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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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viel. Marny saß am Fenster, nähte und wartete auf Neuigkeiten. Soeben unterhielt Norman sich wohl mit Carson.
    Dieser Norman, dachte Marny, er ist tatsächlich ein gewiefter Bursche. Er hat nicht mehr Grundsätze als ein Kater, aber er ist durchtrieben. Ich wundere mich, daß Rosabel ihn heiraten will. Die Liebe ist etwas Eigentümliches und Wunderbares. Zumindest ist sie eigentümlich.
    Mitten in ihre Träumereien hinein knallte Norman. Er schob die Angestellten und Packjungen beiseite und stürmte auf Marny zu. Er war stets adrett gekleidet, seit dem Brand jedoch hatte er keine Zeit gefunden, sich um sein Aussehen zu kümmern. Sein Hemd war zerknittert, seine Krawatte hing schief, sein Spitzbart war ungepflegt, aber sein Gesicht strahlte vor Freude, und er war so atemlos, daß er zunächst keine Worte fand.
    »Marny!« stieß er endlich hervor. »Ich kann bloß eine Minute bleiben. Ich wollte dir nur Bescheid sagen: Wir haben ihn bekommen!«
    »Oh, herrlich!« rief sie und ließ ihr Nähzeug sinken. »Wie hast du denn das gedreht?«
    Vielleicht zum erstenmal in seinem Leben machte Norman eine verdatterte Miene. »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Ich bin gestern noch einmal in sein Büro gegangen, nachdem ich mit dir gesprochen hatte …«
    »Wann beginnt er?«
    »Das will ich dir doch gerade erzählen! Ich bin noch einmal in sein Büro gegangen – und er hatte schon angefangen!«
    Marny schnappte nach Luft. Norman sprach hastig weiter: »Er hatte bereits ein Fuhrwerk zur Stelle, das die Asche fortschaffte, und arbeitete an der Einebnung. Und was noch viel sonderbarer anmutet: Der Preis ist ihm egal. Er hat gesagt, über das Geld könne man später sprechen.« Normans Augen waren von Staunen immer größer geworden.
    Marny seufzte glücklich. Doch Normans Rede war noch nicht zu Ende.
    »Er läßt jetzt das Grundstück säubern. Er hat sich nach dir erkundigt und will dich besuchen, sobald er alles organisiert hat. Aber jetzt will ich sehen, daß ich Bruno Gregg zu fassen kriege. Ich schicke ihn zu dir, damit ihr über neue Bilder sprechen könnt. Ach ja, hier ist die Alta von heute. Aber nun muß ich verschwinden.«
    Norman fegte aus dem Zimmer, wobei er gegen zwei Packjungen prallte. Marny blickte lächelnd hinaus in den Nebel und in die Düsternis. Sie wußte nicht, weshalb Dwight so zugänglich war, und im Moment interessierte sie sich auch gar nicht so sehr dafür. Daß der neue Calico-Palast gebaut wurde, reichte vorerst.
    Dann las sie in der Alta. Ladenbesitzer kündeten die Versteigerung von Waren an, die sie in Sicherheit gebracht hatten, bevor ihre Häuser eingestürzt waren. Manche Leute baten um die Rückgabe von Papieren, die in gestohlenen Safes gelegen hatten; der neue Besitzer sollte eine Belohnung erhalten, ohne daß Fragen gestellt würden. Einige ehrliche Männer gaben bekannt, daß sie Dinge aufgelesen hätten, die anderen gehörten; diese Fundstücke könnten von ihren Eigentümern abgeholt werden. Nach den schmachvollen Szenen, deren Augenzeugin sie in der Nacht gewesen war, empfand Marny solche Mitteilungen als wohltuend: Sie bewiesen, daß es hier auch anständige Menschen gab.
    Bruno Gregg trat ein und weckte sie aus ihren nachdenklichen Betrachtungen. Einen Zeichenblock in der Hand, öffnete er die Tür des Lagerraums und blieb unschlüssig auf der Schwelle stehen, als sei er nicht sicher, ob er dieses geschäftige Treiben stören dürfe. Marny lud ihn ein, sich neben ihr am Fenster niederzulassen. Sie achtete nicht auf den Trubel, sondern begann eifrig, die Inneneinrichtung des neuen Calico-Palastes zu entwerfen.
    An diesem Tag und fast während des ganzen folgenden Tages plauderten Marny und Bruno über Gemälde. Außer denen, die sie an die Wände hängen wollte, wünschte Marny auch eines dieser neuartigen Transparenzbilder. Ein Transparenzbild war ein Gemälde auf Leinwand, das in ein Fenster gestellt wurde. Hinter dem Bild mußte jedoch ein Licht brennen, so daß die Passanten einen Vorgeschmack der Genüsse bekamen, die im Innern des Hauses auf sie warteten. »Auf einem Transparenzbild«, sagte Marny, »könnten beispielsweise Münzen zu sehen sein, die in Stapeln auf einem Tisch liegen. Vielleicht kann ich auch konterfeit werden, umringt von glücklichen Spielern (natürlich haben sie alle gewonnen). Auch eine Bar könnte ich mir denken, wo diese glücklichen Gewinner feiern und Lulu oder Lolo die Gläser füllen. Und vielleicht könnten Sie Rosabel an ihrem Klavier malen

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