Alles - ausser Liebe
so heftig, dass er befürchtete, sie könnte es spüren.
„Versprechen Sie, mich nicht zu verurteilen, nachdem ich Ihnen die ganze Geschichte erzählt habe?“, hörte er sie sagen.
Das machte ihn nur noch neugieriger.
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sie etwas Schlechtes getan haben, Kathryn.“
„Etwas Schlechtes nicht …“ Sie seufzte. „Ich gebe Ihnen die Kurzversion. Voriges Jahr ist eine ältere Dame gestorben, die ich sehr gut gekannt habe. In ihrem Testament hat sie mir ihr Haus vermacht, vorausgesetzt, ich heirate vor meinem dreißigsten Geburtstag. Sollte ich an dem Tag noch ledig sein, wird das Strandhaus verkauft, und der Erlös geht an die Krebsforschung.“
Hugh war entsetzt. „Ist das denn gesetzlich überhaupt zulässig?“
„Ja. Ich habe mich erkundigt.“
„Und?“
„Etwa zu dem Zeitpunkt habe ich Daryls Heiratsantrag angenommen.“
Hugh runzelte die Stirn. „Wollen Sie andeuten, Sie hätten Daryl gar nicht geliebt, sondern ihn nur heiraten wollen, um das Strandhaus erben zu können?“
„Sehen Sie!“, fuhr Kathryn auf. „Ich wusste, dass Sie so denken würden.“
„Was sollte ich sonst denken?“
„Ich glaubte wirklich, ihn zu lieben“, beharrte sie.
„Aber es war nicht so?“
„Jetzt bin ich sicher, dass dem nicht so war. Der Bruch hat mir jedenfalls keineswegs das Herz gebrochen. Nur der Verlust des …“
„Des Strandhauses?“, half Hugh ihr weiter.
„Ja“, gab sie seufzend zu.
„Und wo liegt das Haus?“
„In Pearl Beach.“
Nun wurde Hugh hellhörig. Pearl Beach war ihm ein Begriff. Ein Freund von ihm, ein Maler, besaß dort ein Ferienhaus. Soweit er wusste, waren die Immobilien in der Gegend astronomisch teuer.
„Ich verstehe“, sagte er leise.
„Nein, das tun Sie nicht!“, widersprach Kathryn. „Sie können gar nicht verstehen, weil Sie mich nicht kennen und nicht wissen, warum ich das Haus unbedingt haben wollte. Mit Geldgier oder Besitzdenken hat das nichts zu tun. Das Haus würde ich für nichts auf der Welt verkaufen. Niemals! Valerie wusste das. Es ist …“ Hilflos zuckte sie die Schultern. „Ach, was soll’s? Jetzt ist es zu spät, um darüber zu sprechen.“
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
„Warum hat Ihre Freundin diese Testamentsklausel eingefügt? Warum hat sie Ihnen das Haus nicht einfach hinterlassen?“
Ein schmerzlicher Ausdruck erschien auf Kathryns Zügen. „Ich denke, sie hat sich gesorgt, ich könnte nie heiraten. Eigentlich wollte ich es, aber irgendwie fiel es mir schwer, den großen Schritt zu tun, mich endgültig zu binden. Im Grunde genommen hatte ich wohl das Gefühl, zur Ehe nicht zu taugen.“
„Das kann ich Ihnen gut nachfühlen“, bemerkte Hugh trocken.
Scharf blickte Kathryn auf. „Ihnen glaube ich das. Jedenfalls bin ich mit Daryl Weihnachten vor einem Jahr zu Valerie gefahren, und sie mochte ihn. Ob Sie es glauben oder nicht, wenn er will, kann er unerhört nett und charmant sein. Valerie fand, wir würden gut zueinander passen, und sagte, ich sei dumm, wenn ich ihn nicht heirate. Ich habe ihr geantwortet, dass ich sicher irgendwann einmal heiraten würde, aber sie hat mir wohl nicht geglaubt. Das ist der einzige Grund, der mir einfällt.“
„Klingt einleuchtend. Und warum bedeutet dieses Strandhaus Ihnen so viel?“
Kathryn schüttelte den Kopf. „Das würden Sie doch nicht verstehen.“
„Und warum nicht?“
Nun lächelte sie ironisch. „Das kann ich Ihnen nicht begreiflich machen, Hugh.“
„Versuchen Sie’s.“
„Sagen wir es mal so: Für mich ist dieses Haus wie Tara für Scarlett O’Hara.“
Er verstand nicht, was sie meinte. „Vom Winde verweht“ hatte er nie gelesen oder gesehen. Aber na gut, er würde sich eine DVD besorgen.
„Mit neun habe ich den Film zum ersten Mal gesehen“, fuhr Kathryn nachdenklich fort. „In den Ferien war ich meist mit Valeries Kindern zusammen. Sie war immer sehr gut zu mir. Auch später, als Erwachsene, habe ich bei ihr oft Trost und Frieden gesucht. Ihr Strandhaus war meine Heimat, mein Zufluchtsort. Ich weiß nicht, was ich ohne es anfangen werde. Aber mir bleibt nichts anderes übrig. Das Leben geht weiter.“
Kathryn trank einige Schlucke. Als sie den Becher wieder abstellte, war ihr Blick wieder klar und kühl. „Verzeihen Sie, Hugh, aber ich möchte kündigen.“
„Kündigen!“ Panik überkam ihn. „Warum denn das? Sie heiraten nun doch nicht und haben keinen Grund zu gehen.“
Ihr Gesichtsausdruck verriet, wie
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