Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
Betten, zum
Zähneputzen gehen viele vor die Hütte und spazieren dabei umher, mit Blick auf den Eyjafjallajökull. Übersetzt bedeutet der
für viele schwer auszusprechende Name übrigens ganz einfach »Inselberggletscher«.
Mooswanderung
Im August 2010 steigt nur weißer Rauch auf, die dunkelgraue Asche des berühmt gewordenen Vulkans liegt wie ein dünner Film
über der gesamten Region.
Noch bevor wir frühstücken und uns die Brote für den Tag schmieren, animiert uns die Reiseleiterin zur Gymnastik. Die Arme
hoch, auseinander, ausschütteln und dann beim Ausatmen »Huiiiii« rufen. (Einige Übungen erinnern an die Tele-Skigymnastik
Rosi Mittermaiers.) Gut aufgewärmt bringt uns der Hochlandjeep wenig später in zwei Gruppen zum Startpunkt. Das blaue Gefährt
bahnt sich quietschend und ächzend seinen Wegdurch das unwegsame Gelände. Auf felsigen Abschnitten schaukelt der Jeep hin und her, wie ein Boot auf rauer See. Manchmal
sieht man aus dem Fenster direkt in den Abgrund und ist erleichtert, wenn der Jeep wieder in die andere Richtung schwankt.
Eiswand, bedeckt mit der Asche des Eyjafjallajökull
Durchgeschüttelt stoppen wir am Ende einer hoch gelegenen Schotterpiste, von dort blickt man auf eine gigantische Wand aus
Eis. Bis vor einigen Jahren war Íshellar eine riesige Höhle, doch dann brach der Bogen ein, ein Wanderer kam dabei ums Leben.
Auch jetzt sollte man sich dem eisigen Koloss nur vorsichtig nähern, jederzeit könnten weitere Brocken abfallen.
Ehrfürchtig, aber auch neugierig stehen wir vor der Eishöhle, die ebenfalls von der grauschwarzen Asche des Eyjafjallajökull
bedeckt ist, danach wandern wir querfeldein in eine Niederung: Aus einer Quelle spritzt kochendheißes Wasser mit lautem Getöse
in die Höhe. »Das ist eine von weltweit drei natürlichen Springquellen«, erklärt Geologe Sigmundur Einarsson. Sonst gibt es
nur noch eine in Neuseeland und auf Island den Geysir Strokkur, jenes beliebte Touristenziel, in das die New Yorker Künstlergruppe
ihr grünes Pulver streute.
Kaum einer kennt jedoch diese abgelegene Quelle, kein vorgetretener Weg führt dorthin. Dem Umweltverband und Ósk ist es wichtig,
die Gruppe an Orte wie diese zu führen, um darauf aufmerksam zu machen, dass diese Flecken in Gefahr sind. Denn Investoren
aus der Großindustrie wollen das Naturschutzgebiet bald für die Energiegewinnung nutzen. Damit wäre diese unberührte Landschaft
in Gefahr, wie zuvor schon Kárahnjúkar, ein Vulkangebiet im Osten Islands. Bereits seit 2003 machen Ósk und eine befreundete
Yogalehrerin Touren in bedrohte Gebiete. Fast tausend Leute wanderten mit ihnen bis 2006 zum Kárahnjúkar.Es war der Lebensraum wild lebender Gänse und Rentiere, der mächtige Gletscherfluss Jökulsá á Brú schlängelte sich durch
das einsame Naturschutzgebiet.
Genau dort wurden ein riesiger Stausee und ein Wasserkraftwerk gebaut, man errichtete es ausschließlich für einen amerikanischen
Aluminiumkonzern, damit dessen Aluminiumschmelze in den Ostfjorden mit günstigem Strom versorgt werden kann. Ósk war im September
2006 als eine der Letzten vor Ort, bevor die Fläche von 57 Quadratkilometern überflutet wurde. Unmittelbar nach ihrer letzten Tour riss man die Brücke, die Verbindung zum Wandergebiet
Kárahnjúkar, ab. »Es war ein sonniger Herbsttag und die Moospflanzen blühten«, erzählt sie. »Die Erde glühte förmlich, es
war seltsam still.« Viele Prominente und Künstler begleiteten die Isländerin damals auf einer ihrer Wanderungen. Sie übernachteten
gemeinsam in Zelten, sangen morgens Volkslieder und liefen durch eine Landschaft, die es kurz darauf nicht mehr geben würde.
Brodelnde Untergründe
Eirún, eine der Künstlerinnen von der Icelandic Love Corporation, war ebenfalls mit dabei, sie beschrieb den Moment so: »Es
fühlte sich an, als würde die Natur weinen.«
Andri Snær Magnasons Film ›Draumalandið‹ dokumentiert das gigantische Kárahnjúkar-Staudamm-Projekt. Selbst aus der Vogelperspektive
ist der 193 Meter hohe Staudamm riesig. Die Argumentation der damaligen Industrieministerin: »Diese Region ist nichts, was man als besonders
schön bezeichnen würde. Sicherlich, ein großes Naturgebiet wird überflutet, aber so schön ist es nicht. Auf jeden Fall nicht,
wenn man es mit anderen Orten in Island vergleicht.« Damals wurde vielen Isländern zum ersten Mal richtig bewusst, dass ihre
Natur endlich ist. Es
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