Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
Vom Netzwerk:
Sachen über diese Secondhand-Boutique verkaufe.«
    Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Nie hätte ich gedacht, dass sich mir solche Abgründe auftun könnten bei einer Frau, von der ich geglaubt hatte, sie wäre so hohl wie der Kölner Dom.
    »Nun guck nicht so«, fügte sie etwas verlegen hinzu. »Eigentlich ist nichts Schlimmes dabei. Er ist selberschuld. Wenn ich mir ein Wildlederkostüm für sechshundert Euro kaufe, klatscht er Beifall. Wenn ich sechzig Euro für ein Fachbuch bezahle, tickt er aus. Da muss man halt ein bisschen jonglieren.«
    »Aber diese Geheimniskrämerei«, sagte ich nachdenklich, »geht dir das nicht auf den Zeiger?«
    »Anfangs schon«, gestand sie. »Aber man gewöhnt sich dran, weißt du. Zuerst war ich wirklich ein bisschen   … nervös, da wurde er regelrecht misstrauisch. Das ging so weit, dass er mir unterstellt hat, ich hätte eine Affäre mit diesem Kulturreferenten. Der ist acht Jahre jünger als ich. Kannst du dir vorstellen, dass der mit mir was anfängt?«
    Vorsicht, durchfuhr es mich. Das war eine Frage, bei der man nur verlieren konnte, ob man nun mit »ja« oder »nein« antwortete. »So was kommt vor«, sagte ich. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck schwer deuten. »Und, war da was?«
    Sie schob das Glas herum, das auf der Tischdecke einen feuchten Kranz hinterlassen hatte. »Nein«, sagte sie. »Ich habe mit dem Gedanken gespielt. Nur um es Peter zu beweisen. Aber letztlich war ich mir nicht sicher, ob dieser Typ wirklich Interesse hat oder ob ich mir das nur einbilde. Und wie peinlich wäre das, wenn man einen Mann zu ermutigen versucht, der eigentlich nur ein kumpelhaftes Verhältnis möchte? Vor allem, wenn man nicht mehr zwanzig ist oder aussieht wie ein Model? Also bin ich auf Distanz gegangen. Ich weiß schon, was gut für mich ist.«
    War das gut? Eine Ehe, in der sie ihrem Mann einen ganz wichtigen Bereich ihres Lebens vorenthielt, obwohl der eigentlich völlig harmlos war? Den sie betrügen musste, um ihn zu behalten?
    »Wie geht es dir denn damit?«, fragte ich sie. Ichwusste, ich wäre spätestens nach vierzehn Tagen fix und fertig. Henning nicht die Wahrheit sagen? Undenkbar. Vielleicht mal ein bisschen früher aufhören mit Erzählen, okay. Nicht unbedingt die Teile endlos ausschmücken, die ihn provozieren, sicher. Mal was beschönigen   … war auch schon vorgekommen. Aber das war nicht zu vergleichen.
    »Gut geht es mir«, behauptete Hilde. »Glaub mir, diese Lösung ist nicht die schlechteste. Ich bin nicht dazu geboren, bescheiden und allein für mich zu leben. Mein Lebensstandard ist mir wichtig, dazu stehe ich. Und so habe ich alles, was ich brauche.«
    »Auch wenn Peter   …«
    »Hör mal, vergiss einfach, was ich dir gerade erzählt habe«, sagte sie gelassen. »Ich tu es ja auch die meiste Zeit. Ich komme gut aus mit Peter. Und wenn du’s genau wissen willst, ich bin auch nicht dafür gemacht, ohne Mann auszukommen. Es passiert zwar nicht mehr so oft wie früher, aber wenn   … dann kann ich nicht meckern.«
    So genau hatte ich es zwar nicht wissen wollen, aber es war doch eine interessante Information. »Dr.   Göbel hat mich gefragt, ob wir noch Verkehr hätten«, steuerte ich spontan zu diesem Thema bei.
    »Das ist seine Lieblingsfrage«, nickte Hilde grinsend. »Die stellt er allen Frauen über fünfzig. Ich habe die Theorie, dass seine Gattin ihn nicht mehr ranlässt, und jetzt sammelt er statistische Gegenargumente.«
    »Fällt das nicht unter die ärztliche Schweigepflicht?«, fragte ich etwas verunsichert. Ich stellte mir vor, wie Dr.   Göbel zu seiner Frau ging und anklagend sagte: »Aber die Overbecks machen es auch noch!«
    »Nur, wenn er Namen nennt«, meinte Hilde. »Aber ich an ihrer Stelle würde mich auch nicht überredenlassen, wenn er nachweisen könnte, dass achtundneunzig Prozent der gleichaltrigen Paare noch im Bett aktiv sind. Da müsste er mir schon etwas romantischer kommen.«
    Ich musste lachen. Das Argument hatte zu viel von den Erfahrungen, die man mit seinen Kindern machte. Ich zog den Flunsch, den Christoph früher immer gemacht hatte. Und sagte mit quengeliger Stimme: »Oh, das ist so gemein! Alle andern im Club haben noch Sex, nur ich nicht!«
    Hilde lachte laut auf. Der Kellner, der uns just in diesem Moment zwei große Teller mit zwei kleinen Portionen Spaghetti brachte, schaute eher etwas betreten. Und ich auch, als ich realisierte, was er gerade von mir gehört hatte.
    »Glauben Sie ihr kein Wort!«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher