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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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meinen Mantel. Knurrend kam er auf uns zu,daraufhin habe ich zu ihm gesagt: ›Hör auf, du Idiot, du siehst doch, dass das meine Kleinen sind ...‹, und wir sind ein Stück gegangen. Ich will nicht leugnen, dass meine Beine like jelly waren und dass auch die Kinder kein Wort sagten. Irgendwann haben sie mich dann losgelassen. Wir sind zur Schaukel gegangen, und der Große Hund hat sich auf die Allee gelegt. Dann sind wir zurück ins Haus, haben zu Abend gegessen, und er hat seinen Platz vorm Kamin gefunden. Die Scherereien haben erst später angefangen. Erst hat er ein Schaf gerissen, dann ein zweites, ein drittes. Ein Huhn, ein zweites, zehn Hühner. Ich habe allen den Verlust erstattet, aber anhand eines Gegrummels, wie nur René es von sich geben kann, habe ich kapiert, dass die Jäger in der Kneipe viel über ihn redeten. Dass eine Treibjagd in der Luft lag. Also habe ich ihn eines Abends gewarnt: ›Wenn du so weitermachst, bringen sie dich um, verstehst du ... ‹«
    Charles kämpfte mit einer Salatschleuder, die vermutlich noch aus Hippiezeiten stammte. »Und dann?«
    »Dann hat er getan, was er immer tat: Er hat auf mich gehört. Ich muss dazusagen, dass wir zu der Zeit einen jungen Hund bekommen hatten, und – keine Ahnung – vielleicht wollte er mit gutem Beispiel vorangehen. Er hat sich jedenfalls beruhigt.
    Bevor ich hierherkam, hatte ich noch nie Tiere, und ich fand die Leute mit ihren Wauwaus absolut albern, aber der hier, sehen Sie, er ...
    Er hat mich gut erzogen.
    Ein vornehmer Herr, sage ich Ihnen. Ohne ihn hätte ich es nicht gepackt. Er war mein Schutzengel, meine nanny , mein Bademeister, mein Vertrauter, mein Bote, mein Antidepressivum, mein – alles Mögliche. Wenn ich die Kinder aus den Augen verlor, holte er die Herde zurück, und wenn ich total down war, stellte er irgendetwas an, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Ein kleines Huhn, das ihm über den Weg lief, ein Ball, das Bein des Briefträgers, das superleckere Sonntags-Roastbeef.O ja! Er hat sich ganz schön ins Zeug gelegt, damit ich den Kopf wieder hochnahm! Das ist der Grund, warum ich – warum ich ihn bis zum bitteren Ende tragen werde.«
    »Und Ihre abendlichen Besucher?«
    »Am Tag nach seiner Ankunft waren die Scheinwerfer wieder da. Ich stand im Nachthemd am Küchenfenster, und ich glaube, er hat meine Angst gerochen. Er hat sich an die Tür gestellt und wie besessen gejault. Kaum hatte ich sie geöffnet, da war er schon am Ende der Allee. Ich vermute, er hat die ganze Gegend aufgeweckt. Danach habe ich ruhig geschlafen. In dieser Nacht und in allen, die folgten.
    Am Anfang haben mich die Leute hier die Wolfsfrau genannt ... Okay«, sie reckte sich, »ist der Salat so weit?«
    »Ich mache gerade die Vinaigrette.«
    »Excellent. Thank you, Jeeves.«
     
    *
     
    »Das hier«, sagte sie, »ist mein Garten.«
    Sie waren jetzt auf der anderen Seite des Hauses, und Charles hatte in seinem Leben noch nie so viele Blumen gesehen.
    Diese waren ebenso unordentlich, wild und erstaunlich wie alles andere.
    Weder Pfade noch Rabatten, noch Beete oder Rasen. Nur Blumen.
    Überall.
    »Am Anfang war er wunderschön. Meine Mutter hat ihn angelegt, und dann – keine Ahnung – mit den Jahren ist alles kreuz und quer gewachsen. Ich muss zugeben, dass ich mich nicht sehr intensiv darum kümmere. Keine Zeit. Jedes Mal, wenn sie herkommt, ist sie kreuzunglücklich und verbringt ihren Urlaub auf allen vieren auf der Suche nach ihren Samentütchen. In diesem Punkt ist sie weitaus englischer als mein Vater. Eine große Gärtnerin. Fan von Vita Sackville-West, Mitgliedder Royal Horticultural Society, der Royal National Rose Society, der British Clematis Society, der – na ja, Sie verstehen schon ...«
     
    Charles hatte immer gedacht, Rosen wären empfindliche Blumen und überwiegend rosa, weiß oder rot, wenn man die Floristen um Rat fragte, um eine beeindruckende Frau zu verführen, folglich war er sehr erstaunt zu erfahren, dass all diese Sträucher, die Klettergewächse, die großen Blütenkronen, die Kriechpflanzen und die einfachen Blütenblätter ebenfalls Rosen waren.
    In dieser Laube, an der sich alles festhielt, was Blätter trug und klettern konnte, stand ein großer Tisch mit Stühlen drumrum, die noch zusammengewürfelter waren als in der Küche. Kate machte bereitwillig eine Bestandsaufnahme:
    »Glyzinie, Clematis, Geißblatt, Kreuzrebe, Blaugurkenwein, Jasmin ... Eigentlich ist es im August am schönsten. Wenn man sich im August

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