Alles - ausser Liebe
gefahren. Ihre Freundin war der einzige Mensch, der bedingungslos zu ihr gehalten hatte und immer für sie da gewesen war.
Doch Valerie gab es nicht mehr.
Kathryns Trauer war nur durch das Bewusstsein erträglicher geworden, dass das Strandhaus an ihrem dreißigsten Geburtstag in ihren Besitz übergehen würde. Die Aussicht, dort Zuflucht suchen zu können, hatte sie ermutigt, Daryls Heiratsantrag anzunehmen.
Erst jetzt begannen Kathryns Tränen zu fließen, doch nicht wegen Daryl. Er war keine Träne wert. Sie weinte, weil sie jetzt auch das Strandhaus verloren hatte.
Nie mehr würde sie die gemütliche Veranda betreten, in Valeries heimeliger Küche Tee kochen oder am Meer sitzen und den heranplätschernden Wellen zusehen …
„Nie mehr“, schluchzte Kathryn, weil ihr bewusst wurde, was sie verloren hatte.
Als sie keine Tränen mehr hatte, warf sie sich aufs Bett und schlief erschöpft ein.
Sie erwachte erst, als die Morgendämmerung durchs Schlafzimmerfenster hereinfiel.
Schockiert sah Hugh sie an.
Als Kathryn eine halbe Stunde zu spät im Büro erschienen war, hatte er den Bluterguss auf ihrer Wange sofort bemerkt. Mühsam beherrscht hatte sie ihm von dem Vorfall berichtet, dann war sie in Tränen ausgebrochen.
„Ach, lassen Sie mich!“, schluchzte sie, als er eine Handvoll Papiertaschentücher aus der Schachtel auf ihrem Schreibtisch zog.
Doch Hugh dachte nicht daran, sie zu lassen. Am liebsten hätte er Kathryn in die Arme genommen, aber das wäre ein Fehler gewesen. Also blieb er geduldig vor ihr stehen und wartete, bis sie sich etwas beruhigt hatte.
„Den Mann können Sie unmöglich heiraten, Kathryn“, sagte er endlich.
„Ich habe nicht mehr die leiseste Absicht, es zu tun.“ Sie schien etwas von ihrer Entschlossenheit wiedergefunden zu haben. „Rausgeworfen habe ich ihn.“
„Und er ist gegangen?“ Es erschien Hugh unwahrscheinlich, dass der prügelfreudige Verlobte so einfach verschwinden würde.
„Anfangs hat er sich natürlich geweigert. Aber ich habe ihm mit der Polizei gedroht. Und schließlich sogar mit Ihren Bodyguards.“
„Aber ich habe doch gar keine Leibwächter.“
„Das weiß er ja nicht.“
„Mm. Aber er könnte zurückkommen.“
„Daran habe ich auch gedacht und sofort das Schloss auswechseln lassen.“
„Sehr vernünftig“, lobte Hugh. „Trotzdem sollten Sie einige Nächte besser nicht zu Hause verbringen.“
In der Zwischenzeit würde er den Mistkerl finden und ihm eine Kostprobe seiner eigenen Medizin verpassen. Während der Schulzeit hatte Hugh Boxen trainiert, als sein Vater in der Firma zu beschäftigt gewesen war und seine Mutter der unerschöpflichen Energiereserven ihres Sprösslings nicht Herr werden konnte.
„Das halte ich nicht für nötig“, wehrte Kathryn ab.
„Aber ich. Sie würden mir wenig nützen, wenn Sie nachts keinen Schlaf finden und morgens völlig erschöpft in der Firma aufkreuzen. Hören Sie, Kathryn, Sie können im Penthouse meines Vaters wohnen, bis er zurückkommt. Bestimmt hätte er nichts dagegen.“
„Das kann ich nicht tun.“
„Und warum nicht?“
„Weil … es nicht geht.“
„Unsinn. Sie sind viel ordentlicher als ich, und er wollte, dass ich im Penthouse wohne. Am besten, wir holen für Sie gleich einige Sachen. Dann brauchen Sie heute Abend nicht erst nach Hause zu fahren.“
Aufgebracht sprang Kathryn von ihrem Schreibtischstuhl auf. „Sie tun es schon wieder!“
„Was?“
„Mich überrumpeln – genau wie gestern Abend. Ich wollte nicht mit Ihnen essen gehen, aber Sie haben mich einfach überrannt. Dann wollte ich nicht, dass Sie mich nach Hause bringen, doch Sie bestanden darauf. Ohne das hätte Daryl keinen Eifersuchtsanfall bekommen. Dann würden wir heiraten, und ich hätte nicht verloren, was für mich das Wichtigste auf der Welt war.“
Betroffen schwieg Hugh einen Moment. „Ich kann einfach nicht glauben, was Sie da sagen, Kathryn. Sie trauern einem Mann nach, der Sie geschlagen hat? Ich hätte gedacht, eine vernünftige, charakterstarke Frau wie Sie würde so einen Feigling verachten.“
„Ich rede nicht von Daryl. Ihn kann ich nur noch verachten.“
„Von was reden Sie dann?“
Müde seufzte Kathryn. „Das ist eine lange Geschichte.“ Sie ließ sich wieder auf dem Stuhl sinken.
„Wir haben den ganzen Tag.“
„Und die Arbeit?“
Hugh zuckte die Schultern. „Jetzt bin ich der Chef und kann tun, was ich will. Also schalten wir den Anrufbeantworter ein und gehen irgendwo
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