Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
geschockt. Das sollen die einzigen Tipps
sein? Verängstigt wartete er, in Hornstrandir angekommen, den ganzen Tag in der Nothütte, während die anderen unbesorgt durch
die friedliche Landschaft wanderten. Abendsbat der Australier die Isländer, per Notruf einen Helikopter zu holen. Mit einem Nervenzusammenbruch wurde er ins Krankenhaus
gebracht, so viel Natur und Unsicherheit konnte er nicht ertragen. »Am Tag danach war der Seeweg durch Eisschollen gesperrt«,
erinnert sich Vilhjálmurs Frau Borghildur. »Es wäre also durchaus möglich gewesen, dass uns das Boot nach einer Woche nicht
hätte abholen können.« Doch alles ging gut, auch der Eisbär tauchte nicht auf. Der Australier wurde damals am selben Tag wieder
aus dem Krankenhaus entlassen.
Tipps für einen Tag in der Natur
Wenn du Eisbären begegnest, mache die Jacke zu. Offensichtlich bist du in einer kälteren Region unterwegs.
Wenn du Blaubeeren begegnest, iss sie. Sie sind lecker und haben sehr viel Vitamin C.
Solltest du rosa Bären sehen, waren das eben wohl doch keine Blaubeeren. Von nun an: Finger weg.
Wenn du Braunbären siehst: Vorsicht, die Viecher sind echt gefährlich!
Begegnet dir ein Autofahrer, biete an, ihn mitzunehmen.
Da diesen Sommer noch kein Eisbär gesichtet wurde, können wir beruhigt weiterlaufen. Seit Fanney in den hundert Grad heißen
Schlamm getreten ist, schauen wir alle genauer auf den Untergrund. Denn wie man an den zahlreichen Vulkanausbrüchen merkt,
ist Island noch immer mitten im Entstehungsprozess (geologisch betrachtet ist die größte Vulkaninsel der Welt noch recht jung,
17 bis 20 Millionen Jahre alt). An diesem Morgen gab es wie so oft ein leichtes Erdbeben. Quer durchs Land, von Nordost bis Südwest,
liegt eine aktive Riftzone, dort driften die beiden Kontinentalplatten auseinander – es ist das Zuhause der Vulkane, Erdspalten,
Lavafelder und heißen Quellen. Der westliche Teil Islands gehört zur amerikanischen Kontinentalplatte, der östliche zur eurasischen.
Ein gespaltenes Land, im wahrsten Sinne des Wortes. Und ein wandelbares. Vorhin liefen wir noch über die Rhyolithberge, nun
stehen wir auf einer braunschwarzen Hochebene – sie ist gespickt mit glänzendem Obsidian, vulkanischem Gestein, das aussieht
wie Glas – und blicken auf eine Weite mit grünen Bergmassiven, hinter denen sich weiße Gletscher auftürmen.
Nur wenige Kilometer weiter liegt Þórsmörk, der »Wald des Thors«, dort wachsen sogar Bäume. In einem grünen Tal warten am
dritten Tag die beiden Busse auf die erholten Wanderer undbringen sie wieder in die Zivilisation. Die erste Station ist eine Tankstelle. Der Hochlandjeep muss seine riesigen Reifen
aufpumpen. Die Wanderer stärken sich mit klassisch isländischen Snacks: Hot Dogs und Eis.
Zum ersten Mal seit drei Tagen lesen wir in der Zeitung, was in der Welt passiert ist. Auf dem Titelblatt sieht man einen
Jeep abgebildet, der fast in den Fluten versinkt. Zwei französische Touristen wären am Vortag beinahe gestorben, weil sie
trotz aller Warnungen mit ihrem kleinen Jeep den Gletscherfluss Krossá bei Þórsmörk überqueren wollten. Sie schätzten die
Tiefe und Kraft der Ströme falsch ein. Nur durch Glück, weil der Geländewagen an einem Stein hängen blieb und ein Isländer
sein eigenes Leben riskierte, konnten die beiden Franzosen gerettet werden. Sonst wären sie vermutlich entweder im Jeep oder
in den Fluten ertrunken. Der Isländer, ein gelernter Rettungshelfer, schnürte sich ein Seil um, das er an sein Auto befestigte,
und ging zwei Mal in den Fluss, um die beiden Gestrandeten ans Ufer zu bringen. Nachdem er das geschafft hatte, kollabierte
er und wurde ohnmächtig. Inzwischen waren jedoch die angeforderten Rettungskräfte da und konnten sich um alle kümmern.
Unfälle wie diese passieren auch Einheimischen, nicht immer ist es so dramatisch. Dass Fahrzeuge im Fluss stecken bleiben,
kommt regelmäßig vor. Der dänisch-isländische Künstler Ólafur Elíasson schuf dazu eine eigenes Projekt: ›Bílar í ám‹, »Autos
in Flüssen«, das kürzlich auch als Buch herausgegeben wurde. Darin sind 35 ausgewählte Fotos von Jeeps und sogar Hochlandbussen
zu sehen, die in Gewässern stecken geblieben sind oder versinken. Die Privataufnahmen aus mehreren Jahrzehnten zeigen, wie
die Fahrer versuchen, sich wieder zu befreien – mit Traktoren, anderen Wagen und manche mit purer Muskelkraft.Elíasson will mit seiner Arbeit den
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