Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
Ellen keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, aber Mel war nicht der Typ Frau, der sich Dinge einbildete. Ihre Mutter musste irgendetwas verheimlichen. Was natürlich nicht notwendigerweise etwas Schlimmes sein musste. Schließlich durfte jeder seine Geheimnisse haben.
»Ich selbst habe ja auch ein Geheimnis«, sagte Ellen laut. Es war ein komisches Gefühl. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal ein Geheimnis dieser Tragweite gehütet hatte, eines, das ihre Umgebung schon ein bisschen schockieren würde.
Nur du und ich, Kleines. Außer uns beiden weiß niemand davon.
Und so sollte es auch noch eine Weile bleiben.
Ellen hatte sich gerade ein paar Bratkartoffeln in den Mund geschoben, als das Telefon schon wieder klingelte. Diesmal war es Julia.
»Ich kann nicht glauben, dass du mich mit einem Kerl verkuppeln willst, der mir gerade mal bis zu den Achselhöhlen reicht!«, kreischte sie.
»Entschuldige«, nuschelte Ellen mit vollem Mund. »Ich hatte keine Ahnung, ehrlich.«
Die Versuchung, zu sagen: »Ich bin schwanger« und Julia noch lauter kreischen zu hören, war groß.
»Und außerdem hat er ausgesehen, als käme er direkt vom Drehort für Bauer sucht Frau !«
»Ich finde ihn eigentlich ganz sexy«, sagte Ellen. Natürlich durfte sie der Versuchung nicht nachgeben. Patrick war der Erste, der es erfahren musste.
»Ich habe nicht gesagt, dass er nicht sexy ist«, erwiderte Julia trocken.
Ellens Brauen schossen in die Höhe. »Verstehe.«
»Nachdem du und Patrick fort wart, hat er mich zu meinem Auto begleitet und gefragt, ob er mich auf einen Drink einladen dürfe.«
»Und was hast du geantwortet?«
»Ich habe Ja gesagt. Nur unter Freunden, versteht sich.«
»Versteht sich.« Ellen wurde warm ums Herz, als sie die Veränderung in Julias Stimme wahrnahm. So liebevoll hatte sie schon seit Jahren nicht mehr geklungen.
»Und jetzt weiß ich auch, wie er richtig heißt. Sam. Ich hab gleich gewusst, dass Bruce nicht stimmen kann. Hey, was ich noch sagen wollte: Ich mag Patrick schrecklich gern! Er ist einfach toll. Ein richtig männlicher Typ von einem Mann. Vermassle es ja nicht.«
»Danke für das Vertrauensvotum.«
»Ich meine es ernst, Ellen. Einen Mann wie den behält man.«
Das sollte ich wohl auch, zumal ich ein Kind von ihm erwarte. »Alles klar.«
»Ich meine, Jon war so ein selbstgefälliger Arsch«, sagte Julia versonnen.
»Warum rückt jeder immer erst hinterher mit der Wahrheit heraus? Als ich mit ihm zusammen war, taten alle so, als wären sie ganz entzückt von ihm. Ihr habt euch doch immer halb totgelacht über seine Witze.«
»Ja, er konnte schon witzig sein«, murmelte Julia zerstreut. »Sag mal, schaust du zufällig Beauty and the Geek ?«
»Ja.«
»Siehst du die Blonde mit den Glupschaugen? Findest du nicht auch, dass die irgendwie wie eine Mörderin aussieht? Wo wir gerade von Mörderinnen sprechen … Du hast mir gar nicht gesagt, dass Patricks Stalkerin in sein Haus einbricht!«
»Weil ich es selbst nicht gewusst habe.«
Ellen beobachtete die Glupschäugige im Fernsehen. An diese neue Information über Saskia hatte sie gar nicht mehr gedacht. Was würde ihr durch den Kopf gehen, wenn sie wüsste, dass Ellen schwanger war? Würde sie endlich Ruhe geben? Oder völlig den Verstand verlieren? Hatte sie sich je ein Kind von Patrick gewünscht?
»Okay, ich muss Schluss machen. Mein Handy klingelt. Vielleicht Sam! Ich melde mich später noch mal!«
Sie legte auf. Ellen hatte sich mit ihren Bratkartoffeln kaum wieder aufs Sofa gesetzt, als das Telefon ein weiteres Mal klingelte.
»Hallo, Darling.« Es war Patrick. Aus irgendeinem Grund war es zu einem Ritual geworden, dass er sich mit der tiefen Stimme eines amerikanischen Cowboys meldete. »Was machst du gerade?«
»Fernsehen und … Bratkartoffeln essen.«
Ellen hatte ein schlechtes Gewissen, so als ob sie in jeder Sekunde, in der sie ihm ihre Schwangerschaft verschwieg, Verrat an ihm beginge. Aber sie konnte es ihm doch nicht am Telefon sagen, oder? Und offen gestanden wollte sie im Moment noch gar nicht wissen, wie Patrick darüber dachte. Sie war sich ja noch nicht einmal über ihre eigenen Gefühle im Klaren. Seine Gefühle würden der Situation eine neue Dimension verleihen. Wäre er entzückt, würde sie den Rückwärtsgang einlegen: Das war viel zu früh, das war nicht gut, das Beste wäre es, die Schwangerschaft abzubrechen. Wäre er schockiert, schlüge er einen Schwangerschaftsabbruch vor, und
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