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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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da und sah, dass alles drunter und drüber ging. Und da hab ich meine Hilfe angeboten.«
    »Dann haben Sie Frau Nowakowski zugesagt, dass Sie dauerhaft mehrere Stunden in der Woche dort arbeiten werden?«
    »Nein!«, beteuerte ich. »Das geht gar nicht. Es könnte sogar sein, dass ich demnächst hier wegziehe.«
    »Ah ja«, sagte er. »Dann nehme ich mal die Information zu den Akten, dass Sie nur vorübergehend dort tätig sind.«
    Tätig sind   – das klang sehr offiziell. »Hören Sie, ich helfe nur aus, solange sie diese Probleme mit ihrer Schwangerschaft hat. Deshalb wollte ich fragen   …«
    »Probleme mit der Schwangerschaft? Davon ist mir nichts bekannt.«
    »Herr Möhling«, sagte ich, »ich vermute mal, das ist nicht die einzige Ihrer Klienten, die sich anders verhält, als man es erwartet. Ich werde am Mittwoch mit ihr zum Frauenarzt fahren.«
    »Gut«, sagte er. Vermutlich nahm er auch das gerade zu den Akten.
    »Jetzt habe ich nur eine Frage. Der jüngste Sohn wird nächste Woche eingeschult und braucht eine Menge Sachen dafür. Wer übernimmt da die Kosten?«
    »Sagen Sie, ist Frau Nowakowski nicht ansprechbar oder machen Sie einfach alles über ihren Kopf hinweg?«, fragte er ärgerlich. »Die hat längst von uns ein Schreiben bekommen, dass sie dafür einen Gutschein beantragen kann. Sie müsste sich allerdings selbst herbemühen, der wird nicht einfach jedem ausgehändigt.«
    »Davon hat sie mir nichts gesagt. Könnte sie denn am Mittwoch vorbeikommen, wenn wir sowieso unterwegs sind?«
    »Das könnte sie«, teilte Herr Möhling mir mit. »Und dann kann sie mir auch persönlich erklären, wie das mit der SPFH aussieht.«
    »Das wird sie«, versprach ich. »Ich rede mit ihr.«

15
    »Ach ja, der Gutschein«, sagte Nicole am nächsten Morgen. »Stimmt. Hatte ich vergessen.« Wenn ich mit ihr streng redete, hatte sie sich angewöhnt, mich nicht mehr anzusehen, deswegen irrte ihr Blick quer durch ihre Wohnung, die   – fand ich jedenfalls   – inzwischen ein bisschen ordentlicher aussah.
    »Wir fahren ja morgen zur Vorsorgeuntersuchung«, sagte ich, »da können wir direkt auch am Sozialamt vorbei, und Sie regeln das.«
    »Ich weiß nicht, ob die am Mittwoch Sprechstunde haben«, sagte sie ausweichend.
    »Haben sie. Ich habe ja da angerufen.«
    »Na gut.« Ich erwartete fast, dass sie wie ihre Kinder ein resigniertes »Wenn’s denn sein muss« nachschieben würde, so als ginge es nicht um ihr Geld und ihre Familie, sondern um etwas, das ich ihr aus reinem Mutwillen aufzwang.
    »Ich finde«, sagte ich mit fester Stimme, »heute könnten Sie sich mal um das Essen kümmern, und ich putze das Badezimmer.«
    »Aber ich   …« Sie wedelte etwas hilflos mit den Händen.
    »Wenn Sie nicht so lange stehen möchten, können Sie zum Beispiel die Kartoffeln ja auch im Sitzen schälen.« Ich hatte mir vorgenommen, sie nicht länger so zu verwöhnen, sondern im Rahmen der Zumutbarkeit ebensomit einzubeziehen wie ihre Kinder. Immerhin hatte ich mich lange genug von ihr verschaukeln lassen, was das »liegen müssen« anging.
    »Und was gibt es dazu?«
    »Ich dachte an Frikadellen und Wirsinggemüse.«
    »Aber es sind keine Frikadellen da«, wandte sie ein.
    »Ich habe heute frisches Hackfleisch mitgebracht.«
    Ihre Augen nahmen etwas Erschrockenes an. »Ich soll selber Frikadellen machen? Das habe ich noch nie! Ich kann so was gar nicht.«
    »Ich zeige Ihnen, wie das geht«, beruhigte ich sie. »So schwer ist das nicht.«
    Nun muss ich sagen, dass ich den Hackfleischmix für Frikadellen immer in der Küchenmaschine anrühre. Nicole hatte aber keine. Als sie realisierte, dass sie mit den Händen in den Topf greifen sollte, in dem Gehacktes, aufgeweichtes Brot, klein geschnittene Zwiebeln und ein rohes Ei versammelt waren, fing sie fast an zu weinen. »Mit den Fingern?«
    »Das macht man so«, sagte ich. »Haben Sie sich die Hände gewaschen? Dann los.«
    Vorsichtig steckte sie zwei Finger in die Mischung. »Das ist ganz kalt!«, klagte sie.
    »Klar«, sagte ich. »Das kommt aus dem Kühlschrank.« Vielleicht war ich grausam und hartherzig, aber nachdem alle Leute, mit denen ich es zu tun hatte, mich immer wieder so kritisch hinterfragten, hatte ich beschlossen, meine Taktik zu ändern. »Hilfe zur Selbsthilfe« war, wie ich inzwischen im Internet gelernt hatte, die Devise der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Vermutlich hatte die Frau, die sonst gekommen war, auch mehr von Nicole verlangt als ich bisher. Kein

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