Allein gegen die Zeit
„Meine lieben Freunde“, begann er krächzend. „Ich denke, jeder von euch ist sich bewusst, was der heutige Tag bedeutet!“
Ben und Leo wechselten erschrockene Blicke. Ihnen kam die gruselige Stimme nur allzu bekannt vor. „Das ist Legard!“, wisperten beide wie aus einem Mund.
„Wer zum Teufel ist Legard?“, knurrte Jonas.
„Das ist der Typ, der hinter all dem steckt“, erklärte Leo. „Wir haben seine Stimme bei der Computerübertragung mit Lasinski und Frau Genthin gehört, als der Test mit den Orchideen durchgeführt wurde.“
Gebannt starrten sie alle zum Podest.
Legard fuhr mit seiner Rede fort. „Zwei Jahre haben wir darauf gewartet. Heute ist der Tag gekommen, an dem wir die Wiedergeburt des Omega-Rings feiern!“
Legard sah herausfordernd in die Menge und erntete zustimmendes Gemurmel. Seine Stimme erhob sich. „Ihr habt nicht in Somalia, im Kongo, im Irak gekämpft, um sang- und klanglos unterzugehen. Nur weil es die deutsche Regierung so will.“
„Das sind alles ehemalige Söldner“, flüsterte Sophie.
Legard streckte die Faust in die Höhe. „Heute sind wir zurück und das mächtiger als zuvor! Heute leiten wir eine neue Ära ein!“
In die Menge kam Bewegung. Jubel brandete auf. „Legard! Legard! Legard!“, riefen die Männer begeistert.
Die Stimmung in der Halle war aufgeladen. Legard lächelte zufrieden. Als er seine Hand hob, verstummten alle augenblicklich.
„Phase eins ist so gut wie abgeschlossen“, erklärte er ruhig. „Der zweite Blumenwagen ist auf dem Weg in die Berliner Innenstadt, und wenn die Regierung nicht bis 19.05 Uhr zahlt, wird sie sehen, wozu der Omega-Ring in der Lage ist!“
„Das meinte der Gangster vorhin mit Ultimatum …“, stellte Özzi mit stockender Stimme fest.
„Die wollen die Regierung erpressen?“, rief Leo entsetzt. Nun war ihnen auch klar, wozu die Gangster einen zweiten Blumenwagen brauchten. „Und die Orchideen in dem anderen Blumenwagen verticken sie in der ganzen Welt …“, fügte Özzi hinzu. „Wir müssen dafür sorgen, dass sie mit dem Wagen erst gar nicht von hier wegkommen!“
„Super Plan“, spottete Jonas. „Weißt du auch schon wie?“
Özzi schaute Jonas hilflos an. Plötzlich begannen Sophies Augen zu leuchten. Sie stahl sich davon.
Ben, Leo, Jonas und Özzi beobachteten, wie Sophie auf Zehenspitzen zu einem Tisch lief, auf dem sich Kaffee und andere Getränke angerichtet waren. Sie schnappte sich mehrere Tütchen Zucker und rannte wieder zum Versteck.
Özzi begriff sofort, was Sophie vorhatte und musste grinsen. „Damit werden die nicht weit kommen!“, flüsterte Sophie und pirschte nun vorsichtig zu dem Blumenwagen. Die Gangster waren von Legards Rede ganz in Bann geschlagen und schenkten ihr keinerlei Beachtung. Sophie schraubte lautlos den Tankdeckel auf und ließ ein Tütchen Zucker nach dem anderen in den Tank rieseln.
„Sophie ist so cool, Abi !“ Özzi grinste bewundernd.
Doch Leo drängte zum Aufbruch. „Aber jetzt nichts wie weg hier!“
Kurz darauf hetzten Ben, Leo, Jonas, Özzi und Sophie den Gang entlang, fieberhaft auf der Suche nach einem Ausgang. Die Tür, durch die sie hereingekommen waren, war verschlossen. „Wahrscheinlich hat der Gangster im zweiten Stock Alarm geschlagen“, raunte Özzi, als auf einmal Schritte durch den Flur hallten.
Blitzschnell verschwand die Truppe in eine Kammer. Durch den Türspalt beobachtete Ben das Geschehen draußen. Sofort begann sein Herz zu rasen, als wollte es ihm aus der Brust springen. Seine Mutter! Sie war offenbar auf der Suche nach ihm, öffnete hektisch alle Türen im Flur und steckte ihren Kopf in jeden Raum.
„Ist sie das?“, fragte Leo leise.
Ben nickte. „Ja, das ist meine Mutter …“
„Was?“ Jonas riss entgeistert die Augen auf.
Auch Özzi und Sophie wechselten ungläubige Blicke. „Wie kann das sein?“, flüsterte Sophie.
Wie hypnotisiert hing Ben am Türspalt.
„Glaubst du, sie gehört zu den Gangstern?“, fragte Leo.
„Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden!“, erwiderte Ben. Abrupt öffnete er die Tür und trat entschlossen auf den Gang. Jetzt oder nie – er musste es einfach wissen!
„Mama?“, rief er gedämpft.
Seine Mutter drehte sich um. Und blieb wie angewurzelt stehen.
Der Moment kam Ben wie eine Ewigkeit vor. Er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. Er erstickte fast an der eigenen Verzweiflung. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Er suchte nach Worten, aber kein
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