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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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Ich bin zu alt dafür, und genau das ist der springende Punkt: Es ist einfach nicht fair . Es ist nicht gerecht, dass ich mich wieder an diesem Punkt befinde.
    Ich kann diese Heuchelei, diese falsche Fröhlichkeit – so wie vorhin, als ich mit meinen Nachbarn redete – nicht mehr ertragen. Ich müsste mich die ganze Zeit verstellen, anfangs muss man das, denn nur so funktioniert es.
    Früher einmal hatte ich eine richtige Beziehung mit richtigen Freunden. Früher war ich Mutter und Ehefrau und Freundin und Tochter, und jetzt bin ich gar nichts mehr.
    Zöge ich einen Schlussstrich und baute mir ein neues Leben auf, dann wäre das so, als ob Patrick davongekommen wäre, als ob er recht behalten hätte und wir tatsächlich nicht füreinander bestimmt waren.
    Ich fuhr zu Ellens Haus. Meine üblichen Gefühle von Schmerz und Verlust und Wut wallten, nachdem sie sich für einige wenige Augenblicke gelegt hatten, noch heftiger in mir auf als sonst.
    Ich stieg aus. Ich wollte nur die Plastiktüte mit den Backzutaten an der Haustür abstellen – ohne Nachricht, sie würden auch so wissen, von wem sie war. Als ich mich aufrichtete und umdrehen wollte, fiel mein Blick auf eine kleine, bebrillte Steineule auf einem Mauervorsprung über der Haustür, und ich dachte: Jede Wette, dass sie den Hausschlüssel unter der Eule versteckt hat.
    Und so war es auch.

17
    DENKEN SIE NICHT AN EINEN HUND!
    Sie haben an einen Hund gedacht, stimmt’s? Deshalb ist es immens wichtig, bei der Verwendung von Suggestionen genau auf die Formulierung zu achten. Man nennt das auch das Gesetz des Umkehreffekts. Der Verstand ignoriert das Wort »nicht« und hört nur »Hund«.
    A USZUG AUS E LLEN O’F ARRELLS E INFÜHRUNG IN DIE H YPNOTHERAPIE 2 (T AGESSEMINAR )
    Colleens Eltern traten auf die Veranda, als Patrick die Einfahrt hinauffuhr.
    »Das sind sie. Frank und Millie.« Patricks Stimme klang merkwürdig, angespannt und rau. Er winkte und lächelte mit zusammengebissenen Zähnen.
    Der Wagen hatte kaum angehalten, als die Fondtür aufflog und Jack auf seine Großeltern zurannte. Ellen und Patrick beobachteten, wie er sich überglücklich in ihre Arme warf. Der Junge würde wahrscheinlich der Einzige sein, der sich an diesem Tag ganz natürlich benahm.
    »Na dann«, murmelte Patrick, als er und Ellen ausstiegen.
    »Beeilt euch!« Millie winkte ihnen von der Haustür aus zu. Jack war mit seinem Großvater bereits hineingegangen. »Kommt rein, ihr zwei, wir haben es schön warm hier drinnen!«
    »Hi, Millie! Ja! Machen wir! Gute Idee!«, rief Patrick in einem vergnügten Ton, der Ellen völlig fremd an ihm war.
    Du meine Güte, dachte sie.
    »Hal- looo !«, rief sie im nächsten Augenblick in einem verzweifelten Versuch, Colleens Eltern zu demonstrieren, was für eine nette, freundliche Person sie war und wie leid ihr der Verlust ihrer Tochter tat.
    O Gott, wieso hatte sie Hallo gerufen, als wartete sie auf ein Echo? Sie hatte sich wie eine Verrückte angehört.
    Millie hatte recht. Nach dem Zwischenstopp auf dem Friedhof kam es Ellen im Haus besonders warm und behaglich vor. Im Hintergrund erklang leise Musik, und Millie führte Ellen zu einem Sessel direkt neben dem Radio.
    »Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?«, fragte sie.
    Mit ihrer schmächtigen Gestalt erinnerte sie Ellen an ein Vögelchen. Sie trug, nicht unbedingt zu ihrem Alter passend, Jeans und einen weißen Pullover, der um ihren mageren Körper schlotterte. Sie musste einmal eine bildschöne Frau gewesen sein. Jetzt umgab sie eine gewisse Resignation, so als wollte sie sagen: Ich weiß, dass ich nicht mehr schön bin, aber das ist mir vollkommen egal.
    Frank, ihr Mann, war genauso mager und dazu noch sehr groß; er sah aus wie ein in die Jahre gekommener Basketballspieler. Kummer und Schmerz hatten sich in die Gesichter der beiden gegraben und ihre Spuren hinterlassen wie verblasste alte Kratzer scharfer Krallen.
    Sie wirkten zurückhaltend, aber sie lächelten unentwegt, waren herzlich und freundlich und bemühten sich mit ihrem zwanglosen Geplauder über das Wetter und den Verkehr, Ellen ihre Hemmungen zu nehmen. Es brach ihr schier das Herz. Wenn die beiden nur nicht so verdammt nett wären!
    »Ellen könnte einen trockenen Keks brauchen«, sagte Patrick. »Ihr ist schlecht. Die … Schwangerschaft, wisst ihr.«
    Bildete sie es sich nur ein, oder hatte er bei dem Wort Schwangerschaft tatsächlich seine Stimme gesenkt, als ob es sich um ein Leiden handelte, dessen man sich

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