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Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Titel: Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alva Gehrmann
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gab etliche Protestaktionen und Konzerte, die Überflutung des Hochlandes konnte allerdings nicht verhindert
     werden. Bis heute wird darüber gestritten, ob die geschaffenen Arbeitsplätze die Zerstörung der Natur rechtfertigen.
    Der Geologe Sigmundur und sein Kollege wurden von der Regierung beauftragt, ein Gutachten über den Wert der Torfajökull-Region
     zu erstellen. Kaum einer kennt sie, auch Sigmundur war vor seinem Auftrag noch nie dort und zeigte sich überrascht, was das
     Hochtemperaturgebiet alles zu bieten hat. Das Ergebnis ihrer Studie: Es ist besonders schützenswert. Heute kennen die Geologen
     jeden Winkel. Auch unweit der Springquelle dampft und raucht es. An den Geruch von verfaulten Eiern haben wir uns gewöhnt
     beziehungsweise ist er für Isländer ohnehin alltäglich, denn warmes Leitungswasser riecht ebenfalls schwefelig. Früher machten
     sich die Menschen diese Erdwärme direkt zunutze, um in heißen Quellen Eier zu kochen oder Löcher in die Erde zu graben, in
     denen dann Brot gebacken wurde.
    An einer großen grauen Lehmquelle bleibt der Geologe Sigmundur stehen und warnt: »Diese Quelle ist viel zu heiß, hierkönnt ihr nicht baden.« Er erklärt, dass die blaugrauen, blubbernden Töpfe Quellenbakterien, also lebendige Wesen sind. Und
     dann passiert es. Als Mitwanderin Fanney hinter dem Geologen vorbeigehen will, versinkt sie bis zur Wade im 100   Grad heißen Matsch. Wanderstiefel und wasserfeste Hose fangen einiges ab, doch an einer Stelle verbrennt sie sich. Schnell
     bringen die anderen sie zum nahe gelegenen Gletscherfluss, kühlen die Wunde. Alles halb so wild, sagt Fanney und wandert kurz
     darauf weiter.
    Die Natur zwingt dich, aktiv zu sein – auch bei Regen. Bei uns in Mitteleuropa könnte man sich vielerorts im Wald unterstellen,
     doch das ist hier nicht so einfach. In Island gibt es nur wenige Wälder, und die meisten Birken wachsen eher krumm und klein
     vor sich hin. Ein bekannter Witz fragt: »Was macht man, wenn man sich in einem isländischen Wald verläuft?« Antwort: »Einfach
     aufstehen.«

Bedrohungen mit Humor nehmen
    An so etwas Verrücktes wie Bäume ist in dieser Gegend eh nicht zu denken. Das Einzige, was im Hochland wächst, sind kleine
     Bergpflänzchen und teilweise giftgrünes Moos. Mittags machen wir an einer windgeschützten Stelle Rast, essen die mitgebrachten
     Pfannkuchen, Brote und Nüsse. Ein kleiner Fluss plätschert den Berg herunter, einige füllen ihre Flaschen mit kristallklarem
     Wasser auf. (Das heimische Trinkwasser ist ihr ganzer Stolz, so wie für manche Deutsche das Vollkornbrot.) Die Natur der Vulkaninsel
     mag unwirtlich sein, aber immerhin gibt es in Island fast keine gefährlichen Tiere. Gut, man darf der Küstenseeschwalbenicht zu nahe kommen, wenn sie gerade nistet, denn dann attackiert sie jeden laut kreischend, der sich ihrem Nest nähert,
     und pickt Vorbeigehende mit ihrem spitzen Schnabel in den Kopf. Ansonsten gibt es höchstens noch Eisbären. Eigentlich leben
     die gar nicht in Island, doch alle paar Jahre mal wird einer auf Eisschollen von Grönland angetrieben – und dann meist schnell
     erschossen, denn die im Schnitt zehn Zentner schweren Bären sind nicht leicht einzufangen.
     
    Vilhjálmur, Ósks Vater, gibt eine Geschichte zum Besten, die seine Familie vor über dreißig Jahren erlebte. Ihre Kinder waren
     damals noch Teenager. Gemeinsam fuhren die vier nach Hornstrandir, einem abgelegenen Gebiet in den Westfjorden, um eine Woche
     zu wandern. Damals wie heute kommt man dort nur mit dem Boot hin und wird dann nach einer Woche wieder abgeholt. Für Notfälle
     gibt es eine kleine Hütte, sie ist jedoch viel zu klein als Nachtquartier. Also zelten die Wanderer.
    Ob wohl wieder ein Eisbär kommt?
    Auf dem Boot waren noch ein paar andere Touristen, unter anderem ein etwa dreißigjähriger Australier. Sie plauderten, und
     irgendwer erzählte, dass vor kurzem ein Eisbär in Island gesichtet wurde. »Was machen wir, wenn der nach Hornstrandir kommt?«,
     fragte der Australier nervös. »Wirf ihm eine Orange hin, er braucht mit seinen Krallen eine Weile, bis er sie aufgeschält
     hat. In der Zwischenzeit läufst du weg«, scherzte Vilhjálmur. Über ihm hing ein Gewehr, das tatsächlich als Hilfe gedacht
     war, falls ihnen ein Eisbär zu nahe kommen würde. »Oder wir streuen ein paar Reißzwecken um uns herum«, sagte ein anderer.
    Der Gast vom fernen Kontinent, der viele große und gefährliche Tiere beheimatet, war

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