Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters
Die Geschicktesten unter ihnen verfügen bald über ein Repertoire an Floskeln, das ihnen in ihrem Alltag als stabile kommunikative Reling dient: »Also, ich möchte einfach sehen, wie meine Kinder aufwachsen« (das sollte mal eine Mutter sagen); »man muss sich als Eltern schließlich seiner Verantwortung stellen« (Spende fürs Phrasenschwein); »tja, neue Männer braucht das Land« (anbiedernd); »ich mache das gerne« (glatt gelogen). Wie auch immer, Hauptsache, sie lächeln dabei selbstzufrieden. Dann werden sie nicht nur gelobt (Männer wollen nichts auf der Welt mehr als gelobt werden), sondern auch noch bewundert (wenn Männer noch etwas auf der Welt mehr lieben als Lob, dann ist das Bewunderung).
Was das Schöne – und ich gebe zu: das eigentlich Gemeine – ist: Männer haben es sogar in ihren Fehlern leichter, die sie zwangsläufig im Umgang mit Kindern machen. Ich hörte von einem mir persönlich bekannten und ausweislich hoch begabten und gewissenhaften Vater, der einen Säugling ankleidete und sich dabei augenscheinlich mental so sehr in die Innigkeit des Vater-Sohn-Verhältnisses zurückgezogen hatte, dass erst die Mutter sehr viel später aufgrund überraschender taktiler Erfahrung feststellen musste, dass das Kind gar keine Windel anhatte. Verweist dieses Detail des Allzumenschlichen nicht in beindruckender Weise darauf, welche Freiräume sich Väter mit ihrer Gelassenheit zuweilen in der Enge des familiären Alltags erobern? »Was kostet die Welt? Einfach mal die Windel weglassen! Heißa! Das Leben ist ein Fest – und bleibt mir weg mit euren kleinbürgerlichen Zwängen, wir wollen es genießen!« Zu solchen Freiheiten sind eigentlich nur Väter in der Lage. Wir müssen sie an dieser Stelle einfach in Schutz nehmen: Sie denken halt immer an das Große und Ganze. Und so gesehen ist eine Windel (noch dazu eine vergessene!) doch nur ein winziges Sandkorn am Strand der Weltgeschichte, eine – pardon – zu vernachlässigende Größe. Männer wissen das.
Aber denken wir auch an die vielen anderen Erleichterungen, die sie im Zusammenleben mit Kindern erfahren. So ist der Umstand, dass Männer ihre Kinder nicht stillen können, bei Lichte betrachtet auch nichts anderes als ein stilles In-Schutz-Nehmen der Männer durch das gütige Schicksal – sie müssen es nicht tun, weil sie es beim besten Willen nicht können. Apropos müssen, es gibt auch noch andere Erleichterungen: Ohne in Details gehen zu wollen – aber das Wasserlassen mit einem Tragetuch inklusive Kind vor dem Bauch ist in einer bestimmten Haltung für Männer strukturell etwas einfacher. Sie ahnen sicher, was ich meine.
Besonders leicht haben es Männer bekanntlich, wenn sie leiden. Ohnehin hat die Schöpfung ja nichts Herzzerreißenderes hervorgebracht als leidende Männer. Aber was ist dagegen erst der Mann als leidende Mutter. Kaum hat er einmal eine kurze Nacht hinter sich (eine!), durchstreift er den ganzen folgenden Tag mit tiefschwarzer Sonnenbrille, Drei-Tage-Bart und der tiefsten Stimme der Welt die Straßen unserer Städte. Er sieht aus wie der bessere Teil der Blues Brothers, bringt aber bei Weitem im Moment nicht ihren Humor auf. Sein Leid berührt uns. Unser Mitleid ist sein Lohn. Er ist unser Held. Wir lieben und bewundern ihn. Noch Fragen?
SCHALKE 05. ODER: GIB MICH DAS KÜGELCHEN
Eigentlich wollte ich über etwas sehr Ernstes sprechen, nämlich über Drogensucht im Allgemeinen und unsere Rolle als Mütter bei der Frühförderung derselben im Besonderen. Dabei standen – vielleicht auf den ersten Blick überraschend – die Kügelchen im Mittelpunkt meiner Betrachtungen, jene unschuldig dreinblickenden Globuli, die jede Mutter spätestens dann in die Hand nimmt, wenn sie das erste Mal der Herausforderung eines kranken Kindes begegnet. Die meisten Mütter – es sollen inzwischen zwei Drittel sein – machen ja schon in der Schwangerschaft erste Erfahrungen mit solchen und anderen Mittelchen, mit denen mehr oder weniger weise Hebammen heute nur allzu gern hantieren. (An dieser Stelle darf ich endlich einmal den Hinweis loswerden, dass über das sogenannte Moxen – bei dem mittels glimmender Räucherstäbchen, die zwischen die Zehen der Schwangeren gesteckt werden, ein Embryo in Steißlage dazu angeregt werden soll, sich zu drehen – vielleicht keine dokumentierten Nebenwirkungen bekannt sind. Allerdings dürfte es eine erhebliche Zahl von werdenden Vätern geben, denen bei dieser Anwendung in geschlossenen Räumen
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