweile ins Grünliche. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Und plötzlich überläuft mich ein eisiger Schauer. Das Zimmer um mich herum scheint sich aufzulösen, ich nehme alles nur noch wie durch einen Schleier wahr. Michael, der sich über mich beugt, das Ärzteteam, das mit einem Wagen mit allerlei merkwürdig aussehenden Gerätschaften hereineilt, Barbie, die mir die Decke wegzieht und meine Brust entblößt, Doktor Schultz, der aussieht, als habe er zwei Bügeleisen in der Hand, die er jetzt auf meinen Körper drückt. Hilflos sehe ich von einem zum anderen, alle reden durcheinander, ich verstehe kein Wort. Nur der Fremde von eben steht ruhig in der Ecke und beobachtet. »Wollen Sie nicht auch mal irgendetwas machen?«, frage ich ihn wütend. »Was stehen Sie hier herum? Ich sterbe gerade.« Er nickt. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich ihn an. »Ich sterbe?«, flüstere ich und sehe zurück auf das Chaos. Mein Körper zuckt erneut unter den Wiederbelebungsmaßnahmen meines Arztes. »Wie komme ich zurück?«, brülle ich Theo an, doch der hebt bedauernd die Schultern. Was soll das heißen? Kann ich nicht mehr zurück?
     
    Eine Viertelstunde später ist es vorbei. Das Reanimationsteam packt seine Sachen und zieht sich zurück.
    »Zeitpunkt des Todes, achtzehn Uhr vierundfünfzig«, sagt Doktor Schultz leise, drückt Michael die Hand und verschwindet. Schwester Klara öffnet weit das Fenster meines Krankenzimmers und Theo nickt mir zu.
    »Das ist unser Zeichen«, meint er und macht eine einladende Handbewegung. Verwirrt sehe ich ihn an. »Sie öffnen die Fenster, damit die Seele davonfliegen kann.«

    »Aber ich will nicht davonfliegen«, sage ich heftig. »Ich will hierbleiben. Bei Michael.«
    »Das wird nicht gehen.«
    »Natürlich geht das«, gebe ich aggressiv zurück und stelle mich dicht neben meinen Mann, der fassungslos auf meinen leblosen Körper heruntersieht. »Ich bleibe bei dir«, sage ich zärtlich, aber er hört mich nicht. Er steht einfach da. In diesem Moment

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