Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
Patricks noch lebende Exfrau sein, nicht mehr ganz so hübsch und horrende Ansprüche in puncto Unterhaltszahlungen und Besuchsregelung für das Kind stellend. Auf diese Weise müsste Ellen nicht das Feld räumen (und sie würde sich im Umgang mit einer gewöhnlichen, raffinierten Exfrau selbst übertreffen, sie würde die Gelassenheit in Person sein, und Patrick würde sie nur umso begehrenswerter finden).
Die gemeißelte Grabinschrift lautete:
C OLLEEN S COTT
1970 – 2004
G ELIEBTE E HEFRAU , M UTTER UND T OCHTER
D AS L EBEN VERGEHT , DIE L IEBE NICHT
Richtig.
»Das ist meine Mum auf der Party an meinem ersten Geburtstag«, sagte Jack zu Ellen und legte seinen Finger auf Colleens Foto. »Sie schaut mir zu, wie ich ein Geschenk von meiner Granny auspacke. Es war ein Dinosaurierpuzzle. Ich habe es immer noch.«
»Das ist ein wunderschönes Foto«, sagte Ellen.
»Der Dinosaurier, das war übrigens ein Tyrannosaurus«, fuhr Jack fort. Er schob seine Hände in die Taschen seiner Jeans und überlegte kurz. »Das ist ein ziemlich leichtes Puzzle. Es hat bloß fünf Teile oder so. Das schaff ich in drei Sekunden oder so. Oder sogar bloß in einer.«
»Weißt du, wir … äh … wir reden mit ihr«, sagte Patrick, ohne Ellen anzusehen. »Ein bisschen albern, ich weiß …«
»Nein, nein, überhaupt nicht«, widersprach Ellen. Ihr war hundeelend. Wenn sie sich jetzt nur nicht auf Colleens Grab übergeben musste! Sie guckte sich verstohlen um. Im äußersten Notfall würde sie sich blitzschnell über Bill Taylors Grab beugen. Auf seinem Grabstein stand, er sei ein »warmherziger, großzügiger Mensch« gewesen, er würde es sicher verstehen.
Patrick kniete sich hin, beugte sich vor und küsste Colleens Foto.
Oh, gütiger Himmel!
Jack kniete sich neben seinen Vater und tat es ihm nach, ganz unbefangen. »Hi, Mum.«
Wie lautete die Benimmregel in einem solchen Fall? Ellen war sich nicht sicher. Sollte sie sich ebenfalls hinknien und das Foto küssen? Nein, bestimmt nicht. Sie kannte Colleen ja überhaupt nicht. Das wäre total daneben. Ein Händedruck wäre angebrachter. Sollte sie stattdessen dem Grabstein einen höflichen kleinen Klaps verpassen? »Freut mich sehr, Sie kennenzulernen.« Ellen stellte sich vor, wie sie Julia diese Geschichte erzählte. Sie würde sich mit einer Hand die Augen zuhalten und loskreischen – wie grauenvoll, wie absolut grauenvoll!
Das Zellophan raschelte, als Patrick den Blumenstrauß vordem Grabstein niederlegte. Er räusperte sich. Ellen atmete angestrengt durch die Nase.
»Da sind wir wieder, Colleen. Wir sind auf dem Weg zu deiner Mum und deinem Dad. Deine Mum macht wieder dieses Hühnchenrisotto zum Lunch.« Patricks Stimme klang mit jedem Satz normaler. »Weißt du noch, wie beleidigt sie war, als du ihr einmal gesagt hast, es sei zu fad? Jetzt gibt sie so viel Knoblauch dran, dass man es schon an der Haustür riechen kann. Es ist so ein wunderschöner Tag heute. Wenn du doch nur … Oh, weißt du schon das Neueste? Jacks Fußballteam hat letztes Wochenende gewonnen! Ihr erstes Spiel!«
Ellen war innerlich zusammengezuckt. Wenn du doch nur bei uns sein könntest. Das war es, was Patrick hatte sagen wollen. Doch dann war ihm eingefallen, dass seine schwangere Verlobte neben ihm stand.
»Wir haben sie plattgemacht«, ergänzte Jack zufrieden.
»Allerdings.« Patrick nickte. »Jack hat hervorragend gespielt. Du wärst stolz auf ihn gewesen.«
»Du hast doch zugeschaut, oder?«, sagte Jack. »Vom Himmel aus. Dort gibt’s doch bestimmt so was wie eine riesengroße Tribüne, wo alle hingehen und ihren Verwandten auf der Erde beim Sport zusehen, und man kriegt alles zu essen und zu trinken, was man haben will, und wenn man mehr als einem Verwandten gleichzeitig zuschauen will, dann gibt’s diesen Bildschirm, der sich in zwei kleinere teilt, und dann kann man hin und her schalten und …«
»Das reicht, Jack«, fiel Patrick ihm ins Wort. »Wir haben aber noch eine andere große Neuigkeit für dich, Colleen, nicht wahr, Jack?«
Der Junge sah ihn verständnislos an. Patrick machte eine Kopfbewegung zu Ellen hin und sagte: »Das Baby!«
»Ach so, ja! Vielleicht weiß Mum schon, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird! Sie weiß es bestimmt schon, oder? Vielleicht hat sie es im Himmel vom Fließband kommen sehen, wie in einer Fabrik, so einer Art Babyfabrik, und Mum war dort, und sie hatgleich gewusst, hey, das ist Ellens Baby, du wirst Jacks Brüderchen sein! Oder du wirst
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